Italiens Regierung hat eine wichtige Hürde auf dem Weg zu den nächsten Parlamentswahlen genommen. Begleitet von heftigen Protesten billigte das Abgeordnetenhaus eine umstrittene Wahlrechtsreform: Das neue Wahlrecht sieht eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht vor.
375 Abgeordnete sprachen sich dafür aus, 215 dagegen. Die Regierung von Paolo Gentiloni hatte die Abstimmung mit einem Vertrauensvotum verknüpft, um das Gesetz schneller durch das Parlament zu bringen. Der Senat muss der Reform noch zustimmen. Dort sollen die Debatten über den Entwurf bereits in der kommenden Woche beginnen.
Italien muss bis spätestens Mai 2018 neu wählen. Da es nach einer gescheiterten Verfassungsreform von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi kein übereinstimmendes Wahlrecht für Abgeordnetenhaus und Senat gibt, hatten die Parteien seit Monaten bitter um eine Reform gekämpft.
Unterstützung für Allianzen
Das neue Wahlrecht favorisiert Parteien, die bereits vor Wahlen Allianzen schmieden. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die jegliche Koalition mit anderen Parteien ablehnt, ist daher strikt gegen die Reform. Eine Koalition aus mehreren Parteien könnte ihr den Rang ablaufen. Zu den Unterstützern zählen die regierende Demokratische Partei (PD) sowie die beiden rechtsgerichteten Oppositionsparteien Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi und Lega Nord von Matteo Salvini.
Vorgesehen ist, dass künftig 225 Abgeordnete nach dem Persönlichkeitswahlrecht bestimmt werden, also derjenige Kandidat mit den meisten Stimmen gewählt ist. 386 Abgeordnete sollen auf Grundlage von Wahllisten nach dem Verhältniswahlrecht bestimmt werden. Ein ähnliches System soll auch im Senat eingeführt werden. Die Wahlrechtsreform trägt den Namen Rosatellum nach dem Mitte-links-Politiker Ettore Rosato, der das Reformgesetz eingebracht hat.
Die neue Wahlrechtsreform ist der vierte Anlauf in rund 20 Jahren, Italiens politisches System zu stabilisieren. Bereits in den Jahren 1993, 2005 und 2015 war das Wahlrecht reformiert worden. Seit 1948 gab es in Italien bereits 64 verschiedene Regierungen.
Anfang kommenden Jahres soll in Italien ein neues Parlament gewählt werden. Umfragen zufolge dürfte sich die Fünf-Sterne-Bewegung mit 27 Prozent der Stimmen ein enges Rennen mit der PD von Regierungschef Paolo Gentiloni liefern. Forza Italia und Lega Nord liegen in den Umfragen derzeit bei etwa 14 Prozent.
Kommentare
"Die Protestpartei "Fünf Sterne" büßt damit Chancen ein. (...) Umfragen zufolge dürfte sich die Fünf-Sterne-Bewegung mit 27 Prozent der Stimmen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der PD von Regierungschef Paolo Gentiloni liefern. Forza Italia und Lega Nord liegen in den Umfragen derzeit bei etwa 14 Prozent."
Hmm, kann man bei 27% (und vielleicht staerksten Partei) noch von einer 'Protestpartei' sprechen?
Das kann man fragen, allerdings ist es wichtig, dass Italien endlich stabile Regierungsverhältnisse bekommt. Die zersplitterte Parteienlandschaft verhindert das bislang.
Wünsche den Italienern alles Gute!
Die Fünf Sterne Partei hat im wesentlichen nur ein aggressiv betriebenes Thema: Flüchtlinge . Also definitiv eine Chaostruppe wie die AfD.
Die Wahlrechtsreform zwingt die anderen zu kooperieren.
[...] Im Rahmen des V-Day konnten über 350.000 Unterschriften zu Grillos Hauptanliegen gesammelt werden, unter anderem dass Vorbestrafte kein passives Wahlrecht mehr haben sollen, Politiker nur für zwei Legislaturperioden und direkt, anstatt über Parteilisten, gewählt werden sollen. [...]
Quelle: Wikipedia
In Italien haben Parteien die Möglichkeit sich auf Listen zusammenzuschließen und dies wird auch gemacht. So bilden die Parteien rechts der Mitte ein Bündnis(CDX genannt) aus Forza Italia, Lega Nord und den Brüdern Italiens(FdL), links der Mitte steht wie im Artikel erwähnt die PD plus kleinere regionale Parteien, die neben den 27 Prozent PD etwa 3 bis 4 Prozent ausmachen.
Die Musterpopulisten von Beppo Grillo, die 5 Sterne-Bewegung, die es schaffen linken und rechten Populismus zu vereinen, verfügen über keine weiteren Bündnispartner.
