Seit Monaten rauft sich alle Welt die Haare: Was zur Hölle ist los mit der SPD? Wie kann die älteste und geprüfteste Partei Deutschlands so komplett den Sinn dafür verlieren, wer sie ist, was sie soll?
Plötzlich ist da eine Antwort und sie hat einen Namen: Jörg Sartor. Der Mann, der jetzt als Leiter der Essener Tafel bundesweit Furore machte, weil er einstweilen keine Ausländer mehr neu aufnehmen will, ist im Grunde der ideale Sozialdemokrat. Bergarbeiter bis zur Frührente, Sohn eines SPD-Bezirksvertreters, Spross einer Familie von SPD-Wählern hat er genau den inneren Kompass, die politische Unbeirrbarkeit, die so viele an der Parteispitze vermissen lassen.
Nachdem ihn moralische Verdammnis aus dem Kanzleramt ("nicht gut") und sogar der Nazivorwurf ereilt haben, zog er sich nicht in den Schmollwinkel zurück, wie es etwa Martin Schulz mit Sicherheit getan hätte. Sator blieb, mal laut lachend, mal genervt, auf seinem Posten und bei seiner Position: Bis das Verhältnis zwischen Ausländern und Deutschen, das derzeit bei 70 zu 30 liegt, sich wieder normalisiert hat, hält er am Aufnahmestopp fest.
Wie absurd der Vorwurf des Rassismus an die Adresse Sartors ist, zeigen die nackten Zahlen. Als die Essener Tafel vor 23 Jahren anfing, waren 40 Prozent ihrer Besucher Ausländer – weit mehr als der Anteil in der Bevölkerung, nach der Flüchtlingskrise waren es 75 Prozent. In den sozialen Einrichtungen, die von der Tafel regelmäßig beliefert werden, sind es 90 Prozent. Grade weil Sartor so bombensicher ist, kein Rassist zu sein, nimmt er sich heraus, seine Beobachtungen zu teilen.
Die SPD will den Verteilungskonflikt nicht sehen
"Die Anstellmentalität ist häufig nicht so da, die Erwartungshaltung ist höher", hatte er über die arabischen und türkischen jungen Männer unter den Kunden, die in der Schlange oft deutsche Omas und alleinerziehende Mütter aus dem Weg schubsten. Die will er aber wiederhaben.
Niemand aus der Führungsetage der Sozialdemokraten, von Sigmar Gabriel einmal abgesehen, will diesen Elefanten im Raum sehen. Dass es einen faktischen Verteilungskonflikt zwischen den Ärmsten gibt, wollen schon die wenigsten Parteifreundinnen und -freunde einräumen. Noch weniger wollen zur Kenntnis nehmen, dass der deutsche Sozialstaat, sein Kindergeld, sein Hartz IV, seine Asylbewerberleistungen auch für die eine gigantische Attraktion darstellt, die keine Aussicht auf Bleiberecht haben.
Lieber produzieren die Sozialdemokraten Scheinlösungen wie: Wenn wir die Rüstungsproduktion einstellen würden, hätte niemand ein Problem. Wenn wir nur mehr Geld in die Armutsbekämpfung, in die Fluchtursachenbekämpfung stecken, dann wird das schon. Der Satz "Wir waren zuerst da" hat für die meisten Sozialdemokraten keinerlei politische Legitimation. Sie wollen nicht einsehen, dass man entweder einen derart großzügigen Sozialstaat haben kann wie die Bundesrepublik, oder Einwanderungsraten auf dem aktuellen Niveau – aber eben nicht beides, jedenfalls nicht auf Dauer. Wenn irgendeine Partei diese Nachricht auf dem Schirm haben muss, dann doch wohl die Sozialdemokratie.
Sartor ist einer der wenigen Sozialdemokraten, die selbstbewusst und ohne schlechtes Gewissen diesen Sozialstaat verteidigen, den die SPD so maßgeblich und unter erheblichen Schmerzen und Verlusten mitgeprägt hat. Der Aderlass der SPD an die Linke beruhte immer auf dem Vorwurf, Gerhard Schröder habe mit der Agenda 2010 den Armen einen Stiefeltritt verpasst. Bis heute leiden Sozialdemokraten an dem Gefühl, da könnte was dran sein.
