Für die Gegner der neuen Brüsseler Wasser-Politik ist die Sache klar: Die Bösen sind die Kapitalisten und Lobbyisten. Sie wollen Profit machen, mit einem Gut, auf das jeder Mensch angewiesen ist, das mancherorts bereits knapp ist und das riesige Gewinnmargen verspricht.
Wenn man Wolfgang Schorlau zuhört, klingt es zuweilen wie in seinen Krimis. Der Autor hat über die Praktiken der internationalen "Wassermafia" (nicht nur er nennt sie so) ein spannendes Buch geschrieben, das auch einige Politiker aufmerksam gelesen haben. Schorlau ist auch Aktivist. Er unterstützt eine Bewegung, die sich Right2Water nennt. "So eine große Unterstützeraktion hat Europa noch nicht erlebt", sagt Schorlau.
Wie egoistisch und fahrlässig private Wasserkonzerne mit dem lebensnotwendigen Gut umgehen, hat sich in den Städten gezeigt, in denen sie bereits den Wassermarkt kontrollieren. In London, Paris oder Berlin wurde das Trinkwasser nicht nur teurer, sondern auch schlechter, nachdem es privatisiert worden war. Und nun treibt ausgerechnet ein französischer EU-Kommissar die Liberalisierung des europäischen Wassermarktes voran. Dabei sei doch bekannt, dass die größten Wasserkonzerne Europas aus Frankreich kommen. "Verstehen Sie?", fragt Wolfgang Schorlau.
Right2Water ist ziemlich erfolgreich. Bis Donnerstagmittag hatten 1,15 Millionen Menschen in ganz Europa den Aufruf gegen die neue Brüsseler Wasserpolitik unterschrieben. Es ist das erste Mal in der Geschichte der EU, dass eine europäische Bürgerinitiative von mehr als einer Millionen Menschen getragen wird und so Aussicht auf Erfolg hat. Wenn nämlich in mindestens sieben Ländern ein bestimmtes Quorum erreicht ist, muss sich die Europäische Kommission mit diesem Protest beschäftigen und Stellung beziehen.
Motor der Protestbewegung
Organisiert wird die europäische Unterschriftensammlung von Gewerkschaften und Umweltverbänden. In Deutschland ist die Dienstleistungsgesellschaft ver.di hauptsächlich aktiv, die viele Mitglieder hat, die in der kommunalen Wasserversorgung tätig sind. Man habe als Gewerkschaft "europaweite Strukturen", von denen man nun profitiere, sagt Mathias Ladstätter, der die ver.di-Bundesfachgruppe Wasserwirtschaft leitet und einer der Organisatoren von Right2Water ist.
Explodiert sind die Unterstützerzahlen erst in den vergangenen vier Wochen, sagt Michael Bender von der Grünen Liga, die ebenfalls an der Protestbewegung beteiligt ist. Auslöser waren zwei Satiresendungen im ZDF, deren Thema die Brüsseler Wasserpolitik war. Anschließend stiegen die Klickzahlen der Kampagne merklich an. Auch einige Facebook-Aufrufe, zuletzt etwa von SPD-Chef Sigmar Gabriel, taten ihre Wirkung.
Deutschland ist der Motor der Protestbewegung. In anderen Ländern ist die Resonanz überschaubarer. Während hierzulande bereits mehrere Hunderttausend Menschen unterschrieben haben, sind es in Frankreich wenige Tausend, in Zypern nicht einmal hundert. Das nötige Quorum ist neben Deutschland erst in Österreich, Belgien, Slowenien und der Slowakei erreicht. Finnland und Malta könnten die nächsten sein. Einige "große Länder wie Italien oder Spanien" sollte man aber schon noch knacken, damit die Aktion in Brüssel richtig Eindruck macht, sagt einer der Aktivisten. Noch sei der Rücklauf in diesen Ländern aber leider bescheiden. Doch bis Ende Oktober ist noch Zeit.
Kommentare
Water makes money - Dokumentarfilm von Arte
Ich kann nur jedem empfehlen den 90min Dokumentarfilm 'Water makes money' von Arte zu dem Thema anzuschauen.
http://videos.arte.tv/de/vid…
Danke.
Vielen Dank, dass Sie auf diese Dokumentation hingewiesen haben.
Als ich von den zwei "Satiresendungen" im ZDF las, hatte ich gehofft, dass der Autor wenigstens im nächsten Satz auch die hervorragende und absolut ernst zu nehmende ARTE-Doku erwähnt. Das tat er leider nicht.
Die Doku hatte massenhaft Argumente, die dieser Artikel hätte aufgreifen und diskutieren können - z.B. weshalb Großstädte wie Paris ihre Wasserwirtschaft wieder kommunalisieren.
Das tat er leider nicht.
Weil das Arte-Video allerdings "momentan nicht (mehr) zur Verfügung steht" verweise ich auch noch auf Youtube: https://www.youtube.com/watc…
Wem gehört Europas Wasser?
Wasser ist eine lokale Ressource, die Mensch, Tier und Pflanze gehört, darum sollte sie auch lokal verwaltet werden - von der Kommune, dem lokalen Repräsentanten des Volkes.
Wem gehört Europas Wasser?
Der Kapitalismus in seinem finalen Stadium verwertet alles was greifbar ist und zu Geld gemacht werden kann.
Natürlich betrifft das auch zukünftig die Daseinsversorgung. Je mehr so ökonomisiert und damit privatisiert wird, desto größer die Ungerechtigkeit.
J.J. Rousseau schrieb mal folgendes:
„Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen »Dies gehört mir« und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: »Hütet euch, dem Betrüger Glauben zu schenken; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört.“
Demnächst behaupten dann Veolia und Nestle, dass das Wasser ihnen gehöre. Und weil es in Europa genügend überzeugte Sklaven und Untertanen gibt, werden die damit sogar durchkommen. Um für die wenigen die sich an diesen illegetimen Irrsinn nicht gebunden fühlen, gibt es einen "Rechtsstaat", der im Zweifelsfall Polizist neben den Brunnen stellt und aufpasst, dass niemand unberechtigt Wasser nimmt.
Wollen wir nichts lernen ?
Wenn die Trinkwasserproduktion und der -verkauf privatisiert werden, gibt es in Zukunft nicht nur Fleischskandale sondern auch Trinkwasserskandale , dem sich keiner , auch Veget(aner ) nicht , entziehen kann . Dem Trinkwaaser droht schon jetzt Nitrat / Herbicid/Insektizidbelastung , die gesundheitsgefährdent ist und in Zukunft auch Frackingprodukte. Sollen die privaten Unternehmen uns davor schützen ?
Ob die Fracking-Mafia
in Deutschland den gleichen Erfolg haben wird, wie in den USA, halte ich doch für äußerst fraglich.
Schließlich sind die Deutschen ja kein Volk, dass auf Grund von zu ausgeprägter Religiosität nicht zum kritischen Denken fähig wäre.
Oder?
"Korruption und Intransparenz"
Wer wissen möchte, wie Korruption und Intransparenz geht, kann sich ja ein beliebiges PPP-Projekt herausgreifen. Zum Beipiel auf offenlegunh der Verträge bestehen. TollCollect etwa oder die A7(?) in Niedersachsen, die schon jetzt reparaturanfälig ist.
Die Verträge des CBL.
UndUndUnd.