Nein, dies ist keine Hippie-Folklore. Die Grünen meinen es ernst mit dem "Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes". Sie haben ihre Vorschläge für das legale Anbauen und Kiffen besonders detailgenau erarbeitet: 60 Seiten umfassen die Ideen, an denen die Fraktion ein Jahr lang gefeilt hat. Am heutigen Freitag wird die Initiative der Oppositionspartei erstmals im Bundestag beraten.
Die Grünen wollen erreichen, dass der Anbau, Verkauf und Besitz von Cannabis künftig erlaubt ist. Bis zu 30 Gramm soll ein Erwachsener mit sich herumtragen oder bei sich daheim lagern dürfen. Der Stoff soll auf staatlich kontrollierten Flächen angebaut und nach der Ernte in schweren, diebstahlgeschützten "Wertschutzschränken" aufbewahrt werden. Schließlich soll das Haschisch und das Marihuana in Fachgeschäften von speziell geschulten Angestellten ganz legal verkauft werden. Kommt ein Kunde so oft, dass man sich Sorgen um ihn machen muss, sind die Verkäufer aufgefordert, auch auf Beratungsangebote für Suchtkranke hinzuweisen.
Damit der Cannabis-Konsum nicht allzu attraktiv wird, wollen die Grünen auf das Rauschmittel eine Steuer erheben. Die Einnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro jährlich könnten nach den Vorstellungen der Partei künftig in die Suchtprävention fließen.
Wem das Cannabis im Shop zu teuer ist, der soll nach dem Willen der Grünen künftig auch selbst anbauen dürfen: Bis zu drei Cannabis-Pflanzen in den eigenen vier Wänden würden dann legal sein – der Züchter darf die Ernte auch behalten, wenn diese 30 Gramm übersteigt.
Strenger Jugendschutz?
Den Fachpolitikern ist es wichtig zu betonen: Der Gesetzentwurf entkriminalisiere die Droge nicht nur, sondern er achte besonders auf den Jugendschutz. Unter 18-Jährige dürften die Cannabis-Läden nicht betreten, jeder Käufer solle sich ausweisen müssen. Wer dennoch an Minderjährige verkauft, müsse mit einer Haftstrafe rechnen, ebenso wie ältere Geschwister, die ihren Joint mit Minderjährigen teilen. Für Autofahrer soll eine Mindest-Rauschgrenze für die Fahrtüchtigkeit eingeführt werden, ähnlich wie beim Alkohol.
Schon lange wird um die Gefährlichkeit von Cannabis gestritten: Es gibt Studien, wonach Alkohol eine gefährlichere Droge für Erwachsene ist als Cannabis. Außerdem hält die Tatsache, dass der Verkauf von Cannabis in Deutschland verboten ist, die Konsumenten nicht ab: Schätzungen zufolge kiffen 2,3 Millionen Deutsche, 22 Prozent der Jugendlichen im Alter von 15 bis 16 Jahren haben den Stoff schon einmal probiert. Der deutsche Staat legt die Gesetze bisher recht liberal aus. Wer im Besitz kleiner Mengen Cannabis ist und erwischt wird, handelt zwar illegal, bekommt aber meist keine Strafe. Die Toleranzgrenze liegt in den meisten Bundesländern bei sechs Gramm, in Berlin beträgt sie zehn Gramm.
Allzu große Hoffnungen dürfen sich Joint-Raucher aber angesichts des Grünen-Vorstoßes nicht machen: Die große Koalition hat schon angekündigt, dass sie dem grünen Gesetzentwurf nicht zustimmen will. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU) sagt, aus "gesundheitlichen Gründen" könne man eine Freigabe von Cannabis nicht verantworten. Schon heute werde die Droge vor allem von Jugendlichen verharmlost. "Ich möchte nicht mehr Suchtabhängige, sondern weniger", sagt Mortler.
Die ablehnende Haltung zum Grünen-Vorstoß sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass politisch derzeit so einiges in Bewegung ist: Die Bundesregierung will künftig chronisch Kranken Cannabis
auf Rezept freigeben. Andere Länder versuchen sich bereits mit Cannabis-Shops auch für Gesunde: zuletzt die US-Bundesstaaten Colorado und Washington. Und aus den Niederlanden ist bekannt, dass die liberale Drogenpolitik nicht zu mehr Suchtkranken führte.
Die Regierungspartei SPD ist daher dabei, sich neu zu positionieren. Weil der Koalitionspartner Union strikt gegen eine liberalere Drogenpolitik ist, überlegen die Genossen, das Thema im Bundestagswahlkampf 2017 gezielt auszuspielen. "Mir persönlich geht eine generelle Freigabe von Cannabis zum Kauf zu weit", sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis. Dazu gebe es in der SPD aber unterschiedliche Sichtweisen, die derzeit diskutiert würden. Die Partei sei sich aber einig, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis entkriminalisiert gehöre. In den Bundesländern werde die Toleranzgrenze sehr unterschiedlich ausgelegt, dies sollte vereinheitlicht werden, betont Mattheis.
