Bei den Wahlen in Malaysia hat die Opposition einen historischen Wahlsieg errungen. Das Bündnis Pakatan Harapan (Pakt der Hoffnung) um den ehemaligen Ministerpräsidenten Mahathir Mohamad wird die seit 60 Jahren andauernde Regierung der Barisan Nasional (Nationale Front) von Ministerpräsident Najib Razak ablösen.
Laut Wahlkommission wird das Oppositionsbündnis 115 der 222 Sitze im Parlament bekommen, die Nationale Front 79. Damit hat Pakatan Harapan die erforderliche Mehrheit erreicht. In Malaysia wird nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt.
Der scheidende Ministerpräsident Najib Razak war zuletzt in einen Korruptionsskandal verwickelt. Ihm wird vorgeworfen, einen staatlichen Investmentfonds gegründet zu haben, mit dem er sich persönlich bereichert haben soll. Nach Angaben des US-Justizministeriums gingen von
dem Fonds umgerechnet 4,5 Milliarden Dollar an Partner des Ministerpräsidenten und 700 Millionen auf sein eigenes Bankkonto.
Lokalen Medienberichten zufolge sollen sich die Begünstigten von dem Geld Luxuswohnungen in New York und Gemälde von van Gogh gekauft haben. Mehrere Milliarden Dollar verschwanden in nicht nachvollziehbaren Kanälen. Najib Razak wies alle Vorwürfe zurück. Aufgrund des öffentlichen Drucks kündigte er im April dennoch die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen an.
Eid abgelegt
Die Empörung über die politischen Entwicklungen veranlasste den Ex-Regierungschef Mahathir im Alter von 92 Jahren dazu, aus seinem Ruhestand in die Politik zurückzukehren und eine neue Opposition anzuführen. Mahathir hatte sich 2003 nach 22 Jahren als Ministerpräsident aus der Politik zurückgezogen. Er baute einst Najib Razak als seinen Nachfolger auf und förderte ihn. Mahathir Mohamad legte am Abend in der Hauptstadt Kuala Lumpur seinen Amtseid ab.
"Wir wollen keine Rache", sagte Mahathir im Wahlkampf, "wir wollen die Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen."
Sowohl Mahathir als auch Najib Razak haben das südostasiatische Land autoritär regiert. Politik und Militär sind in dem Land eng verwoben, zudem gilt das muslimische Land als extrem konservativ. Die Staatsorgane gehen repressiv gegen sämtliche abweichende Auslegungen des Islam vor. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist seit 30 Jahren eine von der Regierung geförderte stärkere Betonung islamischer Traditionen, Gebote und Verbote zu beobachten, die zu einer fortschreitenden Islamisierung von Gesellschaft, Staat und Justiz führt. Für die muslimische Bevölkerungsgruppe urteilen Scharia-Gerichte. Zudem kam es in den vergangenen Jahren zu erhöhter Überwachung.
Malaysia ist seit der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht 1957 eine konstitutionelle Wahlmonarchie und parlamentarische Demokratie. Wirtschaftlich gilt das Land als aufstrebendes Schwellenland.
Kommentare
Wer die im Artikel dargestellte zunehmende Islamisierung von Staat und Gesellschaft in Malaysia über die vergangenen Jahre vor Ort miterleben konnte, wird das naive Statement des früheren unglückseligen Bundespräsidenten Wulff, wonach der Islam zu Deutschland gehöre, nur mit einem irritierten Kopfschütteln quittieren.
Dabei existierten selbst innerhalb der langjährigen Regierungspartei in Malaysia schon vor Jahren Bestrebungen, den wachsenden Einfluss des konservativen Islam zu begrenzen und den Vielvölkerstaat - bestehend aus Malayen, Indern und Chinesen - nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich weiter zu modernisieren.
In den vergangenen Jahren nahm der gesellschaftliche Druck gerade auf moderne muslimische Familien, ihre Töchter zum Tragen des Kopftuchs zu bewegen - wenn diese denn als „anständige Muslima“ gelten wollen - enorm zu.
Wer die Verhaltensgebote des Islam sowie dessen allgemein gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch auch hierzulande als „normalen“ Ausdruck der Religionsfreiheit betrachtet, sollte sich einmal eingehend mit den Entwicklungen in Malaysia und Indonesien während der vergangenen Jahre befassen. Die Illusion, daß der Islam einen positiven Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander in Deutschland beitragen könne, dürfte dann schnell verfliegen.
