Deutschland erkennt den venezolanischen Oppositionschef Juan Guaidó als Übergangspräsidenten des südamerikanischen Landes an. "Bis gestern ist keine Wahl für eine Präsidentschaft ausgerufen worden.
Deshalb ist jetzt Guaidó die Person, mit der wir darüber reden und von
der wir erwarten, dass sie einen Wahlprozess möglichst schnell
initiiert", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Gespräch mit dem
japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Tokio.
Für diese Aufgabe sei Guaidó "der legitime Interimspräsident aus deutscher
Sicht und aus Sicht vieler europäischer Partner", sagte Merkel. "Wir hoffen, dass dieser Prozess sich möglichst kurz und
natürlich friedlich gestaltet."
Zuvor hatten neben Frankreich, Spanien, Großbritannien und Österreich auch Schweden und Dänemark erklärt, Guaidó als legitimes Staatsoberhaupt anzuerkennen. Am Wochenende war eine Frist an den umstrittenen sozialistischen Präsidenten
Nicolás Maduro abgelaufen, ohne dass dieser einen Termin für eine freie
und faire Präsidentschaftswahl verkündet hatte. Die EU kündigte an, an diesem Montag eine Erklärung abgeben zu wollen.
Frankreichs Präsident Emannuel Macron schrieb auf Twitter, die Venezolaner hätten das Recht, ihren politischen Willen frei und demokratisch zu äußern. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte, Guaidó müsse nun "so schnell wie möglich freie Wahlen ausrufen, weil das
venezolanische Volk selbst über seine Zukunft entscheiden muss". Großbritanniens Außenminister Jeremy Hunt twitterte, seine Regierung erkenne Guaidó so lange als Interimspräsident an, bis Venezuela gewählt habe. "Lasst uns hoffen, dass wir dem Ende der humanitären Krise damit ein Stück näher rücken."
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz twitterte, Guaidó habe die
volle Unterstützung Österreichs bei seinen Bemühungen zur
Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela. Das Land leide schon viel zu lange
unter sozialistischer Misswirtschaft und einem fehlenden Rechtsstaat.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SDP) sagte, die Sorge Deutschlands gelte den Menschen in Venezuela, die unter der dramatischen Versorgungslage litten. "Deutschland stellt Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro für humanitäre Hilfe für Venezuela zur Verfügung, sobald die politischen Rahmenbedingungen in Venezuela dies zulassen."
Russland bezeichnet Anerkennung als Einmischung
Die Regierung in Moskau kritisierte die europäischen Staaten. "Aus unserer Sicht ist das sowohl direkt als auch indirekt
eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas",
sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Das Vorgehen
fördere in keiner Weise eine friedliche Beilegung der Krise in dem
lateinamerikanischen Land. "Nur die Venezolaner selbst können diese
Krise lösen", sagte er russischen Agenturen zufolge.
Russland zählt zu den wichtigsten Verbündeten Maduros. Der Kreml hatte dem Politiker seine Unterstützung zugesichert. "Das ist kein Dialog. Hier legen Washington und Europa dem Land ihren Willen auf", sagte Außenminister Sergej Lawrow. Maduro habe sich bereits mehrmals bereit erklärt, mit der Opposition zu sprechen. Guaidó habe dies jedoch abgelehnt.
Maduro warnt vor Bürgerkrieg
Die venezolanische Regierung kritisierte die Anerkennung Guaidós ebenfalls. "Die Souveränität des venezolanischen Volkes hängt nicht von der Anerkennung irgendwelcher ausländischer Regierungen ab", hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Caracas. Die Regierung kündigte an, nun die Beziehungen zu den europäischen Staaten, die Guaidó unterstützen, zu überprüfen.
Die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten hatte Maduro bereits abgebrochen, nachdem die US-Regierung vor etwa zwei Wochen Guaidó als rechtmäßigen Übergangspräsident anerkannt hatte. "Der Grad der Unterwerfung dieser Regierungen unter die Kriegspolitik der US-Regierung gegen Venezuela ist alarmierend", hieß es in der Erklärung des Außenministeriums weiter.
US-Präsident Donald Trump hatte ein militärisches Eingreifen der USA in Venezuela zuvor abermals nicht ausgeschlossen. Auf die Frage, was passieren müsse, damit die USA in Venezuela militärisch aktiv würden, sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des Senders CBS: "Ich möchte das nicht sagen. Aber es ist sicherlich etwas, das auf dem – es ist eine Option." Trump und Mitglieder seiner Regierung hatten zuvor mehrfach erklärt, "alle Optionen" lägen auf dem Tisch.
Maduro warnte vor der Gefahr eines Bürgerkriegs. Zuvor hatte er mit Blick auf die USA auch von einem möglichen "Vietnam"-Szenario in Südamerika gesprochen. "Alles hängt vom Grad der Verrücktheit und der Aggressivität des Imperiums des Nordens und von dessen westlichen Verbündeten ab", sagte er dem spanischen Fernsehsender La Sexta.
