Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat seinem Land nach acht Jahren Sparpolitik eine wirtschaftliche "Wiedergeburt" versprochen. "Höhere Löhne, Arbeitsmarktregulierung und Respekt für Arbeitsrechte" seien eine "Voraussetzung für Wachstum", sagte er auf der Internationalen Messe in Thessaloniki, auf der traditionell die Wirtschaftsstrategie für das kommende Jahr verkündet wird. Griechenlands Regierungschef versprach unter anderem Steuersenkungen und eine Anhebung des Mindestlohns.
"Wir wissen, wir haben die Stärke und das Wissen, um uns die Wiedergeburt des Landes vorzustellen, sie zu planen und zu erreichen", sagte Tsipras. Er kündigte an, die für 2019 mit Griechenlands Geldgebern vereinbarte Rentenreform zu überdenken. Demnach sei die Regierung "absolut sicher", die Haushaltsziele für 2019 auch ohne die umstrittenen Kürzungen erreichen zu können. Tsipras sagte, er wolle den Geldgebern erklären, "dass diese Maßnahme nicht nur finanzpolitisch unnötig ist. Sie ist zudem nicht konstruktiv und verhindert Wachstum."
Griechenland hatte im August den Euro-Rettungsschirm verlassen – allerdings bleibt das Land weiterhin unter strikter Aufsicht der Geldgeber. Die Schuldenkrise und die von den internationalen Gläubigern auferlegten Kürzungsprogramme im Gegenzug für drei Kreditpakete haben Griechenland in eine humanitäre Krise gestürzt. Die Umfragewerte Tsipras fielen zuletzt auf einen neuen Tiefstand. Grund dafür sind auch die Waldbrände im Juli, bei denen fast 100 Menschen starben.
Tausende Menschen demonstrieren gegen Regierung
Während seiner Rede in Thessaloniki gingen mehr als 7.000 Griechen in zwei Demonstrationen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung und das Abkommen zur Beilegung des jahrzehntelangen Namensstreits mit Mazedonien auf die Straße. Tausende Polizisten waren im Einsatz, um die Demonstrationen zu trennen und die Teilnehmer vom Messezentrum fernzuhalten, wo Tsipras seine Rede hielt. Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein, die mit Steinen und Feuerwerkskörpern auf die Beamten warfen.
Mazedonien und Griechenland hatten Mitte Juni ein Abkommen zur Beilegung ihres seit 1991 andauernden Namensstreits unterzeichnet und darin für Mazedonien den Namen "Republik Nordmazedonien" festgelegt. Laut der griechischen Regierung ist der Name Mazedonien Teil des griechischen Nationalerbes. Viele Griechen befürchten, dass der nördliche Nachbarstaat mit der Landesbezeichnung Mazedonien Ansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz erheben könnte. Die jetzt beschlossene Umbenennung soll den seit 27 Jahren währenden Streit zwischen beiden Ländern beenden – zuerst müssen jedoch die Bürger beider Länder in Referenden darüber abstimmen.
Kommentare
Dann können wir ja gespannt sein, wie Tsipras erklären will, daß eine Rentenreform "Wachstum verhindert".
Kaufkraft, Binnenmarkt ?
Schon mal gehört ?
So lange die europäische Konjunktur läuft, mag es ja sein dass die griechischen Zahlen jetzt mehr oder weniger stimmen.
Aber sind wir doch mal ehrlich: Sobald der Zyklus dreht, liegen alle "Euro-Patienten" wieder auf der Intensivstation.
Abseits von der Grundsatzfrage, ob Griechen und co. von der Struktur überhaupt in den Währungsraum passen, ist es nicht mal deren Schuld, wenns wieder los geht.
Der nicht gemachte 100% Schuldenschnitt wäre VIEL VIEL billiger gewesen, wenn man das mit den Summen vergleicht, die Draghi ins Spiel bringen musste als Reaktion auf das politische Versagen bei der Krisenlösung.
Griechenlands Schulden sind aktuell höher als vor Beginn der "Griechenland-Krise".
"Griechenland hat den Euro-Rettungsschirm verlassen."
In Italien gehen die Bestrebungen in dieselbe Richtung. Gemeint ist, dass die Euroland-Rettungsgelder und -Kredite nicht zurückgezahlt werden sollen. Im Grunde geht es ja auch nicht; weder GR noch I haben das Geld oder den Kredit dafür. Hier sind weitere Zeichen für das Scheitern der Eurozone zu sehen.
Ein Wunder ist es nicht, wenn Rechtstreue und Verantwortlichkeit immer wieder durch politische Willkür ausgehebelt werden. Dann ist eben alles dem politischen Kuhhandel unterworfen. Die Willkür kann ja auch anders ausfallen und andere bevorteilen. Das motiviert alle Politiker, die Erpressungspotentiale voll auszureizen.
Wie soll denn eine einheitliche Währung bei unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen funktionieren?
Niemand hat mir bisher darauf eine plausible Antwort geben können.
Vor dem Euro wurden die Währungen gegeneinander unterschiedlich bewertet und, in den meisten Fällen, wie man im Jahresurlaub in dem jeweiligen Land beobachten konnte, gegenüber der damaligen D-Mark abgewertet.
Das lag nicht an der Mark, sondern an den unterschiedlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen.
Aus welchem Grund hätte sich das bei Einführung der Einheitswährung ändern sollen?
Das Mittel der Abwertung haben wir damit nicht mehr.
Hat er auch erklärt wie das alles finanziert werden soll? Oder bleibt er so vage wie Scholz bei der Frage nach der Finanzierbarkeit der Rentengarantie bis 2040? Kleine Prognose: es wird keine drei Jahre dauern bis die Griechen wieder in Brüssel auf der Matte stehen werden mit der Forderung nach frischem Geld. Als Zuschuß, natürlich, denn das mit den Krediten wird dann als erwiesenermaßen untauglich betrachtet werden. Und die Euro-Staaten werden wieder zahlen, da „alternativlos“.
"Hat er auch erklärt wie das alles finanziert werden soll?"
Bei der geringen Rente in GR ist jedes Geld eine Konjunkturförderung, da es eh ausgegeben wird. That's it.