Auch an diesem Montag war es wieder einmal Greta Thunberg, die allen die Show stahl. Drei Tage, nachdem die 16-Jährige mit ihrem Klimastreik weltweit Millionen Menschen auf die Straße holte, waren in New York die Kameras am Montag vor allem auf sie gerichtet. Mit Tränen in den Augen rief die junge Aktivistin aus Schweden die zum Klimagipfel angereisten Staats- und Regierungschefs dazu auf, endlich mehr gegen die Erderwärmung zu tun und den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren. "Wir erleben den Beginn unserer Auslöschung. Und ihr redet nur über Geld", sagte Thunberg im UN-Hauptquartier, wo diese Woche die Generalversammlung tagen wird. "Was fällt euch eigentlich ein", rief die Aktivistin mit wutverzerrtem Gesicht.
Doch von dieser Dringlichkeit war dort von den angereisten Politikerinnen und Politikern kaum etwas zu hören. Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt eine schwache Rede. Während es Thunberg vor Empörung kaum auf ihrem Stuhl hielt, wirkte Merkel fast uninspiriert, ohne großen Pathos. "Wir alle haben den Ruf der Jugend gehört", sagte die Kanzlerin zwar zu Beginn ihrer kurzen Rede. Dann aber spulte sie routiniert die wenig ambitionierten Ergebnisse des Klimakompromisses der Bundesregierung vor. Der Applaus fiel entsprechend mager aus. Auch der französische Präsident Emmaunel Macron war nach New York gekommen und verkündete das Ende Juni im Parlament beschlossene Ziel seines Heimatlandes bis 2050 zu CO2-neutral zu werden.
Wichtige Akteure waren gar nicht erst gekommen
Und so blieb von diesem Gipfel wenig Zählbares übrig – trotz der Klimaproteste vom Freitag. Das lag auch daran, dass wichtige Akteure nicht vertreten waren. US-Präsident Donald Trump schaute überraschend im UN-Hauptquartier vorbei und verfolgte von seinem Platz relativ weit hinten im Plenum Merkels Rede mit steinerner Miene. Aber eine eigene Rede oder gar eigene klimapolitische Ziele formulierte Trump nicht. Warum auch? Unter seiner Präsidentschaft sind die USA aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 ausgestiegen, seitdem setzt die Trump-Regierung auf fossile Brennstoffe und weicht strenge Emissionsstandards für die Industrie und Fahrzeuge auf. Die Vereinigten Staaten sind der zweitgrößte CO2-Emittent und für knapp 15 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Ohne die USA wird globaler Klimaschutz wenig ausrichten können.
Das gilt auch für China, den mit Abstand größten CO2-Verursacher – und verantwortlich für knapp 30 Prozent des internationalen CO2-Ausstoßes. Auch Peking hatte keine bahnbrechenden neuen Ziele zu verkünden. Als einziger Regierungschef eines Landes mit besonders hohem CO2-Ausstoß sprach der indische Premierminister Narendra Modi beim Gipfel. Doch auch von Modi gab es keine festen Zusagen, sondern nur den Hinweis auf den Ausbau der Solarenergie im eigenen Land.
Der Kontrast zwischen den Forderungen der Klimaaktivisten nach entschiedenen Maßnahmen und dem zögerlichen Handeln vieler Staats- und Regierungschefs könnte kaum größer sein.
Der Auftritt Merkels hat gezeigt: Deutschland hat sich mit seinem Klimapaket nicht nur gegen eine
ambitionierte Klimapolitik in Deutschland entschieden, sondern auch gegen eine
internationale Führungsrolle. Die Politik der Bundesregierung hätte anderen Staaten als Vorbild dienen können, Angela Merkel hätte ihrem Ruf als "Klimakanzlerin" gerecht werden können. Doch dafür hätte Merkel mehr mitbringen müssen nach New York. Wer selbst weniger als das Mögliche tut, kann nicht gleichzeitig in der Welt für mehr Nachhaltigkeit werben. Das Defizit gleichen auch die zusätzlichen 1,5 Milliarden Euro nicht aus, die Merkel in ihrer Rede für den Green Climate Fond der Vereinten Nationen versprach. Damit sollen vor allem die ärmeren Länder der Welt unterstützt werden, sich besser gegen die Folgen des Klimawandel zu wappnen.
Die Führung werden nun andere übernehmen. UN-Generalsekretär Guterres hat Chile gebeten, bis zum nächsten Klimagipfel Anfang Dezember in Santiago eine internationale Klimaallianz aus interessierten Ländern zu schmieden. Das Ziel der multilateralen Initiative: CO2-Neutralität bis 2050. Ein Ziel, zu dem sich sogar die EU bisher noch nicht offiziell durchringen konnte.
