Donald Trump, Präsident und eifrigster Twitterer der Vereinigten Staaten, ist auf der Suche nach einem krachenden Sieg. Und da er bei seinen Versprechen Mauerbau, Gesundheitsreform und Einwanderungsstopp nicht richtig liefern konnte, hat er nun eine neue Zielscheibe: den Iran. Trump glaubt bei dem Albtraumland der USA eine breite Unterstützung zu haben, über alle politischen Lager hinweg. Wenn der US-Präsident heute am frühen Abend vor dem Kongress über den Iran sprechen wird, macht er keine Außen-, sondern reine Innenpolitik. Und zwar mit gewaltigen Druckwellen in der ganzen Welt. Die Europäer müssen deshalb alles tun, bevor es zur Explosion kommt.
Trump möchte das Atomabkommen der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran zerstören. In seinen Tweets nennt er es einen "sehr schlechten Deal". Auf zweierlei Art will er diesen internationalen Deal kippen: Einerseits redet er das Abkommen schlecht, andererseits verweigert er die formell notwendige Bestätigung, dass sich der Iran an das Abkommen hält. Er hofft, dass daraufhin der US-Kongress innerhalb von 60 Tagen neue Sanktionen beschließt. Damit wäre das Abkommen praktisch tot. Trump könnte dann vor seine Wähler treten und sagen: "Seht her, ich halte, was ich verspreche."
Trump steht nicht völlig ohne Argumente da. Iran hält sich zwar an das Abkommen. Aber jenseits davon greift das Land nach der Vorherrschaft im Mittleren Osten: Seine schiitischen Milizen kämpfen in Syrien und bringen Teile des Landes unter ihre Kontrolle, der Iran versucht, die irakische Regierung fernzulenken, er rüstet die Hisbollah im Libanon und die Huthi-Rebellen im Jemen gegen Saudi-Arabien auf. Das alles ist nicht Teil des Abkommens, aber ein Riesenproblem. Doch daraus zieht Trump die völlig falschen Schlüsse; denn wer das Atomabkommen zerstört, lässt den Iran vollkommen von der Leine.
Zwei mögliche Eskalationsszenarien gibt es, erstens im Mittleren Osten, zweitens am Pazifik.
Scheiterte das Abkommen, würden zunächst einmal die erzkonservativen iranischen Revolutionsgarden im Iran über die Befürworter des Abkommens triumphieren – mit Folgen. Sie würden ihren blutigen Feldzug in Syrien, im Irak und anderswo erst recht fortsetzen. Dazu könnten sie die stillgelegten Zentrifugen weiterlaufen lassen, um innerhalb von ein bis zwei Jahren eine Atombombe zu bauen. Das würde Gegenreaktionen provozieren. Saudi-Arabien, das sich ohnehin für Nukleartechnologie interessiert, würde in den USA oder China oder Russland einkaufen. Die Türkei würde rüsten, Ägypten wohl auch. Europas Albtraum, der nuklearisierte Nahe Osten, geriete zur realen Möglichkeit.
Denkbar ist aber auch, dass sich der Iran Trumps Manöver gefallen ließe und sich trotz der US-Sanktionen an das Abkommen hielte. Doch das ist nicht, was die Erzkonservativen in Teheran wollen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die USA und die Atommacht Israel gleich die Notbremse ziehen und gegen den Iran Krieg führen. Dann würde Teheran seine zahlreichen Truppen in der Region aufhetzen, um den Mittleren Osten in Flammen zu setzen, vor allem die Öltankstelle der Welt am Golf. Wie ein Donald Trump so einen Brand löschen würde, mag man sich gar nicht ausmalen.
Die zweite Eskalation könnte am Pazifik erfolgen. Nordkorea, das bereits im Besitz der Bombe ist, hat ohnehin wenig Appetit auf ein Nuklearabkommen. Doch jede Art von Übereinkunft zur Eindämmung von Kim Jong Uns Vorhaben würde nach dem Ende des iranischen Atomabkommens daran scheitern, dass niemand mehr den Amerikanern glauben würde. Ein Abkommen zu brechen heißt also auch, künftige Verträge zu verhindern. Übrigens auch jene mit der Atommacht Russland. Das könnte zu einer ähnlichen Folge wie im Mittleren Osten führen: einer nuklearen Aufrüstungswelle. Japan könnte erwägen, sich entsprechend zu bewaffnen, genauso die Südkoreaner. China würde sein Arsenal ausbauen. Die Spannungen am Pazifik könnten enorm steigen – bis zur Möglichkeit einer nuklearen Auseinandersetzung mit Nordkorea. Auch in diesem Fall ist auf Trump als besonnenen Feldherrn nicht zu hoffen.