Sehe ich prinzipiell ähnlich. Ein Blick nach Neukölln reicht.
Allerdings ist das nicht ein Problem des Islam an sich. Sondern seiner rückschrittlichen Interpretation. Die katholische Kirche war im Mittelalter auch Hort der finstersten Reaktion. Heute ist sie einfach nur Hort der Reaktion. Wie eigentlich jede Religion. Aber immerhin zwängt sie den Leuten nicht mehr gewaltsam ihre Irrlehren auf.
Im Gegensatz zum Islam. Dieser muss reformiert und modernisiert werden. Und das geht nicht ohne Zwang. Obligatorische Aufklärung, Schleierverbote, Verhaftung von Extremisten, etc. Der Staat muss hier durchgreifen. Keinesfalls dürfen die angeblichen „Normen“ des Islam akzeptiert werden; da stimme ich Ihnen zu. Siehe Malaysia.
Man hätte in Deutschland die Chance dazu, Seyran Ates ist da ein Lichtblick, aber die deutsche Regierung arbeitet lieber mit ditib und anderen fragwürdigen Gruppen zusammen....
Hier eine Entwicklung aus Berlin... Ich vermute diese Entwicklung ist nicht mehr zu stoppen...
https://www.bz-berlin.de/ber…
Es tut mir leid aber Sie haben einfach nicht recht. Der Malaysische Staat zwingt keinen einen Hijab zu tragen. Und der Vergleich mit Indonesien hinkt komplett. Zudem haben gerade die Muslime Najib nun den Ruecken gekehrt. Der Islam gehört wie jede andere Religion zu einem Volk und das besteht nun mal aud verschiedenen Glaubensrichtungen.
Naja, die demografische, ökonomische, geografische,.., und historische Situation von Malaysia (und Indonesien - googlen Sie mal bspw. das Pro-Kopf-Einkommen, die Bildung.....) ist schon ein wenig anders. Das ist ja ein Brechstangenvergleich
Ich habe nicht behauptet, daß der Malaysische Staat die Muslima im Lande zur Befolgung der islamischen Verhaltensgebote zwinge. Der entsprechende Druck wird aus der muslimischen Mehrheitsgesellschaft auf muslimische Frauen und deren Eltern in äußerst subtiler, dafür jedoch in sehr deutlicher Form ausgeübt.
Eine ähnliche Entwicklung ist bei allen sonstigen Unterschieden auch in Indonesien zu beobachten. Selbst in der modernen Metropole Jakarta hat im Zuge der sog. Wiedererweckung des Islam die Zahl der Kopftuch tragenden Frauen in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
In beiden Ländern haben zwar stets unterschiedliche Glaubensrichtungen existiert, indes hat die Dominanz des konservativen Islam - und nicht nur qua der höheren Geburtenrate innerhalb der muslimischen Gemeinschaft - deutlich zugenommen. Das kann niemand übersehen, der beide Länder über die vergangenen Jahre mehrfach besucht hat.
Ich stimme Ihnen da weiterhin nicht zu. Niemand übt dort Druck aus den “Tudum” zu tragen. Und im Schnitt wird die Gesellschaft in Indonesien sogar noch liberaler. In Malaysia haben nun selbst die Malayen mit ihrer Stimme einer Islamisierung entgegen gestellt. Mahatir’s Frau, insbesondere seine Tochter tragen beide kein Kopftuch.
Ich wohne seit 1995 beim Nachbarn Singapur.
Zu dieser Zeit trug die Mehrheit der Frauen in Malaysia bestenfalls ein lockeres Kopftuch. Heute trägt die überwiegende Mehrheit ein großes Kopftuch. Es ist eher ein Umhang, der nur den Gesichtsausschnitt freilässt. Häufig sieht man nun auch die weiten schwarzen Kutten. Kaum ein Mädchen hatte damals ein Kopftuch, heute tragen es die meisten.
Es gibt Koranschulen, die es damals nur wenige gab, Straßen mit arabischen Namen, und auch die Eiferer wurden langsam immer schriller mit ihren Forderungen.
