Wenn er jetzt keinen Fehler macht, wird er die Edathy-Affäre überstehen. Thomas Oppermann weiß das. Konzentriert präsentiert sich der SPD-Fraktionsvorsitzende am Mittwoch dem Untersuchungsausschuss des Bundestages. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt Sebastian Edathy über die Ermittlungen in Kanada gewarnt – weder direkt noch indirekt", stellt Oppermann in seinem Eingangsstatement zum wiederholten Mal klar.
44-mal hat der Untersuchungsausschuss des Bundestages getagt, mit der Sitzung an diesem heißen ersten Julitag gehen die parlamentarischen Ermittlungen zu Ende. Bekam der ehemalige SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy einen Tipp, dass gegen ihn wegen des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt wurde, und wenn ja, von wem? Diese Frage, die die Abgeordneten beantworten wollten, ist auch deshalb wichtig, weil die Ermittler davon ausgehen, dass Edathy vor der polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung Beweise beiseitegeschafft hat. Wäre er also gezielt gewarnt worden, ginge es auch um Strafvereitelung: Unter anderem weil die Beweislage recht dürftig war, einigte sich das Landgericht Verden mit Edathy im März auf die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage.
Die Abgeordneten von Union und Opposition vermuten, dass die SPD-Führung tiefer in die Edathy-Affäre verstrickt ist, als sie es zugibt. Vor allem zur Rolle Oppermanns bleiben Fragen und Widersprüche – doch es gibt keine Beweise, dass seine Version nicht der Wahrheit entspricht.
Das BKA hat sich geirrt
Oppermann sagt, er sei am 17. Oktober 2013 – zu Beginn der Koalitionsgespräche – von SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber informiert worden, dass Edathys Name auf einer Kundenliste für Fotos von nackten Jugendlichen stand. Auch der damalige Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sei eingeweiht worden. Er habe dann noch seinen Bekannten, den damaligen Chef des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke, angerufen und gehofft, mehr zu erfahren. Ziercke habe ihm aber jegliche Auskunft verweigert.
In der vergangenen Sitzung hatte es viele Fragen dazu gegeben, ob diese "Informationskette" wirklich zeitlich so hatte stattfinden können. Die Gespräche hätten in sehr kurzer Zeitfolge, also binnen Minuten geführt werden müssen, weil Gabriel erst in einer Sitzungspause der Koalitionsgespräche Steinmeier informiert haben will und weil Oppermann schon um 15.29 Uhr beim BKA anrief – so dokumentierte man es jedenfalls dort. Kurz sah es so aus, als wäre damit erwiesen, dass Oppermann gelogen hat. Doch zu Beginn dieser Woche stellte das BKA klar: Wir haben uns zwischen Sommer- und Winterzeit geirrt. Der Anruf war erst um 16.29 Uhr, die Uhrzeit wurde in der Telefonanlage falsch abgelesen.
Nun gebe es wohl keinen Zweifel mehr an der Version der Parteispitze, betont Oppermann gleich zu Beginn seiner erneuten Aussage vor dem Ausschuss mit schneidender Stimme. Keine Frage: Die Aufregung der letzten Sitzung, als er spätabends nur noch kurz vernommen wurde, hat er noch nicht ganz verdaut. Umso mehr nervt es Oppermann, dass die Vertreter der Opposition und auch des Koalitionspartners CDU weitere Fragen stellen.
"Warum informierte Sigmar Gabriel Sie?", fragt der CDU-Obmann im Ausschuss. "Waren Sie als damaliger Fraktionsgeschäftsführer der Richtige, um den Auftrag auszuführen?" Oppermanns Blick wird kalt: "Ich hatte keinen Auftrag", antwortet er.
So geht es hin und her, stundenlang. Oppermann fühlt sich angegriffen, antwortet zunehmend patzig. Doch er bleibt dabei: Im Herbst 2013 wollen er, Steinmeier und Gabriel mit niemandem über die brisanten Vorwürfe geredet haben – nur die heutige Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht wurde bei Amtsantritt eingeweiht. Gemeinsam wollte die Partei- und Fraktionsspitze nach eigenen Angaben verhindern, dass Edathy wegen der anrüchigen Vorwürfe einen Posten in der großen Koalition bekäme – und sonst schweigen. Erst im Februar 2014 wurden die Vorwürfe gegen Edathy öffentlich.
Union und Opposition hingegen halten es durchaus für möglich, dass die SPD-Führung vorab einen Mittelsmann beauftragt hat, um Edathy angesichts der Vorwürfe zum diskreten Mandatsverzicht zu bewegen. So unterhielten sich Oppermann und der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann im November 2013 über den angeschlagenen Gesundheitszustand Edathys. Oppermann will Hartmann nichts gesagt haben über die Ermittlungen wegen Kinderpornografie-Besitzes, ihn aber gebeten haben, sich um Edathy zu "kümmern." Er habe damals versucht, Hartmann schnell abzuwürgen, sagte Oppermann vor dem Ausschuss.
Kommentare
Unredlich
Traurig, wie (absichtlich) unfähig dieser Untersuchungsausschuss geführt wurde. Da hätte ein Hans-Christian Ströbele mehr draus gemacht und nicht einfach die Widersprüche auf sich beruhen lassen.
