Angela Merkel hat ihre Kanzlermehrheit verloren . Insgesamt 17 Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition stimmten gegen das zweite Rettungspaket für Griechenland . Drei weitere, die sich enthielten, verweigerten der Kanzlerin ebenfalls die Gefolgschaft, trotz eindringlicher Apelle in den Fraktionssitzungen und in persönlichen Ermahnungen.
Die Reaktionen sind entsprechend verheerend. Die rot-grüne Opposition spricht von einer "Kanzlerdämmerung" und fordert Merkel auf, die Vertrauensfrage zu stellen. Ähnliche Töne in der Presse: Die Berliner Zeitung schreibt über den "rasanten Autoritätsverfall" der Bundeskanzlerin. Die Financial Times Deutschland titelt: "Griechen gerettet, Merkel geplättet".
Und auch die Koalitionäre selbst bewerten die Abstimmung nicht gerade als kleinen Lapsus. Das zeigt das sofort einsetzende Nachtreten und Schuldzuweisen. Die FDP bezichtigte die Union, "schuld" am Abstimmungs-Ausgang zu sein. Die Abweichler berichteten vom großen Druck und den Anfeindungen, denen sie ausgesetzt sind. In den Koalitionsparteien herrschte am Montag Defätismus und Untergangsstimmung. Gut möglich, dass die Stimmung bald völlig kippe, sagte einer, der gestern schweren Herzens mit der Kanzlerin stimmte.
Auf die Kanzlermehrheit kam es gar nicht an
Allerdings, ganz so dramatisch ist die Lage noch nicht. Maches Urteil von Opposition und Presse ist überzogen. Immerhin erzielte Schwarz-Gelb in der gestrigen Abstimmung eine eigene, einfache Mehrheit. Auf die Kanzlermehrheit, also: auf die absolute Mehrheit unter allen Bundestagsabgeordneten, kam es gar nicht an. Selbst wenn die rot-grüne Opposition mit den Linken geschlossen gegen das Hilfspaket gestimmt hätte, hätte dieses eine Mehrheit im Parlament erhalten. Gerhard Schröder verpasste in seiner Amtszeit die Kanzlermehrheit häufiger, gelegentlich sogar die einfache Mehrheit. So gesehen ist Schwarz-Gelb durchaus noch handlungsfähig.
Gleichwohl war es eine empfindliche symbolische Niederlage, die sich die Kanzlerin da eingeholt hat. Die Abstimmung hat dokumentiert, wie im Regierungslager die Zustimmung zum wichtigsten Politikfeld der Gegenwart, der EU-Politik, kontinuierlich sinkt. Die Zahl der Abweichler hat sich weiter erhöht. Im September waren es noch 15 Koalitionsabgeordnete, die gegen die Griechen-Politik stimmten oder sich enthielten. Inzwischen sind es 20.
Schlimmer noch für Merkel: Inzwischen hat der Zweifel an der Richtigkeit des Regierungshandelns auch das Bundeskabinett erreicht. Innenminister Friedrich verbalisierte mit seiner Forderung, Anreize für den griechischen Austritt aus dem Euro zu schaffen, eine durchaus populäre Stimmung. Zwar trug er das Paket letztlich mit, aber nur, wie er betonte, weil er es "vorläufig" für die beste Alternative halte.
Kommentare
Noch aber ist Merkel nicht sonderlich geschwächt?????
War Merkel denn überhaupt jemals stark? Worin bestand ihre Stärke?
Die Niederlage mit Gauck, keine Kanzlermehrheit gestern und heute Niederlage vor dem Verassungsgericht?
Worin besteht die Stärke von Merkel?
Dass niemand wagt gegen sie aufzustehen?
Kohl hatte Macht bis in den kleinsten Ortsverband, aber Merkel?
In der Schwäche der Opposition
SPD und Grüne scheinen geradezu vernarrte Fans von Angela Merkel zu sein, die nur auf jede Gelegenheit warten sich für den Machterhalt von Mutti ins Messer zu stürzen. Anders ist deren machtschwaches Agieren nicht zu verstehen.
Die CDU hätte in ähnlicher Siutation geschlossen gegen das Paket gestimmt, freilich mit dem Hinweis, dass man den Euro zwar retten wolle, nur halt nicht so, sprich der Weg wäre falsch.
Aber nicht nur, dass rot/grün dazu nicht in der Lage ist, stimmen sie sogar GESCHLOSSEN dafür, gegen die Meinung im Volke. Selbst wenn nur Teile zugestimmt hätten, nur um das Paket zumindest nicht zu kippen aber schwarz/gelb zu schwächen und als Opposition sichtbar zu werden, wäre das ein Weg gewesen. So fragt sich der Wähler...warum Merkel absägen, wenns danach eh wie gehabt nur in formaler grosser Koalition weitergeht?
Merkel bleibt, denn ...
>> Kanzlerin und Union hat das kakofone Erscheinungsbild der Regierung bisher ja bekanntlich in den Umfragen nicht sonderlich geschadet. <<
1. werden ihre Fehlentscheidungen permanent relativiert - sie würde "vom Ende her denken" heißt es dann gern.
Will wohl sagen: was Merkel macht, ist immer richtig. Das dumme Volk versteht es nur nicht, denn es kann in Weitsicht und Weisheit der großen Kanzlerin das Wasser nicht reichen.
2. haben wir keine Opposition.
Was fordert die Opposition?
Opposition sind auch die Linke! Wieso fordern die anderen Oppositionsparteien, die der Merkel zustimmen? Da kann man mal sehen, wie krank diese sogenannte Opposition ist!
Kakophonie
Ein Lob auf die Abgeordneten, die ihr Gewissen über den Fraktionszwang stellen. Das was hier passiert ist, sollte der Normalfall einer echten Demokratie sein. Unsere Parteienoligarchie lässt hierfür aber kaum Raum - und die Presse stimmt in den kakophonen Kanon der Opposition mit ein.
Schade!