Malaysia ist durchaus noch kein erzkonservatives Land wie etwa Saudi-Arabien, aber auf dem Weg dorthin. Schade. Ein super-Land, es hätte eine große Zukunft.
Schauen wir mal vieleicht gibts jetzt etwas positive Veränderungen. Zumindest in der Theorie ist die Partei die jetzt regiert nicht konservativ.
Muss nichts heisst weiss ich selbst und der PM ist ein alter Bekannter und der der in 2 Jahren übernehmen soll ja auch. Aber hey Hoffnung soll man nie aufgeben.
Ich habe dieses Land seit dem Verschwinden Bruno Mansers nicht mehr betreten und habe keine Hoffnung, dass sich irgend wann etwas ändert.
Die Wahhabisierung Malaysias ist ähnlich dramatisch fortgeschritten, wie die auf den Malediven. Ganz anders Indonesien. Dort sind die liberalen Muslime wesentlich zahlreicher und besser organisiert, als in Malaysia. Selbstverständlich sind Wahhabiten/Salafisten auch verstärkt in Indonesien aktiv, aber dafür existiert die Organisation Nahdlatul Ulama.
"Die NU wurde im Januar 1926 als Reaktion auf die Besetzung Mekkas durch die Wahhabiten gegründet, mit dem Ziel, deren Einfluss auf die eigene religiöse Kultur abzuwehren." https://de.wikipedia.org/wik…
Bei Manser kann man davon ausgehen dass irgendwelche Todeschwadrone/Milizen/Militärs mit Unterstützung der Regierung ihn aus dem Weg geräumt haben im Auftrag irgendwelche großen Unternehmen. Das kann dir auch in Südamerika oder Eurasien passieren. Hat jedenfalls wenig mit Islam zu tun eher generell mit korrupten Staaten.
Radikale Islamisierung von zum großteil Menschen in einfachen Verhältnissen ist allerdings definitiv ein Problem das stimmt schon. Korruption and wachsende autoritärigkeit ist auch in diversen Staaten der Region ein Problem die nicht Islamisch sind. Dort kann man allerdings nicht den Islam zusätzlich benutzen um dabei zu helfen die Bevölkerung ruhig zu stellen.
Ich finde ja die Expats aus MontKiara (KL) schon interessant, die meinen, von dort die "Lage im Land" beurteilen zu können.
Aber von Singapur aus? Hmm..
Fakt ist: Malaysia war schon immer ein muslimischer Staat. Es gab schon immer liberalere und konservativere Bundesstaaten in MY.
Wie sich Mädchen/Frauen kleiden, hat übrigens auch eher was mit sich wandelnder Mode zu tun, als mit Zwang.
Ich kenne genügend malaysische Muslima die von sich aus (mit Stolz) Kopftuch tragen. Darunter sind einige ethnische Inderinnen, die durch Heirat mit Malaien nun stolz zeigen wollen, dass sie "dazu gehören".
Hat auch viel mit Bhumiputra zu tun.
@Madri02
Interessant, dass Sie "Bhumiputra" erwähnen.
Hier ein Auszug aus Wikipedia:
"Als Folge der blutigen Unruhen am 13. Mai 1969 wurde in Malaysia eine neue Wirtschaftspolitik eingeführt, die Malaysische Neue Ökonomische Politik, welche die Bumiputras insbesondere gegenüber den Angehörigen der indischen und chinesischen Minderheit bevorzugt. Diese Politik führte in den Städten zur Schaffung einer signifikanten malaiischen Mittelschicht, war aber bei der Landbevölkerung weniger erfolgreich und verursachte neue Ressentiments zwischen den Ureinwohnern und den Volksgruppen, die von dieser Wirtschaftspolitik ausgeschlossen sind."
Bhumiputra ist prinzipiell eine chauvinistische Malaiisch-religiöse Einstellung. Man muss sich islamisch-religiös kleiden um akzeptiert zu werden und um dazu zu gehören. Und religiöse Symbolik hat nichts mit Mode zu tun, die sich jedes Jahr ändert, sondern mit Glauben und Überzeugung.
Und ich war schon mehrfach in Malaysia.
