Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam will trotz ihrer Niederlage bei den Bezirkswahlen keine Zugeständnisse an die regierungskritischen Demonstrierenden machen. "Die Wahlen haben klar gezeigt, dass viele Wähler ihre Meinung über die Regierung und mich selbst zum Ausdruck bringen wollten", sagte Lam. Diese Meinungen seien aber vielfältig.
Einige hätten offenkundig genug von der Gewalt auf den Straßen der chinesischen Sonderverwaltungsregion, sagte Lam. Andere seien der Meinung, dass die Regierung nicht kompetent gehandelt habe. Sie werde den Dialog beschleunigen und plane, ein Komitee einzusetzen, das tief sitzende soziale Probleme bewerten solle, die zu dem Groll beigetragen hätten, kündigte die Regierungschefin an.
Die prodemokratische Opposition in Hongkong hatte die Bezirkswahlen am Sonntag mit einem klaren Sieg für sich entschieden. Etwa 90 Prozent der Sitze in den Bezirksräten gingen an die regierungskritischen Kräfte, die damit in 17 von 18 Bezirksräten die Kontrolle innehaben.
Das prodemokratische Lager hatte Lam aufgefordert, zurückzutreten. Lam lehnte eine Übernahme der Verantwortung nach der Wahl jedoch ab. Die Ergebnisse zeigten zwar die Unzufriedenheit der Menschen mit der Regierung, jedoch zeigten sie auch, dass viele Menschen ein Ende der Gewalt wollten. Auch die Regierung in Peking mache sie nicht verantwortlich, sagte Lam.
Neue Unruhen möglich
Zugleich forderte Lam ein Ende der Ausschreitungen. Es brauche weitere relative Ruhe und relativen Frieden sowie eine gute Basis für das Vorankommen Hongkongs. Der nächste Schritt sei es, die Menschen zu beteiligen.
Beinahe drei Millionen Wähler hatten am Sonntag ihre Stimme abgegeben; eine rekordverdächtige Wahlbeteiligung und ein Barometer für die breite öffentliche Unterstützung der seit mehr als fünf Monaten andauernden Proteste. Die Entscheidung der Regierung, nicht umfassend auf die Ergebnisse einzugehen, könnte weitere Unruhen auslösen.
Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Regierung in Peking eine weniger harte Haltung gegenüber den Protestierenden einnimmt. In chinesischen Medien wurde kaum über das Ergebnis der Wahl berichtet. Stattdessen wurde ein Fokus darauf gelegt, wie pekingfreundliche Kandidatinnen und Kandidaten bedrängt wurden und wie dringend notwendig es sei, wieder Ordnung herzustellen.
China kritisiert geplantes US-Gesetz
Das chinesische Außenministerium hat derweil US-Botschafter Terry Branstad einberufen, um gegen die Verabschiedung des Hongkonger Menschenrechts- und Demokratiegesetzes durch den US-Kongress zu protestieren. Vizeaußenminister Zheng Zeguang habe die Vereinigten Staaten gedrängt, "ihre Fehler zu korrigieren und aufhören, sich in Angelegenheiten Hongkongs und in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen", teilte das Ministerium mit. Zheng sagte, die Verabschiedung des Gesetzes zur Ahndung von Menschenrechtsverstößen sei eine Form der Ermutigung zur Gewalt und stelle eine schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts und der Grundnormen der internationalen Beziehungen dar.
Das US-Repräsentantenhaus schickte die Gesetzesentwürfe am Mittwoch an das Weiße Haus, nachdem es mit eindeutiger Mehrheit dafür gestimmt hatte. Es wird erwartet, dass US-Präsident Donald Trump sie trotz heikler Handelsgespräche mit China unterzeichnen wird.
Kommentare
Nach Demut kommt Hochmut.
War sowas von klar, dass sich mit den Wahlen nicht viel ändern wird. Weder Carrie Lam noch China werden auch nur einen Zentimeter davon abrücken die Demokratiebewegung in Hongkong zu bekämpfen. Von Einlenken oder Zusammenarbeit keine Spur.
Ist auch richtig so. Die Hongkonger haben ihre Freiheit und Sonderstatus wie vereinbart. Von direkter Demokratie war nie die Rede. HK gehört zu China und deswegen sitzt die oberste Führung in Peking.
Typisch für die von China installierten Stadthalter. Nach dem Wahlergebnis zuerst "Demut" verkünden und dann trotzdem treu auf der Linie der Festland-Hardliner bleiben.
Man kann den Protestierenden nur wünschen, weiterhin für die Demokratie zu kämpfen, Hoffnung habe ich indes wenig.
Dennoch war die Wahl wichtig, um die Propaganda der KP-Apologeten zu entkräften. Des öfteren hieß es, es seien ein paar wenige Randalierer oder Terroristen.
Lame darf natürlich nicht einknicken vor den Wählern, sie wird ja von Peking ferngesteuert. Insofern kann man sagen, ist sie eigentlich eine lame duck, wie die Amerikaner sagen würden. Wenn 90 % der Sitze an die Opposition gehen, müsste sie zurücktreten, wenn sie noch noch einen Funken Selbstachtung hätte. Schallender kann die Ohrfeige der Massen gar nicht ausfallen. Peking ignoriert diese Abstimmung natürlich. Diktaturen und freie Wahlen pasen nicht zusammen. Es steht zu befürchten, dass die Proteste weitergehen. Das liegt sicher auch im Kalkül der "Kommunisten". Irgendwann wird man zuschlagen. Den Keim der Freiheit will man sich nicht ins Land holen. Ansteckungsgefahr!
90% der Wähler gegen sich aufzubringen ist ein regelrechtes Kunststück. Trotzdem rätselt Lams Regierung, was diese 90% nur wollen können:
" Sie werde den Dialog beschleunigen und plane, ein Komitee einzusetzen, das tief sitzende soziale Probleme bewerten solle, die zu dem Groll beigetragen hätten, kündigte die Regierungschefin an."
Das tief sitzende soziale Problem ist eine aus dem fernen autoritären Peking ferngesteuerte Regierung, Frau Lam. Nichts zu danken!
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Spekulationen. Danke, die Redaktion/at
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