Kommentare
Seit den siebziger Jahren
setzt die Politik auf ein Modell aus Prohibition und Strafverfolgung, um den Konsum hierzulande illegaler Drogen in den Griff zu bekommen. Rational betrachtet bleibt nur die Feststellung, Suchtprobleme und Beschaffungskriminalität lassen sich damit nur sehr bedingt in den Griff bekommen.
Selbstverständlich ist der Konsum von Cannabis niemals in Gänze unproblematisch und für minderjährige schon gar nicht. Ob dies angesichts der Verfügbarkeit von Chrystal Meth, Amphetaminen etc. für die Gesellschaft jene Bedrohung darstellt, die Gegner einer Legalisierung gerne draus machen, dies bleibt durchaus in Frage zu stellen.
Die jüngsten Erfahrungen in den USA sind da durchaus ermutigend, insbesondere weil der Staat sehr ordentlich über Steuern beteiligt ist / wird.
Vorschlag zur Verwendung der Steuereinnahmen
Zitat:
"Die jüngsten Erfahrungen in den USA sind da durchaus ermutigend, insbesondere weil der Staat sehr ordentlich über Steuern beteiligt ist / wird."
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Von diesen Geldern könnte man dann Inklusionspädagogen bezahlen, die während der Stunde hinten im Klassenraum sitzen und für diejenigen Schüler, welche sonst benebelt dazwischenquatschen würden, Angebote mit feinmotorischen Übungen und Denksportaufgaben bereithalten.
Dann könnte der Lehrer sich wieder den lernwilligen Schülern zuwenden und mit ihnen fachlich arbeiten.
Immer mal wieder
Das alte Spiel. Ich halte generell nichts von der massiven Bevormundung des Staates, sei es bei Drogen oder Zensur. Es greift mir zu sehr in meinen Privatbereich ein der den Staat nichts angeht solange ich niemandem schade.
Das Argument, die Allgemeinheit müsste für die Schäden, gesundheitliche oder sonstige, aufkommen macht auch nur bedingt Sinn, da ich denke, dass beispielsweise Zigaretten, Alkohol oder auch einfach nur schlechte Ernährung bedeutend höhere Kosten verursachen. Mal davon abgesehen, dass es dadurch evtl. weniger exzessive Alkoholkonsumenten geben wird da es sich ein wenig verlagern wird. Nicht viel, aber ein wenig.
Das Alkohol weit schlimmer als Cannabis ist sollte jedem klar sein, allerdings wäre aus Sicht des Staates ja dann irgendwie die logische Schlussfolgerung Alkohol auch zu verbieten. Das Verbote von Sachen die das Volk will, bei vermuteten Konsumentenzahlen von 2,3 Millionen kann man durchaus davon sprechen, nichts bringen sollte man aus der Prohibition gelernt haben.
Einfach mal über den Atlantik schauen
(sonst ist das doch auch nicht so schwer)
-marijuana possession arrests have dropped 84% since 2010
-Decrease in Crime Rates
-Economic Benefits: 16,000 people were licensed to work in the marijuana industry
...
Statusreport der US Behörde http://www.drugpolicy.org...
Und was macht die Schweiz?
"Städte wie Genf, Basel oder Zürich haben die Idee von Fachleuten aufgenommen und bemühen sich um ein Pilotprojekt für den Handel und Konsum. In eigens geschaffenen Klubs soll Cannabis angebaut, vertrieben und von den Mitglieder konsumiert werden können." http://www.nzz.ch/zuerich...
Kurz gesagt: Verbote bringen nichts: http://www.tagesspiegel.d...
Entfernt. Bitte nutzen Sie die Kommentarfunktion für sachliche Beiträge zur Debatte. Die Redaktion/ums
Man kann sich dumm kiffen
"Wer es in der Entwicklungsphase übertreibe, kiffe sich im schlimmsten Fall regelrecht dumm: Betroffene können komplexe Sachverhalte nicht mehr verstehen, haben Wortfindungsstörungen und schaffen es nicht mehr, in Schule und Beruf mitzuhalten."
Ich glaube es gibt genug Süchtige, bei denen das auch vor dem Canabis Konsum schon so war.
In aller erster Linie
SAUFEN sich die Menschen hier das Hirn weg. Und das kümmert die Tugendwächter auch nicht. Da wird sogar mit der gefährlichsten und tötlichsten Droge neben Heroin und Meth nicht nur beim politischen Aschermittwoch in die Kamera geprostet.Zerbrochene Biographien, kaputte Familien, immer wieder Kinder die darunter leiden, Gewalt, sozialer Abstieg,Krankheiten, psychische Störungen, 45000 Alkoholtote im Jahr. Eine enormes physisches wie psychisches Abhängigkeitspotential und ständige Verfügbarkeit. Alkoholismus ist eine Krankheit die nicht geheilt sondern nur angehalten werden kann ansonsten zwangsläufig in den Tod führt. Wie hoch ist die Rückfallrate nach Abstinenzversuchen und teuren Therapien? 88 Prozent oder höher?Die Ursachen sind noch immer nicht klar. Characterschwäche ist es jedenfalls nicht. Es kann jeden treffen. Diese Doppelmoral ist unerträglich. Aber über Doppelstandards muss man sich im Wertefeinen Westen eh nicht mehr wundern.