Dies beschädigt die SPD, die CDU und auch die Demokratie.
Gewinner ist die CDU, denn der Fraktionsvorsitzende Oppermann ist angezählt und dürfte handzahm für Mutti sein. Großer verlierer ist Siggi Gabriel, der aus hier einfach zugesehen hat und sich damit unglaubwürdig machte.
Hätte hätte Fahradfette
Der Ströbeler hat aber nicht mehr draus gemacht und, wies in Artikel steht "gibts nichts zu beweisen" und somit ist auch niemand Schuld dran und die Sache erledigt.
Mir tun immer nur die Kinder so leid, die durch das Verhalten dieser Kinderschänder zu Schaden kommen.
Dürfen wir auf Wikileaks hoffen
Also dieses Krähennest wird sich untereinander die Augen niemals aushacken.
Entweder Wikileaks oder der freie, investigative Journalismus wird hier als 4. Kraft tätig.
Die Bürger werden verar... und können nichts bis wenig tun; der indirekten Demokratie sei NICHT gedankt! 18,2 Mio Nichtwähler scheinen immer noch nicht genug, weil das Wahlrecht in Deutschland eh alles glättet.
FJS hatte es auf den Punkt gebracht: wenn in Bayern 100 Leute zur Wahl gehen und 51 davon mich wählen, dann habe ich die absolute Mehrheit.
Leider gälte das auch für andere Parteien!
Ich hoffe auf gar nichts mehr.
Selbst wenn etwas auf Wikileaks veröffentlicht wird, ändert sich nichts, es wird einfach ausgesessen und gut ist. Für mich ist das Thema Politik abgegessen. Ich habe lange Zeit versucht Menschen zum Wählen zu bewegen, damit sich mal etwas ändert, aber die Zeiten sind vorbei. Ich gehe nun nicht mehr zur Wahl und werde auch für's Nichtwählen werben. Ich werde immer älter und darf Wahlperiode für Wahlperiode mitbekommen, wir sich eh nicht ändert, bzw das was sich ändert verschlimmert die ganze Situation nur noch mehr. Nun hoffe ich, das die Nichtwähler eine 2/3 Mehrheit bekommen und diese komplett korrumpierte Demokratie überdacht werden muss. So kann und darf es einfach nicht mehr weitergehen und wir haben keine andere Möglichkeit mehr uns zu wehren, als diesem System komplett abzulehnen! Mir wird immer mehr klar, weswegen CDU/SPD alle 4 Jahre die Bürger anbetteln zur Wahl zu gehen, denn nur so können die ihre Verbrechen unbestraft weiterführen. Nicht mehr mit mir!
Das hat alles eine lange Tradition
Ich habe damals die Arbeit des Flick-Untersuchungsausschusses intensiv verfolgt. Als der tief verstrickte Helmut Kohl kurz vor seinem Rücktritt stand - es war am Anfang seiner Kanzlerschaft -, wurde er durch die Bemerkung "jeder könne einmal ein Blackout haben" gerettet.
Innenminister Zimmermann durfte lügen, Schäuble sogar den Bundestag anlügen.
Kohle und Koch haben "brutalstmöglich" die Arbeit der Untersuchungsausschüsse in ihren Schwarzgeldaffären behindert.
Warum soll sich die SPD-Spitze anders verhalten?
Dämliche Untersuchungsausschüsse
Dass sie als Politiker vor dem Untersuchungsausschuss lügen, ist doch klar. Dass Sie wenn Sie in irgendeiner Akte lesen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen einen guten Kollegen eingeleitet wird, dies dem diskret mitteilen, ist zumindest menschlich. Auch das man der Dissertation plagiatiert, ist eigentlich ein Kavalierdelikt. Natürlich wird in der Politik - wo Menschen miteinander verhandeln- überall taktiert, manupiliert, gelogen und getrickst. Wäre es nicht so, würden wir endgültig von Idioten regiert, bei denen man sich nicht mehr wundern muss, warum die sich von den Griechen über den Verhandlungstisch ziehen lassen. So realistisch muss man schon sein.
Was einfach enttäuschend ist, ist diese völlig weltfremde Moral, die Medien mittlerweile an die Politische Kaste anlegen. Im Grunde genommen ist es doch klar: Auf wen die Presse die Lupe ausrichtet, der ist so richtig dran. Selbst ein Christian Wulff, bei dem die Staatsanwaltschaft nach einem Jahre langen Millionen teuren Ermittlungsverfahren nicht mal die kleinste strafbare Unregelmäßigkeit fand und der damit wohl einer der saubersten Deutschen überhaupt sein dürfe, half das alles nichts. Das ganze ist nur noch Soap mit reinem Selbstzweck.
Wenn's hingegen wirklich um was geht, herrscht dagegen schweigen. Nachdem zig Mrd für die Griechenlandrettung verblallert wurden und sie trotzdem vorhersehbar scheitert, wird kein einziger Kopf in der dt. Bundesregierung rollen. Bei Fehlern in der Sache findet keine Abrechung statt.
Unwählbar
Stempel, und Punkt!