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Viel spannender als die Frage der Islamisierung des Landes ist die Frage, ob die künftige Regierung, die sich aus mehreren Splitterorganisationen zusammenstellt, die wirklich großen Probleme in den Griff bekommt: Najib und BN wurden vor allem wegen der seit Jahren schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage abgewählt. Der Korruptionsskandal hat dem Ganzen letztlich das I-Tüpfelchen audgesetzt. Es drohen Faktionskriege, die sich im schlimmsten Fall auch auf Unruhen in der Bevölkerung ausbreiten könnten - vereinzelt ist es dazu auch schon gekommen. Das hat es in dem Vielvölkerstaat seit den Sechzigern nicht mehr gegeben und das sollte einem Sorgen machen. Keine Mädchen mit Kopftuch...
Wie Recht Sie haben. Aber der deutsche Ottonormal-Bürger diskutiert halt lieber über den Islam.
Am witzigsten finde ich ja immer die Expats, die aus ihren Serviced-Apartment-Türmen in MontKiara (KL) heraus meinen, "die Islamisierung Malaysias vor Ort mitzuerleben". "Früher waren es weniger Kopftücher als heute" - Da weiß ich dann nie, ob ich lachen oder weinen soll.
Die Bedeutung von Religion in Südostasien (übrigens völlig egal ob Hindu, Islam, Buddhismus, Christentum) ist eben eine völlig andere als bei uns. Das ist die Schublade, in die man von Geburt an gesteckt wird, in der man bitte auch zu bleiben (+zu heiraten & Kinder zu kriegen) hat. Und man soll sie stolz nach außen zeigen.
Meine Frau ist malaysische Staatsbürgerin & Christin - wie das Christentum dort gelebt & gepredigt wird, da würde selbst manch bayerischem Söder-Fan mulmig.
So ist es dort halt - nix "Islamisierung". Aber das versteht man halt nicht aus klimatisierten Expat-Türmen heraus.
Zunächst mal begrüße ich, dass auch deutsche Medien über die friedliche, demokratische Revolution in Malaysia berichten.
Aber was soll den wieder dieser Absatz zur "Islamisierung"? Das ist sowas von unzutreffend.
Meine Frau ist Malaysierin (Christin, i.ü.) und ich kann aus erster Hand sagen, dass diese schwarmalerische Darstellung Malaysias völlig an den Haaren herbei gezogen ist.
Ja, BN und Najib benutzten den Islam für politische Zwecke, wie es Erdogan in der Türkei tut. Opium fürs Volk, um die Massen ruhigzustellen. Das hat aber mit "Islamisierung" nix zu tun.
Malaysia war schon immer ein muslimisches Land, wie Bayern schon immer ein christliches Land war (spricht dort übrigens irgendjemand von "Christianisierung" wegen Söders durchschaubarem Polit-Manövers? Nein? Also)
Pakatan Harapan (Wahlsieger) wird erstmal mit der Korruption aufräumen, dafür wurden sie gewählt. Dann werden politische Gefangene entlassen - zuallererst Anwar Ibrahim. An diesen will Mahathir übrigens die Macht übergeben, sobald er frei ist.
Denn "Dr.M" ist ja nicht blöd - er weiß, dass er mit seinen 92 Jahren nicht unbedingt mehr lange an der Spitze Malaysias stehen kann.
Sein Plan war, die Wahl zu gewinnen, Übergangs-Premier zu werden und dann das Amt zu übergeben.
Schluss mit dem "Islamisierungs-" Geschreibe - Malaysia war, ist und bleibt ein multiethnischer gemäßigt-muslimischer Staat.
Unter der neuen Führung noch viel mehr als unter der alten.
@madri02,
Machen Sie sich nichts vor. Ihr Land, Malaysia, wird offensiv aus dem KSA angegriffen.
Ebenso Indonesien.
Unterschied: Indonesien kann anhand der Massen an liberalelen Muslime den Einfluss Saudi Arabiens klein halten. Malaysia ist immer noch in ethnischen Konflikten verstrickt, was lähmt und den Sauds Nährboden liefert. Indonesien hingegen legte sowohl den Osttimor- als auch den Acehkonflikt bei. Schon lange war ich nicht mehr in Malaysia, aber dort habe ich nur Ressentiments gegen Indonesien und Indonesierinnen gehört. Der Krieg existiert noch in den Köpfen der Malayen, für Indonesier wird die unsägliche Geschichte wenigstens im Geschichtsunterricht aufgearbeitet.