Guaidó ist der Präsident des von der Opposition kontrollierten, aber von Maduro entmachteten Parlaments. Er erklärte sich am 23. Januar zum Übergangsstaatschef und argumentiert, Maduros Wiederwahl im vergangenen Mai habe demokratischen Standards nicht genügt. Dieser Meinung sind auch die deutsche und andere Regierungen. An dem europäischen Ultimatum beteiligten sich neben Deutschland auch Frankreich, Spanien, Portugal, Großbritannien, die Niederlande, Belgien und Österreich. Die USA sowie mehrere Länder Lateinamerikas und aus anderen Weltregionen haben Guaidó bereits anerkannt.
Die EU hat
bisher keine einheitliche Linie zu Venezuela. Doch wurde die Gründung
einer Kontaktgruppe angekündigt. Diese soll helfen, die Krise durch
freie Wahlen zu beenden. Kommenden Donnerstag werde die Gruppe erstmals
in Uruguay mit lateinamerikanischen Ländern beraten, sagte die
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.
Kommentare
Aha, es interessiert Herrn Maduro also nicht, was Europa sagt. Was auch immer man von der derzeitigen Mode großkotzig-populistischer Despoten auf der Welt halten mag, einen gewissen Unterhaltungswert haben sie ja. Es wird interessant sein zu beobachten, wann Maduro ebenso demütig an die Pforte der zivilisierten Welt Europas klopft wie sein zuvor ebenso großmäuliger Kumpel Erdogan im vergangenen Jahr.
Unterhaltungswert?
Ich finde es befremdlich - um es mal eine euphemistische Formulierung zu benutzen - wenn im gegebenen Kontext der "Unterhaltungswert" herausgestellt wird.
Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß wir kurz davor sind, Zeugen eines Bürgerkrieges zu werden, der unzählige Menschenleben kosten kann.
Auch sollte man vielleicht nicht ganz so vorschnell und auf dünner Faktenlage uneingeschränkt für eine Seite Partei ergreifen.
Angesichts dessen, was Trump, Bolton und andere so von sich geben kann ich an dem Statement von Alexander Schtschetinin ("Das Ziel der internationalen Gemeinschaft sollte sein, Venezuela zu helfen, ohne destruktive Einmischung von außen") nichts grundsätzlich Falsches sehen.
Was man vielleicht auch mit in Betracht ziehen sollte, ist der track record der USA in Süd- und Lateinamerika sowie im Nahen Osten und der Umstand, das Venezuela über die größten bekannten Erdölreserven der Welt verfügt.
Ich würde zur Besonnenheit raten. Ein Flächenbrand ist schnell entfacht und es bedarf keiner besonderen Kompetenz. Das Löschen dagegen ist eine ganz andere Hausnummer. Von den Opfern ganz zu schweigen.
Nicolás Maduro ignoriert EU-Ultimatum zu Neuwahlen
+++
gibt es ueberhaupt jemanden der auf die eu hoert. ich kennen keinen.
Es war einst Henry Kissinger der berichtigt kritisierte: "Ich wüsste nicht, welche Telefonnummer man anrufen müsste, um mit Europa zu sprechen." Im Gegensatz zum Artikel-Teaser heißt es dann im Artikel auch deswegen: "mehrerer EU-Staaten". Nun ist es aber so, das "mehrerer EU-Staaten" noch lange nicht die EU sind. Zumal es immer abenteuerlich ist, wenn alte Kolonialmächte sich mit Sorgen ordnungspolitische in ehemalige Kolonien einmischen.
"Maduro hatte das europäische Ultimatum als "Frechheit" bezeichnet."
Maduro hat vollkommen recht. Kein souveräner Staat kann ein solches Ultimatum akzeptieren und das wussten diejenigen Länder auch. Die Absicht war von Anfang die Destabilisierung der venezuelanischen Regierung.
Staaten sind nicht souverän. Ein die ganze Erde umfassender Staat wäre souverän. Aber sobald es mehrere Staaten gibt gibt es doch wieder Handel und gegenseitige Beeinflussung durch Bildung, Sprache, Medien, Gesetzgebung, Wanderung usw. und das ganze Gerede über Souveränität zeigt sich als Lüge.
"Venezuelas Staatschef Maduro hat die Frist mehrerer EU-Staaten ablaufen lassen."
Alles andere wäre auch ein Witz! Was hat die EU hier Ultimaten zu stellen?
Die "EU" hat Ihre Meinung zu der Destabilisierung des Landes gegeben. ohne sich wie andere Staaten zu stark einzumischen, da diese im vorhinein den Oppositionspräsidenten anerkannten. Damit hat die EU zumindest eine "Chance" eingeräumt. Aber gut warum will Maduro jetzt Parlamentswahlen? Ist das gleiche nur nicht international EU-Venezuela sondern in Venezuela selbst. Warum akzeptiert die Regierung Maduros nicht die Entscheidung die von seinem Volk getroffen wurde? Warum wird die Opposition unterdrückt und deren Wähler verfolgt? Viele Fragen welche leider nicht von Chavez Anhänger beantwortet werden. Glauben Sie mir nicht? Kommen Sie Mal nach Bogotá und reden Sie 5 Minuten mit den Menschen die aus Ihrem Land geflüchtet sind und um Münzen in Transmilenio betteln, Sie müssen nicht einmal nach Venezuela um zu bemerken, dass da etwas gewaltig schief läuft