"In jeder Krise liegt auch eine Chance." Mit diesen Worten stellte Gerhard Schröder vor genau zehn Jahren als Bundeskanzler dem Volk eine neue Kommission vor. Das 15-köpfige Gremium, in dem Vertreter von Politik, Gewerkschaften und Arbeitgebern saßen, trug den Titel "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt". Geleitet wurde es vom damaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz .
Er selbst hat mittlerweile einen unrühmlichen Abgang hingelegt. 2007 wurde er wegen Untreue verurteilt. Dafür ist sein Name in die deutsche Sprache eingegangen, auch eine der zahlreichen langfristigen Folgen der Kommissionsarbeit. Der Sinn kann dem Namensgeber kaum gefallen. Hartzen bedeutet bekanntlich soviel wie herumhängen oder gammeln.
Besser ergeht es da schon Altkanzler Schröder. Er wird für seine Politik von einst, zu der jene Kommission den Grundstein legte, heute gern als weitsichtiger Reformer gerühmt. Selbst die damalige Opposition zollt ihm dafür Anerkennung und stellt sich – zumindest teilweise – in seine Nachfolge. Auch im europäischen Ausland gilt Schröders Reformpolitik mittlerweile als "deutsches Modell", dem es nachzueifern gelte.
Doch hätte Schröder damals auch nur ansatzweise geahnt, was er mit seiner Kommission lostreten würde, man darf wohl davon ausgehen, dass er die Finger davon gelassen hätte. Das gilt in erster Linie für die politischen Folgen.
Arbeitsmarktreformen veränderten das Parteiensystem
Erst Schröders Agenda-Politik hat aus der ostdeutschen PDS und enttäuschten Sozialdemokraten die Linkspartei gemacht, die derzeit in 13 Landtagen vertreten ist und bei der letzten Bundestagswahl 11,9 Prozent erreichte. Auch die chronische Schwäche der SPD , die die 30-Prozent-Marke seit Langem nur noch von unten gesehen hat, nahm ihren Ausgang letztlich mit Schröders Kommission.
Die Etablierung der Linkspartei hatte für das deutsche Parteiensystem wiederum zur Folge, dass Zweier-Koalitionen generell schwieriger werden, und die Chancen speziell für ein rot-grünes Bündnis deutlich gesunken sind.
Darüber hinaus haben die Reformen, zu denen die Hartz-Kommission einst den Anstoß gab, auch das Lebensgefühl vieler Deutscher verändert. Seit bereits nach einem Jahr Arbeitslosigkeit jedem das Abrutschen in die Armut droht, egal wie viel er vorher verdient hat, ist der soziale Abstieg für breite Gesellschaftsgruppen zu einer realen Gefahr geworden. Sie sahen sich plötzlich mit Existenzängsten konfrontiert, die sie vorher nicht gekannt hatten.
Dieser Effekt war von den Reformern allerdings durchaus erwünscht. "Die Angst vor Hartz IV hat die Bereitschaft, auch einen schlechter bezahlten Job anzunehmen, deutlich erhöht", sagt etwa der stellvertretende Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Ulrich Walwei.
Was die Folgen für den Arbeitsmarkt angeht, gehören die Hartz-Gesetze denn auch zu den umstrittensten Sozialreformen, die es in Deutschland je gab. Für die einen ein Programm zur Verarmung eines Teils der Bevölkerung, sind sie für die anderen ein wesentlicher Grund für die sehr positive Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in den vergangenen Jahren. Waren 2005 noch mehr als fünf Millionen Menschen arbeitslos gemeldet, sind es heute noch drei Millionen.
Kommentare
Reform
Eine Reform dient der Verbesserung und nicht der Verschlechterung der Lebensumstände der Menschen.Dieses Gesetz hat nur Unheil gebracht und sorgte dafür das man selbst mit guter Ausbildung und willen für schlechtes Geld Arbeiten gehen muss und gerade so über die Runden kommt. Vielen Dank für gar nichts Herr Schröder und Herr Hartz. Die Menschen Kämpfen mit jedem Euro während sie es sich gut gehen lassen. Danke
Hartz...
...Vorschläge waren ursprünglich um einiges humaner, der H4-Grundsatz etwa. Hartz war selbst sehr frustriert, was daraus gemacht wurde und dass sein Name da dran hängt. Aus meiner Perspektive ein durchaus integrer Mensch, der allerdings im Kontakt mit der Managerkaste angefangen hat abzuheben. Außerdem ein Sachzwang-Getriebener und hemmungslos ausgesnutzt von Schröder, der die Kommissions- und Berater-Unsitte angefangen hat, um politisch nicht mehr angreifbar zu sein. Mittlerweile sehr etablierte Praxis in Berlin.
