Meine Generation, so scheint es auf den ersten Blick, ist mit Glück gesegnet. Wir wachsen in Frieden auf, in einem der reichsten Länder der Welt. Doch in Wahrheit steht es schlecht um uns. Das verraten schon die Embleme, die man mir und meinen Altersgenossen aufklebt: Generation Praktikum. Generation Burnout. Generation Politikverdrossenheit. Generation Altersarmut. Das klingt nicht nach Glückskindern, das klingt nach Zukunftsangst. Leider stimmt es bei vielen.
Als wir zur Schule gingen, sagten uns die Lehrer, uns stünde die Welt offen. An der Universität rechneten uns dann unsere Professoren, die noch umsonst studiert und promoviert hatten, die Vorzüge von Bildungsgebühren vor. Wir nahmen Kredite auf. Wir gingen auf die Jagd nach Bildungsscheinchen. Soft Skills probten wir im Ehrenamt. Und dann noch Auslandssemester und Sprachkurse, Zusatzqualifikationen. Der Arbeitsmarkt sieht das gerne. Die Psyche weniger. Die Wartezeiten bei psychologischen Beratungsdiensten wurden länger und länger. Haben wir unseren Abschluss, wetteifern wir in der globalisierten, deregulierten Wirtschaft um begehrte Arbeitsplätze.
Wir sind Getriebene. Auf der Realschule sagte man uns: Bei der Sparkasse stellen sie nur noch mit Abitur ein. Bei der Hauptschule hieß es: Beim Handwerk erwarten sie eigentlich Realschulabschluss. Schon im ersten Semester wussten wir, nach dem Bachelor-Studium gibt es nicht genügend Master-Plätze. Eine ständige Entwertung unserer Zukunftschancen ist das, eine Inflation. Dem hecheln wir hinterher.
Der Ideal-Arbeitnehmer ist ein optimiertes Produkt
Die Zeit gerader Erwerbsbiographien ist nicht nur für meine Generation vorbei. Doch wir spüren das bereits in unserer Ausbildung. Der neue Ideal-Arbeitnehmer ist ein durch und durch optimiertes Produkt, das ständig neue Features braucht, um nicht zu veralten. Das verursacht Stress, Unsicherheit und auch Zukunftsangst.
Unbezahlte Praktika sind in vielen Berufsfeldern längst normal. Unnormal aber ist es, diesen Praktikanten dann im Anschluss einen Arbeitsvertrag zu geben, gar einen unbefristeten. Trotz geringer Arbeitslosigkeit hangeln sich viele gut ausgebildete junge Leute von einem Zeitvertrag und Honorarjob zum nächsten. Statt einer Festanstellung machen viele langfristige Bekanntschaften mit Zeitarbeitsfirmen. Es fehlt schlicht der politische Wille diese Entwicklung zu stoppen. In Italien nennt man meine Generation die 1.000-Euro Generation. In Griechenland heißt sie die 700-Euro Generation.
Wir sind mit menschengemachten Naturkatastrophen aufgewachsen. Als Tschernobyl explodierte, war meine Mutter mit mir schwanger. Alle paar Jahre beobachten wir scheiternde Klimakonferenzen. Echte Resultate erwartet sowieso niemand mehr. Aus Fukushima wird jeden Monat routiniert der radioaktiv verseuchte Wasserstand gemeldet. Was viele nicht begreifen: Das Wort Endlager hat aus der Perspektive eines 20-jährigen Menschen einfach eine andere Bedeutung. Unser ökologisches Erbe, unsere ökologische Last ist Folge der politischen Entscheidungen unserer Eltern. Das ist bitter.
Kommentare
Ihre Generation.
Ihre Generation ist den anstrengungslosen Wohlstand gewöhnt und glaubt das sie als Facharbeiter mehr als 1300€ Brutto verdienen.
Die Entbehrungen welche die Vorgängergenerationen hatten um Europa zum Schlaraffenland zu machen sehen sie leider nicht.
Überkonsum wird als Selbstverständlichkeit erachtet und bitte irgendwas mit BWL hauptsache richtige keine körperliche harte Arbeit.
Is klar...
"Die Entbehrungen welche die Vorgängergenerationen hatten um Europa zum Schlaraffenland zu machen sehen sie leider nicht."
Leider sehen Sie nicht, welche Entbehrungen auf unsere Generation zukommen, bzw. was wir heute schon entbehren müssen. Um mal einen sehr wahren Twitter Spruch zu zitieren: "Was darf man von einer Gesellschaft erwarten, in der man einen Fernseher für eine Null-Prozent-Finanzierung bekommt, aber Studiendarlehen verzinst?!"