Hier ein Blick auf aktuelle Umfragen:
https://en.wikipedia.org/wik…
Demnach ergibt sich in etwa: Mitte-rechts: Forza Italia 14 Prozent+ Lega Nord 15 Prozent+ Brüder Italiens 4.5 Prozent = 33.5 Prozent
Mitte links: PD 27.5 Prozent + CP 1 Prozent+ Regionale 3 Prozent= 31.5 Prozent
Grillo 5 Sterne-Bewegung 27 Prozent
Vor diesem Hintergrund ist die Aussage im Text sachlich falsch:
"Umfragen zufolge dürfte sich die Fünf-Sterne-Bewegung mit 27 Prozent der Stimmen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der PD von Regierungschef Paolo Gentiloni liefern"
Es spielt im italienischen Wahlrecht keine Rolle wer stärkste einzelne Partei wird, es geht darum im Bündnis mit möglichst vielen Parteien desselben politischen Lagers Stimmen auf sich zu vereinigen. Und vor dem Hintergrund dieser Umfragen schaut es eher so als ob Italien den Weg anderer westlicher Staaten teilt und Konservative siegen können.
Zu erwähnen ist vielleicht auch noch, dass sich Cinque Stelle deshalb nicht mit anderen Parteien zusammenschließen will, weil sich die Bewegung selbst nicht als Partei ansieht und sich nicht in das herkömmliche politische Spektrum einordnen lassen will.
Ich hoffe ja, dass die Cinque Stelle an die Regierung kommen und die Guenstlings- und Mafiawirtschaft in Rom beenden. Proeuropaeer haben in der Partei wahrscheinlich sogar einen potentiellen Verbuendeten, da nichts die Italiener mehr zu antieuropaeischen Ressentiments treibt als die Casta mit Europaeischen Lorbeeren zu schmuecken und das Antikorruptionsbeduerfnis der Italiener als EU geflissentlich zu ignorieren.
Ich stimme darin ueberein, dass die Partei durch den Souveraen eigentlich einen Regierungsauftrag erhalten hat. Es stimmt etwas grundsaetzlich nicht mit Italiens Demokratie, aber das gilt fuer andere EU-Laender genauso, wenn diese Partei fortwaehrend von der meinungsmachenden Klasse diffamiert wird - noch dazu weil sie Protest artikuliert - aber Kritik an den wesentlich schwaecheren Rechtspopulisten verstummt.
Stabilitaet ist kein Selbstzweck, schon gar nicht in einer Demokratie. Warum hat eigentlich Berlusconi so stabil regiert? Und verschwindet die Casta, wenn es mehr Stabilitaet gibt? Die Reform klingt eher nach staatlich gefoerderter Sklerotisierung und ueberhaupt nicht funktional.
Man darf gespannt sein, ob sich Italiens Dekadenz mit einer Wahlrechtsreform wird revidieren lassen oder ob diese Reform nicht eher Ausgeburt einer falschen Lageanalyse ist.
Dass die Fünfsterne Leute nichts können und noch korrupter sind, kann man in den Städten sehen, in denen sie "regieren."
In zwei großen und wichtigen Städten, Turin und Rom, wurde jeweils eine Bürgermeisterin gewählt, die der Bewegung 5 Sterne angehören. Von Chiara Appendino, die in Turin nun waltet, hört man in der deutschen Presse recht wenig. Der Grund: Es gibt kaum etwas, was die etablierten Parteien ihr anlasten können. Sie scheint ihre Arbeit recht gut zu machen. Natürlich berichtete unsere deutsche Presse von jenem Vorfall bei einem Fußballspiel, da hatte sie "versagt". Tenor: Ihre Schuld, dass das passieren konnte.
Aus Rom wird mehr berichtet. Frau Raggi wird Versagen auf ganzer Ebene angekreidet: bei der Wahl ihrer Mannschaft, beim Müll, beim Öffentlichen Verkehr, dem Zustand der Straßen. Dabei wird nicht bedacht, dass die in "Caput mundi" gewachsenen mafiosen Strukturen nicht innerhalb von Monaten oder einem Jahr aufzulösen sind.
Wer Rom oft besucht oder dort lebt, kann nicht leugnen, dass sich einiges zum Besseren geändert hat. Und wenn man des Italienischen mächtig ist und sich mit den Leuten unterhält, wird man - sofern man will - erkennen, dass die in der Politik so unerfahrene Frau mächtig viel leistet.
Ist sie korrupt? Um diese Frage zu beantworten, sollte man sich die Mühe machen, Italienisch zu lernen und sich dann in der anderen Presse kundig machen.