Thüringen schaltet als erstes Bundesland die V-Leute des Verfassungsschutzes ab. Eine entsprechende Entscheidung hat Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) in Abstimmung mit Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) getroffen, berichtet die Thüringer Allgemeine. Der Minister habe im Anschluss das Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages, das für die Überwachung der V-Leute zuständig ist, informiert.
"Es ist genau das vereinbart, was im Koalitionsvertrag steht", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Das System der V-Leute werde nicht fortgeführt, Ausnahmen sollen in "begründeten Einzelfällen zum Zweck der Terrorismusbekämpfung" aber möglich sein. Nähere Details wurden "aus Gründen der Geheimhaltung, zum Schutz des Einzelnen und der grundsätzlichen Verantwortung des Freistaats" nicht bekannt. Linke, SPD und Grüne hatten in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, die V-Leute bis auf Einzelfälle abzuschalten. Zudem soll der Verfassungsschutz stärker kontrolliert werden.
Mit dem Schritt reagiert die thüringische rot-rot-grüne Landesregierung auf das Versagen der Behörden im Zusammenhang mit den Morden des rechtsextremen NSU. Ministerpräsident Ramelow hatte in seiner ersten Regierungserklärung im Dezember betont, die Abschaffung der V-Leute sei eine "Konsequenz aus den abscheulichen Verbrechen" der rechtsextremen Terrorgruppe. Eingesetzt werden V-Leute etwa in rechtsextremistischen, linksextremistischen und islamistischen Milieus.
Kritik von Thüringer Opposition und anderen Bundesländern
Der zuständige Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags hatte den Thüringer Sicherheitsbehörden – Verfassungsschutz, Polizei und Justiz – in seinem Abschlussbericht im Sommer 2014 gravierende Fehler bescheinigt. Behörden hätten die Flucht und das Untertauchen der Gruppe im Jahr 1998 bewusst begünstigt, so der Vorwurf.
Kritik an der Entscheidung der Regierung kam von der Thüringer Opposition und aus anderen Bundesländern. Thüringens CDU-Fraktionschef Mike Mohring nannte die Abschaltung der V-Leute "gefährlich, unverantwortlich und lebensfremd". Das Bundesland isoliere sich damit im Verfassungsschutzverbund, sagte er. Der Verfassungsschutz solle im Vorfeld aufklären. Wenn V-Leute
erst bei erkennbarer Terrorgefahr eingesetzt würden, "ist es zu spät".
Auch der sächsische Innenminister hält nichts von der Abschaffung der V-Leute. Das Land sei für die "sensiblen Beobachtungen eines guten Verfassungsschutzes" auf "unmittelbare Einschätzungen und Eindrücke von Menschen angewiesen", sagte Markus Ulbig (CDU) der Thüringer Allgemeinen. Ähnlich sieht es das SPD-geführte Innenministerium der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen. Der Einsatz von V-Leuten sei ein nachrichtendienstliches Mittel, das insbesondere in extremistischen Bereichen notwendig sei.
NSU kam aus Thüringen
Die drei mutmaßlichen NSU-Terroristen stammten aus Thüringen. 13 Jahre lang lebten sie im Untergrund, in dieser Zeit sollen sie zehn Menschen ermordet und zwei Sprengstoffanschläge verübt haben. In Thüringen hatte sich auch der erste harte NSU-Unterstützerkern gebildet. Im November 2011 wurden Mundlos und Böhnhardt tot aufgefunden, Beate Zschäpe muss sich derzeit vor dem Oberlandesgericht München verantworten.
Kommentare
Wahnsinn
Wir wissen gar nicht, wie viele Anschläge schon durch V-Leute verhindert wurden. Diesen ideologisch verbrämten Supermurks werden wir noch bitter bezahlen.
Aber wir wissen zu gut,
dass so mancher Anschlag durch V-Männer initiert oder unterstützt wurden.
Ach echt?
"Das Land sei für die "sensiblen Beobachtungen eines guten Verfassungsschutzes" auf "unmittelbare Einschätzungen und Eindrücke von Menschen angewiesen", sagte Markus Ulbig (CDU) der Thüringer Allgemeinen"
Auf der einen Seite sollen wir mehr und mehr in unseren Freiheiten beschnitten werden und das geht nur mit Überwachung total.
Auf der anderen Seite ist das zwar für Otto-Normal-Verbraucher gut und richtig, allerdings nicht für die rechts-, linksextremistischen und Islam-extremistischen Gruppen?
Dann hoffen wir mal, dass Thüringen kein rechtes Problem bekommt
Ein linkes Problem haben sie ja schon.
Welches linkes Problem hat denn Thüringen?
Können Sie das mal genauer erläutern?
Versagen?
<< Mit dem Schritt reagiert die thüringische rot-rot-grüne Landesregierung auf das Versagen der Behörden im Zusammenhang mit den Morden des rechtsextremen NSU. <<
Ich würde eher auf Vorsatz tippen.
Die hohe kriminelle Energie war schon bei der Personalie des ehemaligen VS-Präsident von Thüringen vorhanden, welcher vor seiner Beförderung im Fall des Herrhausen-Attentates 1990 einen ehemaligen, psychisch labilen, drogensüchtigen V-Mann zu einer Falschaussage erpresste, die (unschuldige) RAF-Mitglieder belastete.
Es war das LfV Thüringen, dass unter seiner Führung die paar vorhandenen militanten Neonazis nicht bekämpfte, sondern mittels V-Leuten noch erheblich stärkte und deren Strukturen ausbaute.
Es ist auch bis heute nicht klar, ob es noch weitere V-Leute im Umfeld des NSU gab, es steht sogar zu befürchten, dass das NSU-Trio (Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe) selbst, Kontakte zum Verfassungsschutz hatte und von diesem gesteuert wurde.
Aufklärung wird bis heute mit allen Mitteln verhindert, Akten fallen in den Schredder, Beamte leiden unter Amnesie, Zeugen sterben unter dubiosen Umständen...
Minikorrektur
Zitat: "des ehemaligen VS-Präsident von Thüringen vorhanden, welcher vor seiner Beförderung im Fall des Herrhausen-Attentates"
Bei dem VSler mit dem erwähnten Fall "Nonne" handelt es sich um den aus Hessen stammenden späteren Vize-Präsidenten des Thüringer Amtes, der dann die Opposition gegen den Präsidenten Roewer anführte und das Amt nach dessen Suspendierung 2000 für ein halbes Jahr lang führte.
Ansonsten: Die Mittel zur Subventionierung von Extrmeisten, die den VSler gerade das erzählen, was den V-Mannführern für Berichte reicht, aber die Szene nicht gefährdet, können in bessere Auswertung, Obvervation etc, fließen - ud VSler können weiterhin mit Extremisten sprechen - sie müssen sie nur nicht mehr unbedingt bezahlen und mit de facto Straffreiheit belohnen.
100000 Euro für einen Thüringer Informanten plus 27 für ihn schadlose Ermittlungsverfahren korrumpieren den Staat zuverlässig - für ein de facto Nullergebnis (Konzerttermine etc...). Um an "geheime" Erfolge zu glauben, bräuchte es Vertrauen in den VS - das zu haben erfordert unrealistischen Aufwand, geradezu Naivität.