Ein Ensemble der Berliner Schaubühne musste seine Chinatour abbrechen. Nach drei Vorstellungen in Peking sagten die chinesischen Behörden alle weiteren Aufführungen ab, bestätigte der Direktor des Theaters, Tobias Veit, ZEIT ONLINE. Als Grund seien unlösbare technische Probleme genannt worden. Das Ensemble reiste für die Aufführung des Stücks Ein Volksfeind durch China.
Das Stück von Henrik Ibsen handelt von Korruption in einer Kleinstadt, in der die Obrigkeit einen Umweltskandal vor Bürgern vertuschen will. Die Schaubühne zeigt das Stück bereits seit 2012 und bereiste seitdem verschiedene Länder.
In China sollten nach drei Aufführungen in Peking ursprünglich zwei weitere Vorstellungen in der ostchinesischen Stadt Nanjing folgen. Diese hätten jedoch nach Angaben des dortigen Theaters aufgrund von Bühnenproblemen nicht stattfinden können, habe man dem Ensemble mitgeteilt, sagte Tobias Veit. Auch auf Nachfrage des Theaters konnte keine Lösung gefunden werden.
Als Grund für die Absage vermutet der Direktor des Theaters daher einen Vorfall während der ersten Aufführung. In dem Stück geht es auch um die Frage nach der Wahrheit und darum, wie die öffentliche Meinung manipuliert wird. Am Ende der Aufführung treten die Schauspielerinnen und Schauspieler der Schaubühne gewöhnlich mit dem Publikum in einen Dialog. Dabei äußerten Zuschauer zur Überraschung des Theaters offen Kritik am System in China. So wurde Veit zufolge etwa die Frage der Meinungsfreiheit als größtes Problem des Landes benannt und über Repression in der Volksrepublik gesprochen.
Die Theaterleitung rief danach den Direktor der Schaubühne zu sich. Die anschließenden Aufführungen durfte das Theater dann nur noch in einer zensierten Version spielen.
Um kritische Stimmen zu unterdrücken, werden chinesische Medien und das Internet streng von den Zensoren des Landes überwacht. Viele internationale Medien wie etwa die New York Times und ausländische soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sind komplett gesperrt. Auch ausländische Theaterstücke oder Kinofilme werden vor ihrem Start in China von den Behörden geprüft.
Mit Material von dpa
Kommentare
Wie kommt man auch nur auf die Idee, ausgerechnet in China über Meinungsfreiheit zu diskutieren.
Wo jeder frei ist, die Meinung der KP zu haben.
"Wie kommt man auch nur auf die Idee, ausgerechnet in China über Meinungsfreiheit zu diskutieren."
Wo, wenn nicht dort? Die wenigen Zuschauer, die es live erlebt haben, werden davon noch Jahre zehren. Da kann man mal wieder sehen welche (Spreng)kraft das Theater hat und was für ein Privileg es ist, in einer freien Gesellschaft Theater erleben zu dürfen.
Mal ohne die Zensur rechtfertigen zu wollen:
Die hätten das wissen (oder zumindest ahnen) müssen.
Das Stück musste (wie im Artikel angesprochen) VORHER von den Behörden genehmigt werden. Dazu gehörte auch ein Video einer Vorstellung, inklusive des Zuschauerdialogs am Ende.
Es wurde genehmigt.
Womit - weder von den Behörden noch dem Künstler - nicht gerechnet wurde, war die Ehrlichkeit und Offenheit des Publikums!
Da sage einer, Ibsen sei überholt.
Eine Frage: in welcher Sprache wird geschauspielt?
Nun ja, es ist immer wieder das gleiche. Ein deutsches Schauspielensemble sollte nicht mit derartig provokativen Inhalten in China auftreten, sondern die Gegebenheiten dort respektieren. Es ist nicht unsere Aufgabe oder die Aufgabe unserer Kulturschaffenden, unsere Werte in andere Kulturen zu exportieren, schon gar nicht in die chinesische, die nach ganz anderen Regeln funktioniert. Man kann China kritisieren, aber nicht auf diese direkte Art und in der Öffentlichkeit. So funktioniert das dort einfach nicht und muss zwangsläufig von chinesischer Seite als ungebildete Provokation aufgefasst werden. Die "technischen Probleme" waren dann eben auch nichts anderes als eine gesichtswahrende Ausladung des Ensembles von chinesischer Seite. Die interkulturelle Inkompetenz auf Seiten von Kulturschaffenden und Journalisten ist manchmal erschreckend. Die Arroganz, mit der wir unsere Kultur als non plus ultra setzen und meinen, alle müssten sich danach richten, ist unerträglich. Ich sehe vor dem Hintergrund meiner Chinaerfahrung überhaupt nichts Verwerflichen an Chinas Vorgehen, auch wenn der Artikel das mal wieder suggerieren möchte. Ich hätte das dem Ensemble voraussagen können. So kann man sich in China nicht aufführen und das ist auch richtig so. Die Chinesen kommen auch nicht mit dem Anspruch zu uns, ihre Werte und kulturelle Verhaltensregeln uns aufzuzwingen und als non plus ultra zu verkaufen.
Absurd.
War alles vorher genehmigt und es liegt nicht an den deutschen Schauspielern, wenn das chinesische Publikum offenbar erheblichen Redebedarf hatte.
Da hat wohl eher ein chinesischer Verantwortlicher Angst vor einem Publikum, daß aus Theaterstücken auch Lehren zieht.