Es ist zumindest ein Anfang, doch Greta Thunberg und ihre Millionen Mitstreiter weltweit dürften die Bekenntnisse dieses Gipfels wohl nicht zufriedenstellen. Nun wollen sie zu juristischen Mitteln greifen. Die UN-Mitgliedsstaaten täten nicht genug gegen den Klimawandel und verstießen damit gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Deshalb hat Thunberg mit mehreren Mitstreitern nun eine Beschwerde beim UN-Kinderrechtsausschuss eingereicht.
Kommentare
Hui. Wenn sogar die Kanzlerin verblasst, muss der Populismus, der en vogue ist, ja in aller Munde trocken schmecken.
Welcher Populismus ?
Hat jemand was anderes erwartet?
Wo sind den die ganzen Leute hier im Forum die CDU gewählt haben? Grüne und AFDler gibt's ja zu hauf. Aber niemand scheint mehr Spass zum haben an der Meisterin des Aussitzens? Seltsam.
Nein, ein großer Journalist sagte einmal:
"Die Kanzlerin chloroformiert das Land" https://www.tagesspiegel.de/…
Es ist in diesem Zusammenhang im Grunde unglaublich, wie der größte Teil der Presse - insbesondere der angeblich unparteiische ÖR - seit Jahren demütig vor der Kanzlerin zu Kreuze kriechen und Lobeshymnen verfassen.
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/vh
++ Wo sind den die ganzen Leute hier im Forum die CDU gewählt haben? ++
Ich darf daran erinnern, dass ein relevanter Teil der heutigen AfD-Wähler und rechten Besorgtbürger früher leidenschaftlich CDU gewählt hat (u.a. der ehemalige Berufskriminelle und heutige Pegida-Chef Lutz Bachmann), zu einer Zeit, als Merkel NOCH verantwortungsloser regiert hat, als heute.
Die ganze verschleppte und sabotierte Energiewende mit dem klientelistischen Gepäppel der Braunkohle und der Autoindustrie, voll zu Lasten der erneuerbaren Energien und eines leistungsfähigen ÖPNV, das hochtreiben der Stromkosten für die normalen Haushalte, die die Energiekosten der Industrie subventionieren mussten, das ist alles auf dem Mist der "wertkonservativen" CDU gewachsen, die Merz heute gerne reanimieren möchte.
Der dafür viel gescholtene Christian Lindner hat es als erster ausgesprochen. Mit Angela Merkel kann man nicht koalieren.
Nur die SPD hat das nicht begriffen.
Klimapolitik ist ja nur ein Feld. Wir sehen bleiernen Stillstand an allen Fronten.
Und wie hat man zunächst applaudiert, als mit AKK das System Merkel seine Fortsetzung zu finden schien.
Ich habe Merkel für ihre Ruhe geschätzt, als sie angebracht war. Heute ist Führung gefragt. An der Stelle ist nur Fehlanzeige.
Für mich ist es unglaublich, dass eine promovierte Physikerin CO2 einsparen will, dabei aber KKW abschalten lässt und Kohle weiter laufen lässt.
Ihre geradezu gespenstische Fähigkeit der Antizipation komplexer Umstände, die man ihr immerzu andichtet, halte ich persönlich für einen medialen Mythos.
Schauen Sie bitte mal nach in welchen Energiequellen das Gesamtrisiko komplett eingepreist ist. Ich bin gegen Kohle, rasch. Aber Kernenergie hat die Millionen um Tschernobyl und Fukushima nicht glücklich gemacht.
Hä? Lesen Sie doch den Artikel. "... uninspiriert... wenig ambitioniert ... Führungsrolle anderen überlassen..." - Lobeshymnen gehen anders.
Wer Aussagen über das "Gesamtrisiko" macht, ist allenfalls motiviert.
Ich habe CDU gewählt. Finde Merkel auch weiterhin eine exzeptionell gute Kanzlerin, was nicht heißt dass sie immer alles richtig macht oder gemacht hätte. Beim Klimaschutz tritt sie zwei Nummern zu kurz, vermutlich wäre das bei jedem anderen Kanzler auch so gewesen, aber es macht die Sache nicht besser.
Mit Christian Lindner hätten wir nun nur wohltuende Worte aber überhaupt keinen Klimaschutz.
Gegen Kohle, gegen Kernkraft...
Damit sind Sie voll auf Kanzlerlinie, die hinsichtlich CO2 nicht funktioniert.
Der Artikel sagt doch genau das, was viele hier immer wieder sagen, dass es schlicht sinnlos ist in Deutschland die Wirtschaft und den sozialen Frieden im Zuge des Klimaschutzes zu gefährden, da andere Ländern, die Hauptverschmutzer, ohnehin kein Interesse daran haben etwas zu ändern. Und fürs gute Gewissen wollen sicher die Wenigsten arm werden.
Ja aber wenn wir unsere Wirtschaft in den Dreck fahren dann machen uns das vielleicht die Amerikaner und Chinesen nach.
Also wer Merkel mangelnden Elan/Außenwirkung/Leidenschaft vorwirft, war wohl die letzten 15 Jahre auf einem Hochsicherheitsgefängnis auf dem Mars eingekerkert
Leidenschaft?
Wo?