Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg irgendwann wieder vor einem hohen Amt in Bayern oder im Bund steht – sagen wir 2013 – werden die Leitartikler seine Rücktrittsrede hervorkramen. Sie werden die hohe Intelligenz – die strategische wie die taktische – unterstreichen, die gleich für zwei Dissertationen ausgereicht hätte, ehrlich.
Vergleichen wir KTs mit der Rücktrittsrede von Margot Käßmann: Ich habe "einen schweren Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue. Aber auch wenn ich ihn bereue, ... kann und will ich nicht darüber hinweg sehen, dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind." Ende der Dienstfahrt.
Guttenberg hat es geschmeidiger ausgedrückt. Nicht mit einem deutlichen "Mea culpa". Nicht er habe gefehlt, die Arbeit war "fehlerhaft". Nicht wider die allgemeinverbindliche Moral habe er gesündigt; er habe indes verstanden, dass "große Teile der Wissenschaft" das so sehen. Subtext: Das werten die einen so, die anderen so.
Dann wird leise, leise die Schuld verbreitert und auf andere Schultern verteilt. Das liest sich so: "Wenn (...) die öffentliche und mediale Betrachtung fast ausschließlich auf Guttenberg und seine Dissertation, statt beispielsweise auf den Tod und die Verwundung von 23 Soldaten abzielt, so findet eine dramatische Verschiebung der Aufmerksamkeit zulasten der mir Anvertrauten statt."
Die Botschaft? Ihr seht nur den "Splitter im Auge deines Bruders", nicht aber den "Balken" im eigenen (Lukas 6, 41). Ihr Entrüsteten denkt nur an das kleinere, nicht aber an das größere Übel – den Tod unserer Soldaten. Jesus ist zwar nicht Guttenbergs Zeuge, aber die Relativierung hat Methode, bringt sie doch schon das erste Stück Entlastung.
Das nächste Stück: "Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten." Subtext: Wenn ich jetzt zurücktrete, tue ich es nicht für mich, sondern für die anderen, die unschuldig leiden müssen. Ich bin also gar nicht so selbstverliebt, wie meine Gegner wähnen.
Kommentare
Gerade das
"Karl-Theodor zu Guttenberg tritt mit einer moralisch flexiblen, aber strategisch brillanten Rede ab – und baut so die Trasse zu einem Comeback."
Würde ich ihm eher als "verhängnisvoll" prophezeien. So wird man immer wieder das Bild zeichnen können, dass er selbst beim Rücktritt nicht ehrlich sein konnte.
"Sie werden die hohe Intelligenz – die strategische wie die taktische – unterstreichen, die gleich für zwei Dissertationen ausgereicht hätte, ehrlich."
Was zu beweisen wäre, vom 3- Kandidaten mit Sondergenehmigung. Randfrage: Mit oder ohne Hilfe vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages?
"Das nächste Stück: "Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten." Subtext: Wenn ich jetzt zurücktrete, tue ich es nicht für mich, sondern für die anderen, die unschuldig leiden müssen. Ich bin also gar nicht so selbstverliebt, wie meine Gegner wähnen."
Gerade das hat mich geekelt. Übersetzt: Es geht so sehr um mich, dass ich, um nichts zugeben zu müssen, andere als Schutzschild vor mich halte.
Herr Joffe es bleibt dabei, ich kann ihre Einlassungen einfach seltenst, besser gesagt nie, nachvollziehen.
Angeekelt
"Übersetzt: Es geht so sehr um mich, dass ich, um nichts zugeben zu müssen, andere als Schutzschild vor mich halte."
Genau. Der Versuch von KTzG, mich/Sie/uns alle sogar noch bei seinem Rücktritt für dumm zu verkaufen, hat mich dermaßen angewidert, dass ich mit Sicherheit "moderiert" würde, wenn ich dem hier ungefiltert Ausdruck verliehe.
Auch wenn ich Ihre Generalkritik an Herrn Joffe nicht teile, in diesem Fall irrt er gewaltig. Das, was er als "brillant" bezeichnet, wird KTzG in gewissen Bevölkerungskreisen noch lange als "überheblich und unverbesserlich" nachhängen. Es handelt sich dabei sicherlich zahlenmäßig nicht um die Bevölkerungsmehrheit - aber die wollte KTzG ja bis zuletzt als Kanzler im Wartestand haben. Und wo ist er jetzt?
Hoffentlich bleibt er da. Deutschland hat mehr integre Politiker nötig, nicht mehr Blender!
Anklage ohne Beweise
Wenn hier jemand Guttenbergs Rede für "moralisch flexibel" hält, dann ist das seine Sache - um nicht zu sagen: seine Unterstellung.
Im Übrigen: Guttenberg wird zurückkomen!
Dazu bedarf es keiner "strategisch brillanten Rede"...
Soll er die "Verleumder" anzeigen
Ich denke, bei breiten Teilen der Bevölkerung wird sich bald die Erkenntnis durchsetzen, dass sie einem Betrüger aufgesessen sind. Aber selbst wenn er wiederkommt: Bisher erzeugte er alle drei Monate einen Skandal und bisher hat er noch nichts, ich wiederhole: nichts, fertig gebracht. Lang wird sich Felix Krull auch dann nicht halten.
Ein ehrliches Schuldeingeständnis...
...wäre, gerade wenn er ein Comeback plante, die nachhaltiger Strategie. Denn, wie auch die Bibel sagt: nur wer ehrlich bereut, dem kann vergeben werden.
Ja, ja, die Leitartikler
"Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg irgendwann wieder vor einem hohen Amt in Bayern oder im Bund steht – sagen wir 2013 – werden die Leitartikler seine Rücktrittsrede hervorkramen."
Aber vielleicht ist es auch ganz anders, vielleicht reagiert das "Volk" nur etwas langsamer als die sogenannten Leitartikler.
Frau Käßmann ist bereits jetzt wieder eine rehabilitierte Frau, der keiner mehr an den Karren fahren kann. So wie sie es gemacht hat, das hat jeder verstanden und sie ist damit entschuldigt.
Bei Guttenberg ist das etwas anderes. Vielleicht haben ihm seine Fans, die ihm so oder so blind folgen würden, bereits vor seinem Weggang verziehen. Aber sobald er wieder kommt und es ist auch noch einer da, der dieses Schmierentheater miterlebt hat, wird ihn dieser eine "Lügner und Betrüger" nennen und er wird nichts dagegen machen können.
Vielleicht mag kein Volök einen Politiker in exponierter Stellung, den jeder so nennen darf.
"Aber sobald er wieder kommt und es ist auch noch einer da, der
dieses Schmierentheater miterlebt hat, wird ihn dieser eine "Lügner und Betrüger" nennen und er wird nichts dagegen machen können."
Guttenberg ist der geborene Stippvisiter: Hereinschneien, einen mordsmäßig guten Eindruck machen und Tschötschö.
Sobald er länger am Wirken ist, charakterisiert ihn besser ein Ausspruch seines Vater: KT, geboren auf dem Sonnendeck der Titanic.
Jetzt ist er erst mal am Untergehen. Wenn er wieder kommen sollte, werden ihm viel mehr Menschen, bei allem was er tut, um Vieles misstrauischer auf die Finger gucken. Aber amüsant sonnig wird es wohl auch wieder.