Die Steuerversprechen der schwarz-gelben Bundesregierung lassen sich nicht erfüllen: Die Pläne der Koalition zur Korrektur der sogenannten kalten Progression sind im Vermittlungsausschuss von Bundestag und -rat an den Stimmen von SPD und Grünen gescheitert.
Union und FDP wollten knapp vier Milliarden Euro aufwenden, um den Effekt der kalten Progression durch einen flacheren Verlauf des Steuertarifs abzumildern. Damit wollten sie zumindest ein Stück weit verhindern, dass Bürger bei moderat steigenden Löhnen, die lediglich zu einem Inflationsausgleich führen, durch dann automatisch steigende Einkommenssteuersätze steuerlich übermäßig belastet werden.
Die Opposition lehnte das zwar nicht grundsätzlich ab. Sie verlangt aber eine Gegenfinanzierung durch andere Maßnahmen – etwa die Erhöhung des Spitzensteuersatzes – und verwies auch deshalb auf die knappe Haushaltslage, die eine solche Entlastung allein derzeit unmöglich mache. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion , Otto Fricke , verwies dagegen auf die Bundestagswahl im kommenden Herbst: "Man hat jetzt schon gemerkt, dass es der SPD nicht um den Bürger, sondern um plumpe Wahlkampfeffekte geht."
Höherer Grundfreibetrag
Unstrittig war dagegen die Entscheidung über die Erhöhung des Grundfreibetrags um 126 auf 8.130 Euro . Zum einen hatte dies das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Existenzminimum so gefordert, zum anderen hatten die unionsregierten Länder diesen Passus vor der Abstimmung aus dem Gesetz zum Abbau der kalten Progression herausgelöst – und damit eine Zustimmung von SPD und Grünen möglich gemacht.
Insgesamt lagen dem Vermittlungsausschuss mit je 16 Vertretern vom Bund und aus den Ländern fünf Steuergesetze vor. Das Gremium verständigte sich auf eine Reihe steuerlicher Änderungen – wie Umsatzsteuerfreiheit für private Musikschulen, Steuerfreiheit für Reservisten, Fristen zur Aufbewahrung von Belegen oder weitere Steueranreize für Elektroautos als Dienstwagen.
Keine Einigung bei Gebäudesanierung
Keine Einigung gelang dem Ausschuss dagegen im Streit über die von der Koalition geplante steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung, die die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden mit 1,5 Milliarden Euro belastet hätte. Die Bundesregierung überlegt nun, alternativ ein Zuschussprogramm der staatlichen Förderbank KfW auf den Weg zu bringen, das ein KfW-Programm zur Zinsverbilligung von Krediten zur Gebäudesanierung ergänzen soll.
Endgültig gescheitert ist das Steuerabkommen mit der Schweiz , das den Kauf von CDs mit Daten deutscher Steuerhinterzieher bei Schweizer Banken beenden sollte. Die Vertreter von SPD und Grünen ließen sich auch hier nicht umstimmen und blieben bei ihrem Nein .
Kommentare
CDU/CSU und FDP haben es selbst verbockt!
Bevor CDU/CSU und FDP jetzt wieder anfangen, den Sündenbock beim Abbau der kalten Progression auf die Opposition zu schieben, sei an Folgendes erinnert:
Die Koaliton hätte die kalte Progression nach der Regierungsübernahme 2009 aus eigener Kraft abschaffen können, da sie damals noch die Mehrheit im Bundesrat gehabt hat. Der Abbau der kalten Progression steht und stand im Koalitonsvertrag und somt auf der To-Do-Liste. Leider hatte man aus wahltaktischen Gründen (NRW-Wahl im Mai 2010) im ersten halben Jahr der Regierungszeit so gut wie nichts unternommen. Dabei war für jeden erkennbar, dass Eile geboten war, weil NRW „zu fallen“ drohte.
Fazit: Die aktuelle Regierung hat es selbst verbockt!