Nicht so Jörg Sartor, ein Mann der seit 13 Jahren ehrenamtlich Kisten schleppt, Brote schmiert, Hilfe zusammentrommelt. Die Suggestion, er verstieße Flüchtlinge in den Hunger ("Hunger Games" hatte ihm die Fernsehmoderatorin Dunja Hayali ernsthaft unterstellt) parierte Sartor gelassen: "Wenn wir morgen hier die Tür abschließen, verhungert in dieser Stadt kein Mensch. Es gibt leider Gottes Tafeln, die was anderes behaupten." Die auch von Sozialdemokratinnen erkämpfte Grundsicherung für sozial Bedürftige ist eben das: Sie versorgt Menschen mit dem Nötigsten. Die Tafel, die gespendete und weggeworfene Lebensmittel verteilt, soll sie nicht vor dem Tod bewahren, sondern ihnen die Möglichkeit geben, zu sparen, um das Geld für etwas anderes auszugeben. Mitarbeiter einer Berliner Tafel berichten, manche verkauften die Lebensmittel.
Kommentare
"weil er einstweilen keine Ausländer mehr neu aufnehmen will,..."
Frau Lau, auch Sie machen hier nicht die allerwichtigste Unterscheidung. Zum 1000 Male: Herr Sartor hat nicht die Ausländer ausgeschlossen, WEIL sie Ausländer waren, sondern weil DEREN VERHALTEN nicht mehr zu ertragen war. Die ganzen Debatten lenken vom eigentlichen Thema ab. Und solange wir + die Medien nicht bereit sind, uns mit DER URSACHE des Auschlusses zu beschäftigen, solange reden wir am Thema völlig vorbei. Dabei hätte genau DAS unser Land jetzt nötig.
"Herr Sartor hat nicht die Ausländer ausgeschlossen, WEIL sie Ausländer waren, sondern weil DEREN VERHALTEN nicht mehr zu ertragen war."
Das ist schlichtweg unzutreffend. Ausgeschlossen wurden nämlich nicht die Individuen, die sich tatsächlich negativ verhalten haben, sondern alle Menschen, die mit diesen Personen das Merkmal "kein deutscher Pass" teilen. Wer immer sich persönlich kein Fehlverhalten hat zu Schulden kommen lassen, wird einzig und allein ausgeschlossen, weil er Ausländer ist.
Eine weitere Differenzierung, welche Ausländer nun tatsächlich die meisten Probleme bereiten, fände ich gegenüber den vielen anständigen ebenfalls fair.
Das sich Vietnamesen oder Japaner bei der Tafel so rüpelhaft verhalten haben, bezweifel ich. Es ist meistens ein deutlich abzugrenzendes Klientel und man muss auch die Ehrlichkeit haben das anzusprechen.
Können Sie nachweisen, dass es an der Tafel auch nur einen einzigen Vietnamesen und/oder Japaner gab? Was ich auf den Bildern - egal wo - sehe, sind jedenfalls keine Asiaten aus dem Gebiet.
Wobei im wörtlichen Sinne ja auch niemand "ausgeschlossen" wird und wurde, lediglich Neuanmeldungen wurden gestoppt, welche das Ungleichgewicht weiter verstärkt hätten, was hier ja überhaupt als Problem gesehen wird.
Ob man das nun als Ideale Lösung sieht, kann ja gerne diskutiert werden, dann aber auch etwas differenzierter.
Das ist absolut zutreffend. Offensichtlich geht von dieser Gruppe - ich darf sie nicht nennen - Verhalten aus, welches solche Reaktion rechtfertigt. Und im übrigen verstehe ich überhaupt nicht, warum diese Menschen im Besitz von besten Iphons sind, meistens rauchen etc., permantent von uns gepampert werden, Wohnung und Möbel zur Verfügung gestellt bekommen, Kleider auch, nichts extra zahlen müssen, sogar mit Bus / Bahn umsonst fahren, und sich dann auch noch bei der Tafel mit Ellenbogenkraft buchstäblich durchboxen. Das gesparte Geld geht sofort ins Ausland, dafür aber ist weder die Sozialhilfe noch die Tafel zuständig.
