Wer Gabriele Löwnaus Zeugenaussage im NSA-Ausschuss hört, der versteht viel besser, wie ungestört der BND in den vergangenen Jahren arbeiten und dabei offensichtlich seine Kompetenzen überschreiten konnte. Löwnau, Referatsleiterin beim Bundesdatenschutzbeauftragten (BfDI) und dort zuständig für den Datenschutz in den deutschen Sicherheitsbehörden, berichtet den Abgeordneten erst einmal ausführlich von den vielen Verpflichtungen, die ihre achteinhalb Mitarbeiter zu erfüllen haben: Allein die Kontrolle des Trennungsgebots von polizeilicher und geheimdienstlicher Datenerfassung in der Terrorismusbekämpfung binde fast alle Ressourcen des kleinen Behördenreferats, erklärt sie fast entschuldigend.
Es ist der Versuch einer aufrichtigen Datenschützerin, das Versagen zu erklären, das dann folgt: Erst nach den Snowden-Enthüllungen im Sommer 2013 sei ihr Haus erstmals auf die Idee gekommen, der Überwachungsstation von BND und NSA in Bad Aibling einen Besuch abzustatten. "Bad Aibling ist vorher nie kontrolliert worden", sagt Löwnau.
Die Planungen des Kontrollbesuchs in brisanten Zeiten zogen sich hin. Erst im Dezember 2013 konnte eine dreiköpfige Delegation aus Löwnaus Referat nach Bayern reisen und das auch nur für einen Tag. In Bad Aibling angekommen, erlebten die Datenschützer eine böse Überraschung: "Wir dachten, wir machen da mal 'ne kurze Kontrolle und haben schnell gemerkt: So geht das nicht", sagt Löwnau. Die Geheimdienstler hätten der Delegation mindestens sechs Dateien mit Millionen von Überwachungsdaten präsentiert, die aus der weltweiten Satellitenkommunikation abgespeist worden waren. Dem BfDI, eigentlich Kontrollorgan des Bundes, sei bis dato aber nur die Existenz zweier solcher Dateien bekannt gewesen. Die Besucher, darunter nur ein Techniker, waren überfordert, verstanden nicht, was sie vor sich hatten.
"Unzulässige Beschränkung unserer Kontrollbefugnis"
Im Oktober 2014, also fast ein Jahr später, kehrten sie dann auf Veranlassung von Löwnau noch einmal zurück. Das Kontroll-Team wurde auf sechs Personen aufgestockt, fast alle Referatsmitarbeiter waren also diesmal in Bad Aibling. Doch die nun drei Tage dauernde Aufklärungsarbeit wurde ihnen alles andere als leicht gemacht: Der BND verweigerte den Datenschützern den Zugang zum NSA-Überwachungsbereich auf dem Gelände – genannt die "Blechdose". Auch die Suchbegriffe, mit denen die Geheimdienste die digitale Kommunikation zum Beispiel auf bestimmte Telefonnummern und E-Mail-Adressen durchforsteten, durften sie nicht einsehen. "Wir finden, dass das eine unzulässige Beschränkung unserer Kontrollbefugnis ist", sagt Löwnau, die sich mit ihrem Team aber offenbar dem Schicksal fügte.
Wie präsent seien die Amerikaner auf dem Gelände, das heute offiziell nur noch der BND nutzt, will die Linken-Abgeordnete Martina Renner wissen. Ihr sei berichtet worden, die amerikanischen Geheimdienstler hätten nur Zugang zur Kantine und dem "Vorraumbereich Haus 8", sagt Löwnau. Da sitzen allerdings die Techniker des BND.
Nicht alles bekamen die Kontrolleure zu sehen, doch auch das Gezeigte bereitete den Datenschützern Kopfzerbrechen. "Wir haben später in der Dienststelle erst mal aufgelistet, was wir jeweils verstanden haben und uns dann gegenseitig abgesichert: Hat das jemand anders verstanden?", sagt Löwnau. Wegen der allgemeinen Verunsicherung hätten die Datenschützer beschlossen, auch nur einen "Sachstandsbericht" zu schreiben und dem Bundeskanzleramt keine rechtliche Bewertung der Überwachungsdateien vorzulegen, die sie gesehen hatten. Der vorläufige Prüfbericht des BfDI ist streng geheim, über ihn darf in öffentlicher Ausschusssitzung nicht geredet werden.
Zweifel daran, dass Gesetze eingehalten werden
Doch in der Befragung sagt die BfDI-Expertin deutlich, dass sie große Zweifel daran hegt, dass in Bad Aibling die Gesetze eingehalten werden. Der BND und die Bundesregierung gehen davon aus, dass Daten, die von Satelliten abgefangen wurden, nicht den strengen deutschen Gesetzen unterliegen und so einfacher überwacht werden können – die sogenannte Weltraumtheorie. "Sie überzeugt mich nicht", sagt Löwnau.