Nebenbei bemerkt empfand ich es schon 2009 nach Veröffentlichung der Regierungsziele eine Verunglimpfung des mündigen Bürgers als man erklärt hatte, dass Steuererleichterungen leider ausfallen, ABER man diese AB 2013 möglicherweise ein wenig anstreben könnte (das Stichwort "Abbau Kalte Progression" war damit übrigens nicht primär gemeint). Das Jahr "2013" stand von Beginn an für "am Ende unserer Regierungsperiode". Dieses Verhalten kann und konnte nur zwei Dinge bedeuten:
1. Steuererleichterungen werden nicht ernsthaft verfolgt, aber der naive Bürger wird mit hohlen Phrasen bei Laune gehalten.
2. Bei Regierungsende gibt es Wahlgeschenke.
@ 1 Kritischer Geist
Hindern Ihre teilweise richtigen Argumente daran, die kalte Progression jetzt abzuschaffen? Überhaupt nicht. Die Opposition ist es. Die Motive hätte wenn und aber sind dem Bürger herzlich egal.
Unreflektierte Einheitsmedien?!
Es ist wieder typisch für unsere "Einheitsmedien":
Heute wird überall über die Verhinderung des Abbaus der kalten Progression berichtet; im "Morgenmagazin" war dies sogar das Top-Thema.
Leider wird dabei überall wieder im typischen „Einheitsbrei“ von aktuellen Vorgängen berichtet, ohne dies in den Gesamtkontext einzuordnen. Weshalb erwähnt niemand, dass die aktuelle Regierung bis Mai 2010 selbst die Möglichkeit gehabt hätte, die kalte Progression abzuschaffen? Dies würde lediglich 1-2 Sätze benötigen, dafür aber noch einen ganz anderen Blickwinkel auf die Bewertung der aktuellen Lage bringen.
Seit Wochen platziert die erste Reihe der Verlagshäuser an exponierten Stellen ihrer Erzeugnisse das Loblied auf die Qualität und Vielfältigkeit. Weshalb sind die Redakteure heutzutage nicht mehr in der Lage, reflektiert über aktuelle Ereignisse zu berichten und den Lesern im Artikel ein wenig(!) Hintergrundinformation zu geben?
Wenn es andererseits darum geht, ganz subtil parteipolitisch gefärbt zu schreiben, sind doch viele Medien auch ganz vorne mit dabei (damit spreche ich jetzt nicht explizit die hiesige Zeitung an).
Plumpe Wahlkampfeffekte der Regierung
Bei dem Satz von Herrn Fricke musste ich lachen. Dieses "Reformvorhaben" der Regierung ist doch plumper Wahlkampf und nicht die Haltung der Opposition. Opposition ist auch dazu da, sich gegen die Regierung zu stemmen, wenn sie deren Politik für falsch hält.
Und die Opposition hat auch recht: Die kalte Progression zu mildern ist richtig, aber Deutschland macht wieder Milliardenschulden und jetzt sollen nochmal 4 Milliarden dazukommen - ohne Gegenfinanzierung. Solides Haushalten nenne ich das...
Gerechtigkeit ala SPD und Grüne.
Daß ausgerechnet die SPD die teilweise Abschaffung der kalten Progression ablehnt, ist schon mehr als verwunderlich, zumal die immer eine ihrer "Herzensangelegenheiten" war.
Die Spitzenverdiener sollen es nach dem Willen der SPD und Grünen wieder einmal richten - sprich bezahlen. Liebe Leute von der SPD, seit ihr eigentlich noch recht bei Trost? Deutschand nimmt in diesem Jahr so viel an Steuern ein wie noch nie - und euch fällt nichts anderes ein, als das Schließen dieser "Gerechtigkeitslücke" durch eine neue Steuererhöhung zu finanzieren? Muß ich darauf schließen, daß bei Euch das Wort Sparen immer noch so ein Unwort ist wie viele Jahrzehnte das Wort Elite?
Na ja, Frau Kraft in NRW hat vor den letzten Wahlen auch hoch und heilig versprochen, endlich zu sparen um die Schuldenlast zu senken. Nichts davon wird umgesetzt.
Ich möchte zu gerne wissen, wie Steinbrück als Kanzler mit dieser Partei, die so gar nicht seinen Überzeugungen entspricht, überhaupt regieren kann.