"Und im übrigen verstehe ich überhaupt nicht, warum diese Menschen im Besitz von besten Iphons sind, meistens rauchen etc., permantent von uns gepampert werden, Wohnung und Möbel zur Verfügung gestellt bekommen, Kleider auch, nichts extra zahlen müssen, sogar mit Bus / Bahn umsonst fahren, und sich dann auch noch bei der Tafel mit Ellenbogenkraft buchstäblich durchboxen. Das gesparte Geld geht sofort ins Ausland, dafür aber ist weder die Sozialhilfe noch die Tafel zuständig."
für diese Gedanken verdienen Sie das Bundesverdienstkreuz in Blech
Tobias87 #9.1
""Herr Sartor hat nicht die Ausländer ausgeschlossen, WEIL sie Ausländer waren, sondern weil DEREN VERHALTEN nicht mehr zu ertragen war."
Das ist schlichtweg unzutreffend. Ausgeschlossen wurden nämlich nicht die Individuen, die sich tatsächlich negativ verhalten haben, sondern alle Menschen, die mit diesen Personen das Merkmal "kein deutscher Pass" teilen. Wer immer sich persönlich kein Fehlverhalten hat zu Schulden kommen lassen, wird einzig und allein ausgeschlossen, weil er Ausländer ist."
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Wie finden Sie dann den Ausschluß von Parteimitgliedern der AfD, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen, beim Fußballverein Eintracht Frankfurt?
Wie soll Herr Sator diese Leute unterscheiden? Hat er die Mittel zusätzliche Leute einzustellen, die dies überprüfen?
Herr Sator ist nicht für die gesellschaftliche Erziehung der der Gesellschaft zugeführten Mitglieder zuständig. Er will nur helfen, nicht erziehen.
Herr Sators Verbrechen ist nicht die Handlung, sondern das Aufdecken des Widerspruchs zur offiziellen Linie (Alles wird gut, wenn wir nur genug Willkommenskultur zeigen).
Das macht Ihn gefährlich und deshalb wird er mit der Nazikeule geschlagen.
Die Verlogenheit dieser Debatte ist schon fast wieder erheiternd.
" Wie finden Sie dann den Ausschluß von Parteimitgliedern der AfD, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen, beim Fußballverein Eintracht Frankfurt?"
Mitglied der AfD zu sein ist aber nicht wie keinen deutschen Pass zu haben. Mitglied der AfD zu werden ist einbewußter Entschluss. Ausländer zu sein ist quasi Schicksal an dem man nichts so viel ändern kann. Besonders nicht als Flüchtling.
Extrem gut zusammengefasst.
Joah - nach Herrn Sartors Schilderungen alles junge Männer. Dann hätte er doch die alle ausschließen müssen, nicht wahr?
Ach - da haben Sie aber alle Ihre Vorurteile gleich schön aufgelistet. Klar, die werden alle bevorzugt, dürfen umsonst Bus und Bahn fahren - haben Sie sich mal erkundigt, ob das überhaupt stimmt?
Ich kanns Ihnen sagen, damit Sie nicht googeln müssen - es stimmt so nicht.
"Jörg Sartor von der Essener Tafel steht in der Kritik. Dabei hat er einen Sinn für Gerechtigkeit und nichts mit der AfD zu tun. So einen muss die SPD aushalten können."
Ja, völlig richtig. Allerdings hat sich die SPD inzwischen so weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt, dass die SPD das schon längst nicht mehr aushält.
Einen Sinn für Gerechtigkeit zu haben, hat rein gar nichts mit der Parteizugehörigkeit zu tun. Auch oder gerade Menschen, die sich sorgen um die Zustände in diesem Land machen und der AfD angehören, haben einen Sinn für Gerechtigkeit. Herr Sartor hat gewiss richtig gehandelt, aber er sollte unvoreingenommen auch gegenüber der AfD sein.
Genau, denn wenn wir eines aus unserer Geschichte gelernt haben, ist es ja wohl, dass nur rechte bis rechtsextreme Parteien gute Politik für Arbeiter, Arme und die schwächsten in unserer Gesellschaft machen!
Von daher soll sich mal der Herr Sartor nicht so haben und sich über das super-duper tolle Wahlprogramm der AfD informieren!
Der erste Bericht über Herrn Sartor, der objektiv darstellt was Sachhe ist und Herrn Sartor gerecht wird.
Die SPD muss Herrn Sartor nicht nur aushalten, sondern sie müßte ihm ganz dringend zuhören und daraus Konsequenzen ziehen.
Vor allem sollte die SPD gegenüber ihrem ehemaligen Mitglied eine Entschuldigung aussprechen und diesbezüglich auch auf den Koalitionspartner einwirken.