Wie die CSU über Flüchtlinge in Deutschland redet, geht für einen Vertreter der katholischen Kirche in Bayern zu weit. Der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs hat sich über eine zugespitzte Äußerung von Andreas Scheuer empört. Der CSU-Generalsekretär hatte vergangene Woche im Regensburger Presseclub die Probleme bei der Abschiebung von Flüchtlingen mit den Worten kommentiert: "Das Schlimmste ist ein Fußball spielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier – als Wirtschaftsflüchtling. Den kriegen wir nie wieder los."
Fuchs konterte am Wochenende via Facebook: "Na dann, liebe
Pfarreien und Sportvereine, lasst das mal mit eurer Integrationsarbeit.
Herr Scheuer übernimmt. Künftig übt er mit
ihnen Querpässe und Kniebeugen. Er fährt aufs Zeltlager und kauft ihnen
die Trikots. Er feiert mit ihnen Geburtstag und hört sich nächtelang
ihre Fluchtgeschichten an. Vielleicht betet er sogar mit ihnen."
Am Sonntag sagte Fuchs der Mittelbayerischen Zeitung, ihm sei der Kragen geplatzt, als er von Scheuers Aussagen gelesen habe. "Ich war einfach sauer, dass die Ministrantenarbeit für etwas herhalten muss, was eigentlich ein politisches Problem ist und durch Gesetzgebung und Verwaltung geregelt werden muss." Von Scheuer verlangte er "etwas mehr Differenzierung statt Sport- und Kirchenschelte".
In den sozialen Netzwerken löste die Reaktion des Generalvikars eine lebhafte Debatte mit Zustimmung und Kritik aus. Fuchs wertete dies als Hinweis darauf, dass er wohl einen Nerv getroffen habe. Fuchs und die Regensburger Bistumsleitung hatten sich noch vor wenigen Wochen selbst von Flüchtlingsvertretern Kritik zugezogen, als Asylbewerber aus mehreren Balkanländern den Regensburger Dom besetzten, um für ein Bleiberecht zu demonstrieren. Zunächst gelang es, sie zu einem Umzug in ein benachbartes Pfarrheim zu bewegen und dort zu versorgen. Nach dem Scheitern der weiteren Verhandlungen wurde die Aktion nach fünf Wochen von der Polizei beendet und das Pfarrheim geräumt.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und CSU-Generalsekretär Scheuer hatten den Fall zuletzt mehrfach angeführt, um auf Grenzen des Machbaren bei der Flüchtlingsaufnahme hinzuweisen. Generalvikar Fuchs machte dazu am Sonntag der Mittelbayerischen Zeitung klar, Abschiebungen seien für ihn nicht von vornherein inakzeptabel. Die katholische Kirche in Deutschland sei "weder der Meinung, dass alle, die zu uns kommen, bleiben können sollen, noch vertreten wir die andere Extremposition, dass es längst zu viel ist". Scheuer habe jedoch mit seinen Äußerungen den nötigen Mittelweg verlassen.
Scheuer sagte, sein Satz sei eine bewusste Zuspitzung gewesen. "Im Zusammenhang ging es um die Schwierigkeit, abgelehnte Bewerber nach einem abgeschlossenen, rechtsstaatlichen Verfahren wieder zurückzuführen, wenn diese sich über einen längeren Zeitraum hier aufhalten." Zugleich habe er die Leistungen des Ehrenamtes bei der Integration mehrmals gelobt.
Bewusste Zuspitzung beim Gespräch im Presseclub Regensburg https://t.co/jTbsJZDfN1
— Andreas Scheuer (@AndiScheuer) 18. September 2016
Kommentare
Ich hätte die Unterüberschrift etwas anders formuliert. Der Generalvikar eines Bistums ist der Stellvertreter des Bischofs und damit ein ziemlich hochrangiger Geistlicher. Bei Vikar denke ich spontan an einen Pfarrvikar, einen Priester, der einer Gemeinde zugewiesen ist, aber nicht der (leitende) Gemeindepfarrer ist. Oder die evangelische Bedeutung, einen "Pfarrer in Ausbildung" - hier ist ein Vikar so etwas wie ein Rechtsreferendar im Justizdienst. Ein Theologe, der das 1. Examen bestanden hat, dem zum Pfarramt aber noch das zweite fehlt.