Wir zahlen für unser Studium, wir zahlen für die Rentner von heute und sollen für unsere eigenen Renten am besten auch gleich selbst bezahlen. Wir sollen Banken, Ozeane, die Luft, das Klima, die Renten und was weiß ich nicht was alles retten, aber wie das sagt uns niemand. Wir sollen uns bitte sehr den Ar... aufreißen, aber den Mund geschlossen halten...
Ehrlich ich packe es nicht. Es ging keiner Generation so gut, wie der meiner Eltern. Die Renten waren sicher, die Gehälter hoch, es gab meistens unbefristete Verträge, eine sichere Zukunft und sauberer Strom?? Bitte warum sollte man sich mit solchen Kleinigkeiten aufhalten...
Ich würde mir ein bißchen weniger Arroganz wünschen und ein bißchen mehr Verständnis, für eine Generation die vieles regeln, für das wir leider nichts können....
Welche Wirrnis
Ja, ich glaube tatsächlich, dass wir als qualifizierte Arbeitskräfte einigermaßen bezahlt werden sollten.
Ich glaube auch, dass ich nach 3 Jahren Oberstufe und 5 Jahren Studium mehr verdienen sollte als jemand, der nach der 10. Klasse von der Schule abgegangen ist, immerhin habe ich 8 Jahre meines Lebens zur besseren Qualifikation verwendet.
Ich glaube drittens, dass es unakzeptabel ist, meine Arbeitskraft umsonst oder zu einem Hungerlohn über ein Praktikum in Anspruch zu nehmen.
Ich habe durchaus schon körperlich gearbeitet, u.a. zur Finanzierung meines Studiums. Aber ja, Leute mit IQ 120+ und Top Ausbildung wollen typischerweise nicht primär körperlich arbeiten. Hat aber nix mit Faulheit zu tun, ich wäre geistig einfach völlig unterfordert.
Das alles hat überhaupt nichts damit zu tun, dass mir nicht bewusst wäre, dass unsere Eltern und vor allem unsere Großeltern es schwerer hatten. Nur, warum sollte ich bereit sein, in weitgehender Armut zu leben, wenn dies nicht nötig ist, nur, damit ein paar reiche Prozent noch mehr Reichtum bekommen können?
Warum...
sollten Sie mehr verdienen, nur weil Sie an einer Hochschule waren.
Ist Ihre Qualifikation denn zwingend mehr Wert als die eines Facharbeiters?
Welche Qualifikation erwirb man mit dem Abitur?
Probleme bekannt...
Lösungen hat die Autorin aber auch keine anzubieten.
Immerhin ein selten substanzhaltiger Beitrag
der sicher von der Autorin als Appell gemeint ist -
Fragt sich: Bitte an wen genau gerichtet???
Hoffentlich in erster Linie an die eigenen Reihen. Allen voran ihrem gewählten Vorstand, Bernd Schlömer, der nach seiner spektakulären Wahl auf Vermittlung vom Springer-Verlag mit Old Henry Kissinger ziemlich intransparent plaudern durfte. - Worüber eigentlich ? Über die Probleme von Katharinas Generation?
Leider haben die Piraten es nicht verstanden, aus der überwältigenden Woge des Vorschuss-Vertrauens ( auch aus der Mitte ) der Wahlbevölkerung heraus bis in die Parlamente hinein, eine substanzhaltige Programmatik zu entwickeln, die realistisch umsetzbare Lösungsansätze enthält.
Trotz Marina Weisbands persönlichem Bekenntnis zur "Liquid Democracy" ist diese Idee längst irgendwo im "Shit-Storm" hängengeblieben - und hat im Grunde genommen kaum noch was mit den überwiegend männlichen Internet-Junkis der Piraten-Partei was zu tun.
Schöner Kommentar
Gefällt.
Und an Kollegen wie John Doe; was ist aus der Prämisse geworden, seinen Kindern ein gutes, vielleicht besseres Leben zu ermöglichen, als man es selbst hatte?
Noch besser???
Wie wollen sie den Lebenstandard denn noch steigern?
Die westliche Wertegemeinschaft ist da führend!
Über Grundbedürfnisse muß man sich keinen Kopf mehr machen, Kulturbedürfnisse werden als selbstverständlich erachtet und sind es meist sogar und nun foprdert diese verwöhnte Genration das Luxusbedürfnisse nun auch noch selbstverständlich werden.
Das ist dreist, unfair und fürchterlich egoistisch.
Ich schäme mich für diese Generation.