Auch die Behauptung des Auslandsgeheimdienstes, durch seine aufwändigen Filtersysteme würden "bis zu 99 Prozent" der Daten von Deutschen ausgeleitet und gelöscht, vermag Löwnau nicht zu folgen. Niemand wisse, wem die Millionen erfasster Metadaten gehören, sagt die Mitarbeiterin der Datenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff. "Uns war klar: Auch nach der Filterung besteht die Gefahr, dass deutsche Staatsbürger vom BND erfasst werden." Für einen solchen Fall bräuchte der Geheimdienst allerdings eine besondere Genehmigung der G10-Kommission des Bundestags.
Kommentare
Hat das jemand etwas anderes erwartet?
Nö.
++ Obmann Christian Flisek sprach am Donnerstag von "Schlamperei, Unfähigkeit und Organisationsversagen" im deutschen Auslandsgeheimdienst. ++
Unfähigkeit ist es, wenn Flisek hier von Schlamperei oder Unfähigkeit schwadroniert, beschwichtigt.
Der BND ist eine Behörde...die werden wohl kaum freiwillig, aus eigenem Antrieb MEHR Arbeit machen, als sie müssen.
Wenn in der privaten Wirtschaft wie im Staat gewirtschaftet würde....holy Moly, was für Schleichechsen!
Na ja, da gibt es in der privaten Wirtschaft auch große Unternehmen, deren Geschäftsmodell wie das des BND auch auf tricksten, täuschen, und tarnen beruht.
...niemand hatte damals die Absicht eine Mauer zu bauen.
Und niemand -seitens der Politik und des NSA-Ausschusses-hat heute die Absicht diese Affäre WIRKLICH aufzuklären.
Hier sind andere Institutionen/Organisationen gefordert - fühlt ihr euch herausgefordert? Dann lasst Haare fliegen.
Zitat aus dem Artikel: "Uns war klar: Auch nach der Filterung besteht die Gefahr, dass deutsche Staatsbürger vom BND erfasst werden. Für einen solchen Fall bräuchte der Geheimdienst allerdings eine besondere Genehmigung der G10-Kommission des Bundestags."
Ich gebe es zu, bin nicht der Geheimdienstmensch. Aber ich zitiere ja nur aus dem Artikel. Auf deutsch: Bestenfalls gut gemeinte, trotzdem gesetzeswidrige Überwachung, ohne wirksame Kontrolle. Geschweige denn Regulierungsmöglichkeit.
Und Frage: Macht in diesem Parlament irgendwann, irgendwer mal irgendetwas Sinnvolles? Also nicht nur "Parteipolitik", sondern - ich wage es kaum zu sagen - Staatspolitik im Sinne D? Gesetzesüberwachung, egal was? Balance and changes - ein Begriff? Montesquieu? Gewaltenteilung? Nein? Also die Regierung macht und tut in Parlamentszuständigkeiten und letzteres schaut zu? Verfassungsbruch? "Ermächtigung" ohne gesetzeswidrige "Ermächtigung", einfach so? Na hallo.
Aber scheint so: Eine große Ansammlung von bestenfalls gleichgültigen, auch intellektuell nicht ernstzunehmenden - und handlungsunfähigen - Parteisoldaten wohl, sry.
Und in anderen Bereichen wohl dto., sry. Stichwort nur zu diesem Thema: NSA. Hat da wer Mut? Ausser mal DIE LINKEN? Oder außerparlamentarisch, ob AfD, Pegida, wer auch immer...?
Erbärmlich, Herr Gauck, oder. Aber ich habs Maul mal ganz objektiv aufgemacht...
Mal schauen obs durch die ZON-Zensur geht.
Wir sollten den Amerikanern vertrauen. Diese haben jahrzehntelang zum Wohl des deutschen Volkes entschieden. Und wenn es hilft, Schläfer des IS und andere Terroristen aufzupüren, so kann dies nur im Interesse der freien, westlichen Welt sein.
Vollste Zustimmung! Und wenn es den IS nicht gäbe, wie vor ein paar Jahren, dann gibt es andere Schläfer die aufgespürt werden müssen. Schließlich gibt es immer Schläfer!
Dass dann trotzdem jemand mit Kochtöpfen Läufer hochjagt oder mit Leute mit Kalaschnikovs Satiriker killen, egal. Schließlich ist "helfen" ein dehnbarer Begriff und es ja immer mal etwas durch die Canyons fallen.
Es ist auch nicht so, dass die Terroristen wüssten, wie sie ihre Spuren verschleiern. Absolut lachhaft, diese Turbanträger wissen doch bestimmt nicht mal wie man eine Maus benutzt!