Die SPD-regierten Länder sehen die schwarz-gelben Atomausstiegspläne skeptisch und fordern eine Beteiligung des Bundesrats. "Wir wollen eine unumkehrbare Ausstiegsvereinbarung auf einer klaren gesetzlichen Grundlage", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) dem Handelsblatt. "Außerdem erwarte ich, dass die Bundesregierung dieses Mal die Länder ordentlich beteiligt."
Für Freitag hat Kanzlerin Angela Merkel die Bundesländer zu einem Energiegipfel geladen, um für die Unterstützung der Beschlüsse von Union und FDP zu werben. In den SPD-geführten Länder stößt vor allem das Vorhaben, einen der stillgelegten Altmeiler bis 2013 auf "Stand-by" für eventuelle Engpässe bereit zu halten und so Stromausfälle zu verhindern, auf Kritik.
Union und FDP hatten in der Nacht zum Montag den Ausstieg aus der Atomkraft bis spätestens 2022 beschlossen. Der Großteil der Atommeiler soll bis 2021 vom Netz. Falls es Probleme bei der Energiewende gibt, könnten die letzten drei Meiler noch bis zum 31. Dezember 2022 angeschaltet bleiben.
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir, forderte, dass seine Partei an den Ausstiegsplänen "wirklich beteiligt" werde. "So einfach geben wir das grüne Prüfsiegel für den Atomausstieg nicht", sagte er ZEIT ONLINE. Er machte eine Zustimmung der Grünen zu den Plänen der Bundesregierung von deren Bereitschaft abhängig, nachzubessern. Für die Grünen sei es "absolut inakzeptabel", dass ein oder mehrere alte Meiler als Reserve verfügbar bleiben sollen. "Irgendjemand müsste mal der Bundesregierung erklären, dass man Atomkraftwerke nicht einfach an- und abschalten kann, wie Lichtschalter", sagte Özdemir.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) signalisierte der Opposition Verhandlungsbereitschaft. "Jetzt ist jeder eingeladen, noch einen Vorschlag zu machen, aber auch bitte mit dem Willen zum Ergebnis und zum Konsens beizutragen", sagte er in der ARD.
Kritik an den Ausstiegsplänen kam jedoch nicht nur aus der Opposition: Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Arnold Vaatz, sagte: "Das ist für Deutschland eine nicht wieder gut zu machende Katastrophe. Der Ausstiegsbeschluss wird die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes irreparabel beschädigen", sagte der CDU-Politiker der Mitteldeutschen Zeitung.
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG Bergbau, Chemie, Energie und Mitglied der Ethikkommission, erwartet weitere Signale der Bundesregierung. "Die Empfehlungen der Ethikkommission zu Zeitpunkt und Form des Ausstiegs wurden übernommen. Was das von uns geschilderte genaue Vorgehen angeht, muss jetzt noch etwas von der Regierung kommen. Sonst reicht es nicht, um die Arbeit der Kommission zu würdigen", sagte er im TV-Sender Phoenix.
Kommentare
Ich bin sehr froh, wenn die Opposition genau hinschaut
Fukushima hat die Situation seit dem Atomausstiegsvertrag radikal verändert. Und auch ist seit dem Ausstieg aus dem Ausstieg mein Vertrauen sehr gering, dass die Regierung irgendein reales Interesse an einer Begrenzung der Macht der großen Konzerne hat im Gegenteil. Mir erscheint es sehr wichtig, dass jetzt die Basis für eine dezentrale CO2 freie Energieversorgung gelegt wird und kein Rückzieher mehr möglich wird.
Ja, die Situation hat sich mit Fukushima...
....radikal geändert. Man sollte aber dabei genau sein, was sich verändert hat und was nicht.
Verschoben hat sich die Wahrnehmung und damit die Einstellung der Bevölkerung und damit die Mehrheiten. Auch hat sich daraus die ethische Einschätzung verändert, die zur Begründung des frühen Ausstiegs angewendet wird. Nichts hingegen hat sich an der objektiven Gefahrensituation getan. Auch hat sich nichts an der Rechtslage geändert unter der die Investitionen entschieden wurden. Auch hat sich nichts geändert am Rechtsrahmen, der für Eigentum gilt.
So ist es nun politisch zwar eindeutig, dass man aussteigen will und wird. Es hat sich die Meinung durchgesetzt, dass man die gesellschaftlichen Kosten schultern will, dies zu tun.
Was nun ansteht sind die Fragen zu beantworten um das "Wie". Dazu gibt es den Rechtsrahmen und den gälte es einzuhalten. Dieser sollte beantworten, wer die Kosten innerhalb der Gesellschaft zu tragen hat. Hierzu ist es, oder sollte es unerheblich sein, wie man zu dem Thema Ausstieg steht. Im Vordergrund sollte stehen die Rechtssicherheit des Landes. Es sollte penibel darauf geachtet werden, dass Minderheiten mit Schlagworten wie zB "Konzerne" nicht ausgegrenzt werden um Verteilungskämpfe am Recht vorbei zu rechtfertigen.
Oligopole sind ein Problem. Sie sollten schon vor langer Zeit beseitigt worden sein. Mit dem Ausstieg allerdings ist die Verknüpfung unwesentlich und hat mit Atomausstieg nicht viel zu tun.
Not-Meiler
"Altmeiler bis 2013 auf "Stand-by" für eventuelle Engpässe bereit zu halten und so Stromausfälle zu verhindern"
> Das ist doch völliger Unsinn, sind doch AKWs aufgrund ihrer Betriebsart nur für Grundlast, nicht für kurzfristige Spitzenlasten brauchbar.
Einmal mehr schwarz-gelber Mumpiz - einmal mehr beweist sich die völlige Unfähigkeit dieser Regierung und das unter der Leitung einer Physikerin. Aber wie Merkel dazu steht, hat sie ja eindrucksvoll bewiesen im Fall Guttenberg: Egal, wenn so ein Titel nur ergaunert wurde. Möchte mal wissen, wie Merkel eigentlich zu ihrem Dr kam - Sachkenntnisse hat sie bislang nicht bewiesen - ganz im Gegenteil.
Erst Lesen, Denken dann melden und besser wissen
Es ist ja immer beruhigend wie viele Kommentatoren immer ihren Senf dazu geben, aber anscheinend wenig Ahnung haben, was der Ausstieg bedeutet.
Hier ist ein Link von der Bundesnetzagentur, und eine Übersicht über die anstehenden Probleme und die Veränderungen, die das Moratorium gebracht hat.
http://www.bundesnetzagen...
Unter anderem ist der Stromexport vor dem Moratorium einem Import nach dem Moratorium gewichen. Und raten sie mal wo der Strom größtenteils herkommt: Frankreich
Aber das ist eigentlich egal, die Frage ist eher was passiert im Winter, wenn ganz Europa mehr Strom benötigt und die nötige Leistung fehlt.
Geht doch so die ganze Atomgegnerlobby verloren!
So wird das aber mit dem Regieren nichts!
Es ist wie bei Kleinkindern
(Ich will auch mitspielen )
aber die lassen mich nicht.
Alles mit dem Blick auf die Wählereltern
Özdemir fordert eine Beteiligung der Grünen bei der Ausstiegs-
planung.
Wo haben denn die Grünen ihre Ausstiegsplanung eigentlich versteckt? Offensichtlich können sie diese nicht mehr finden und einmal offen legen. Oder ist alles nur Ideologie ohne irgendwelche Substanz bei den Grünen?