Ja, stimmt, der hochwürdigste Herr Generalvikar, keine kleine Leuchte in der Kirchenhierarchie. Aber wie hieß es so schön zur Heimatstadt der "Zeit":
"Katholikentag in Hamburg. Da guckt der Hamburger erst mal, sowas kennen die ja mal gar nich' ..." - frei nach Matthias Beltz. Immerhin, für CSU-Generalsekretäre lässt sich das inzwischen ja auch sagen.
Ich vermute, so ein CSU-Generalsekretär konsultiert seine demoskopischen Umfragen und stellt fest, dass er notfalls mit einem deutschnationalen und antiklerikalen Sound (im Noten-Repertoire der bayerischen Staatspolitik seit Maximilian von Montgelas) noch ein, zwei Prozentpünktchen mehr machen könnte als mit einem klaren, nicht bloß geheuchelten Bekenntnis zu einer christlich fundierten Wertordnung. Früher, als die Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS noch als bayerische Trachtengruppe geführt wurde, muss das eher noch schlimmer gewesen sein.
Wer liberal-katholische Werte finden will, sucht sie in der rheinisch-westfälischen CDU oder im bayerischen Fußvolk, aber doch nicht im CSU-Parteiamt für Hetzerei bis hart an die Aufmerksamkeitsgrenze eines bayerischen Staatsanwalts (Edmund Stoiber: "durchrasst und durchmischt").
Leute, die moralisch so tief gesunken sind, um CSU-Generalsekretär werden zu können, lassen von ihren Parolen erst ab, wenn die Damen aus der Frauenunion mit der Kündigung drohen oder dem Kerlchen diskret den gegelten Kopf waschen.
Einfach mal an der Grenze deutlich "Nein" sagen
"Im Zusammenhang ging es um die Schwierigkeit, abgelehnte Bewerber nach einem abgeschlossenen, rechtsstaatlichen Verfahren wieder zurückzuführen, wenn diese sich über einen längeren Zeitraum hier aufhalten."
Das trifft zu,
es wird unmöglich sein,
bei Hunderttausenden der sich im Lande aufhaltenden
Eingereisten ohne Ausreiseabsicht die Herkunft zweifelsfrei festzustellen,
gescheige denn, sie wieder außer Landes zu bekommen.
Das heißt: Herr Scheuer hat zwar zugespitzt, er hat in der Sache aber durchaus Recht.
Es ist aber auch ne Sauerei. Statt dass die Leute uns in Ruhe lassen und in Krieg undoder Armut verrecken, machen die einfach das bestmögliche (nicht Beste) draus und machen einfach rüber.
Da sollte eine _christliche_ _soziale_ Partei wirklich "halt stop schiessbefehl so geht das gar nicht" sagen.
Unterschiedliche Positionen kann man ja haben bei dem Thema.
Aber wenn Solches schon eine Verrohung der Sprache rechtfertigen soll, wie tönt denn das wenn es in Echt eng wird?
"Unterschiedliche Positionen kann man ja haben bei dem Thema.
Aber wenn Solches schon eine Verrohung der Sprache rechtfertigen soll, wie tönt denn das wenn es in Echt eng wird?"
Dazu kommt, dass eine Verrohung der Sprache letztlich auch nur denen hilft, die sowieso schon extreme Positionen einnehmen. Wenn man in der Diskussion nur noch laut "Nazi" und "linksversiffter Gutmensch" hört, geht die Sachdiskussion vor die Hunde.
Wenn der Senegalese ministriert ist er integriert. Für mich ein Bruder im christlichen Glauben.
Im Gegensatz zur antichristlichen Münchner CSU, die einen Schatzmeister toleriert der an einer Abtreibungsklinik in München mitverdient. Welches einstimmig vom Vorstand der Münchner CSU abgesegnet wurde.
Heuchler! Heuchler! Heuchler!
'Wenn der Senegalese ministriert ist er integriert.'
Aha, so einfach ist Integration also. Wunderbar.