Schröder und Clement sind eindeutig die übleren Gestalten, nicht nur dass sie als Politiker die zugrundeliegenden Sachzwänge nicht angegangen sind, sondern sich selbst als "Pragmatiker" (fantasielose Vollstrecker) feiern liessen, sie haben sich auch noch auf gut dotierte Konzern-Posten abgesetzt und sind kritikresistent.
Schröder tourt sogar schon wieder durch Europa:
http://www.faz.net/aktuel...
und empfiehlt anderen das deutsche Dumping-Modell.
eld für die finanzassis - Armut für wirklich Notleidende
Reiche und Politiker haben ihr Schäfchen im Trockenen - auf Kosten der Allgemeinheit. Sie sollten sich schämen.
Statt dessen tingeln sie durch talk shows und reden Unsinn.
Geld für Notleidende. Kein Geld für Not leidende Banken.
Liebe Politiker: Traut Euch. Bänker haben nur Geld. Sie können sonst nichts. Gebt ihnen wenigstens die Verantwortung für die Zockerei zurück.
......
Wenn jemand sagt, Hartz IV hätte zur Senkung der Arbeitslosigkeit beigetragen, erzählt nur die halbe Wahrheit.
Das Gesamtvolumen aller geleisteten Arbeitsstunden fiel vom Jahre 2000 bis zum Jahre 2010 von 57,7 auf 57,4 Milliarden Arbeitsstunden.
Die Arbeit die es zu verrichten gab und gibt, wird auf immer mehr Köpfe verteilt - und jeder verliert dabei, weil die Einkommen dabei insgesamt sinken! Nie gab es so viele 400-Euro-Jobs wie heute!
Es hat einfach nur eine Arbeitsumverteilung statt gefunden, die viele Menschen ärmer gemacht hat. Das sollte man ebenfalls erwähnen, wenn man stolz behauptet, man hätte mit diesen Reformen die Arbeitslosigkeit gesenkt.
@3 zum Arbeitsvolumen
Es stimmt zwar, dass das Arbeitsvolumen 2000 mit 57,659 Mrd. Arbeitsstunden höher lag als 2010. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass wir 2000 am Ende eines längeren Wirtschaftsaufschwungs waren der uns mit 7,2% auch eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote bescherte, in 2010 lag sie bei 6,8%. Wenn man aber nun das Jahr 2005 mit 2010 vergleicht so sieht das schon anders aus: 2005 waren es 55,693 Mrd. Arbeitsstunden. In 2010 waren es 3,1% mehr. Die Arbeitslosigkeit erreichte 2005 mit 10,5% ihren Höhepunkt. Interessant wäre zu wissen wie groß das Arbeitsvolumen 2011 war, in dem Jahr lag die Arbeitslosenquote nur noch bei 5,8%. Nicht vergessen sollte man, dass die Einwohnerzahl 2010 um 686.000 niedriger lag als 2005 und um 508.000 niedriger als 2000.
Die Frage wäre ab wann haben die Hartz Regelungen angefangen zu wirken? Ich bin davon überzeugt, dass die Hartz Regelungen schon einen positiven Effekt auf die Beschäftigung hatte. Wie groß der aber nun ist, dass lässt sich praktisch nicht ermitteln. Vor allem deshalb nicht weil wir nicht wissen wie die Entwicklung gewesen wäre, wenn es die Hartz Gesetze nicht gegeben hätte. Vielleicht hätten wir ohne die Reformen heute 15% Arbeitslosigkeit? Ich weiß es nicht und das lässt sich leider auch nicht seriös feststellen. Eine moderne Volkswirtschaft ist viel zu komplex als das man mit der Empirie nachweisen könnte welche Reform welchen Effekt hat.
Das Arbeitsvolumen statt die ALquote zu nehmen ist aber eine gute Idee.
Immer noch der Name Hartz
Traurig aber wahr.Hartz einer der bestraften Politiker wird immer noch verbreitet. Eine Schande für die Bürger, die mit dem Namen des Mannes identifiziert werden. Wann endlich wird das geändert und der Reform ein anderer Name gegeben.
......
Falsch. Der Name ist genau richtig. Nichts zeigt die moralisch kaputte Welt besser als dies: Während der Namensgeber der Reform vielen Menschen eine unglaubliche Armut verordnete, ging er selber her und leistete sich ein unglaubliches Luxusleben.
Nichts und niemand beschreibt den Niedergang des Sozialstaates unter Schröders rot-grünen Regierung besser als diese Reform. Der Name muss so lange erhalten bleiben, bis wir endlich wieder das haben, was den Namen Sozialstaat auch verdient!