Natürlich sind das Szenarien, die nicht eintreten müssen, aber sie zeigen, was auf dem Spiel steht. Deshalb ist es so wichtig, dass die Europäer als Erfinder und Ur-Paten des iranischen Atomabkommens alles tun, um es zu retten. Ihre Diplomaten putzen derzeit viele Klinken in Washington. Sie reden mit den Kongressabgeordneten, die es in der Hand haben, neue Sanktionen gegen den Iran zu beschließen. Geredet wird auch mit der gemäßigten UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, die Zugang zum Präsidenten und zu den Abgeordneten hat. Von Trump hängt viel ab, aber zum Glück nicht alles: Damit der US-Präsident seinen irren Sieg über den Frieden mit dem Iran vollenden kann, braucht er am Ende den Kongress. Und der hat Trump schon bei seinen letzten vollmundigen Versprechen nicht gehorcht.
Kommentare
Europa soll die USA Stoppen?? wie soll das gehen,Europa braucht doch die USA,sie stehen in Polen,Baltikum usw.mit ihren Militär,wir wollen überall mitreden,aber wen es heißt Europa soll sich selbst verteidigen,und mehr investieren sind alle Taub,wir unterstützen nicht einmal die Ukraine,die von Russland überfallen wurden,und das mitten in Europa,also dieser Artikel,geht an der Realität weit vorbei,aber träumen sie weiter.
"sie stehen in Polen,Baltikum usw.mit ihren Militär"
Und nun, wegen mir müssen die da nicht stehen. Ganz im Gegenteil.
"wir unterstützen nicht einmal die Ukraine,die von Russland überfallen wurden,und das mitten in Europa"
Wo und wann soll das passiert sein?
Naja, ich kann mich daran erinnern, dass seinerzeit, als der Deal verhandelt wurde, es doch auch einige kritische dagegen Stimmen gab . So lupenrein, wie jetzt immer dargestellt, war das eigentlich nicht. Man sprach von Bonanza Cash etc. Wirtschaftlich sicher gut aber für die Sicherheit in der Region doch sehr fragwürdig.
Das Abkommen war die erste Annäherung zwischen Iran und dem Westen seit 1979. Dieser diplomatische Riesenerfolg darf keinesfalls leichtfertig auf‘s Spiel gesetzt werden.
Weil Trump z.Zt. noch von demokratischen Institutionen gebremst wird, steigt täglich seine Wut und damit die Gefahr, dass er den berüchtigten Roten Knopf drückt, wofür nur e r "berechtigt" ist.
Es wird dringend Zeit, dass die "Zweite Weltmacht Öffentliche Meinung" (Noam Chomsky) massenhaft weltweit auf die Straße geht, um dieser tödlichen Gefahr etwas entgegenzusetzen.
Dieser seelisch schwerkranke Mann muss gestoppt werden, ehe es zu spät ist.
Ich bin versucht, zu sagen: Mit allen Mitteln.
Eigenartig, dass in allen Versuchen, diese furchtbare Abkommen zu retten, praktischer Weise nie erwähnt wird, dass die Sperrung schlicht in ein paar Jahren AUSLÄUFT. Dann darf der Iran einfach Atomwaffen haben. Und DAS ist die wahre Bedrohung für den Weltfrieden. Denn die Mullahs werden nichts schneller tun als Israel anzugreifen. Das betonen sie seit Jahren und es gibt keinen Grund anzunehmen, sie würden das nicht auch in Zukunft als erstes Ziel sehen. Derzeit bemühen sie sich bereits, einen Landweg zum Mittelmeer zu sichern, um sich strategisch in Stellung zu bringen. Und die ganze Welt guckt nur darauf, dass sie vielleicht einen neuen Markt im grossen Iran findet, und ignoriert die Gefahr.
Also zum ersten ist einmal zu bemerken, dass die beteiligten Parteien ja vor dem auslaufen ein neues Abkommen aushandeln werden.
Zum anderen: Warum glauben Sie ernsthaft, dass der Iran Israel mit Atomwaffen angreifen sollte? Da gibt es so viele Gründe, das nicht zu tun, ich weiß gar nicht wo ich anfangen sollte.... da leben Millionen von muslimischen Arabern in Israel, in der Westbank, im Gaza-Streifen, die würden auch alle sterben. Die USA und Israel würden Iran so massiv vernichten, dass da kein Stein mehr auf dem anderen steht, Die gesamte atomare Schlagkraft der USA steht hinter Israel, das käme einem Selbstmord gleich, Israel anzugreifen.
Die Machthaber in Teheran pflegen zwar eine antizionistische, meinetwegen auch antiisraelische Rhetorik, aber das sind keine Idioten.