Durchbruch bei der Gestaltung des Mietendeckels: Die Verhandlungsrunde mit den Spitzen der Koalition von SPD, Linken und Grünen hat am Donnerstagabend die größten Streitpunkte um den Arbeitsentwurf aus dem Hause der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher (Linke) ausgeräumt. Statt des radikalen Eingriffs in den Markt mit wahllosen Mietsenkungen auch für Spitzenverdiener kommt der "Mietendeckel 2.0" mit weitaus besseren Chancen, verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit gerecht zu werden.
Es bleibt dabei: Ab 11. Januar werden die Mieten in Berlin fünf Jahre lang eingefroren. Der Mietspiegel wird damit außer Kraft gesetzt. Stattdessen zahlen alle Berliner ihre bisherige Miete weiter, sofern diese nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens beträgt. Ist diese "wirtschaftliche Notlage" des Mieters gegeben, darf die Miete auf die staatlich festgelegten "Mietoberwerte" gesenkt werden.
SPD-Rechtsexperte Julian Zado hatte zuvor – wie berichtet – gewarnt vor "rückwirkenden" Eingriffen in die Mieten. Die Lösung dieses Dilemmas, nämlich dies ausschließlich bei wirtschaftlichen Notlagen zuzulassen und diese mit der Festlegung einer bundesweit auch von Immobilienverbänden als kritischen angesehenen prozentualen finanziellen Belastung zu verbinden, brachten die Grünen in den Gesetzestext ein.
Höchstwerte für Mieten werden weniger drastisch gesenkt
Neu berechnen muss Senatorin Lompscher allerdings die Oberwerte. Die Tabelle vom ersten Entwurf aus ihrem Hause haben die Koalitionäre verworfen. Statt der bisher angesetzten Miete aus dem Jahr 2011 sieht der Kompromiss zur Grundlage die Werte aus dem Jahr 2013 vor. Diese Mieten liegen höher.
Diese Oberwerte sollen außerdem noch etwas nach oben angepasst werden, indem die Lohnentwicklung in Berlin seit dieser Zeit dazugerechnet wird – oder alternativ die Inflation. Auch diese Abmilderung trägt den Warnungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, Eingriffe in den Markt dürften "Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten" abschneiden und müssten aber auch dann noch verhältnismäßig sein.
Ein "atmender Deckel" statt starrer Obergrenzen
Einen Ausweg gibt es auch im Streit um die starren Obergrenzen, die Lompscher bevorzugt hatte. Auch das korrigierten die Koalitionäre und einigten sich auf einen "atmenden Deckel", wie ihn die Grünen zuletzt in der Parlamentsdebatte gefordert hatten. Damit will Rot-Rot-Grün verhindern, dass ausgerechnet die fairen Vermieter bestraft werden, die selten und mäßig die Miete erhöht hatten.
Diese werden, falls die Koalitionsvereinbarungen tragen, ihre Mieten auch nach Inkrafttreten des Gesetzes noch jährlich moderat erhöhen dürfen, bis sie die neuen "Oberwerte" erreicht haben. Das soll im Einklang mit den Löhnen geschehen, die in Berlin bei den meisten Betrieben steigen und durchschnittlich sogar schneller als im Bundesgebiet – alternativ ist eine solche "Indexierung" anhand der Inflationsrate noch im Gespräch.
1,40 Euro mehr Miete pro Quadratmeter in sanierten Wohnungen
Und noch eine Regelung ist neu: Damit die Mieten von hübsch sanierten Wohnungen nicht unverhältnismäßig stark gesenkt werden, ist ein Aufschlag von 1,40 Euro je Quadratmeter vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Arbeiten in den letzten 15 Jahren erfolgten.
Damit der Deckel nicht alle Investitionen blockiert, sollen die Kosten für Modernisierungen mit einem Betrag von maximal einem Euro je Quadratmeter auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Umfangreichere Arbeiten, die stärkere Mieterhöhungen zur Folge hätten, bleiben möglich, sind allerdings genehmigungspflichtig.
Kommentare
Eine Deckelung der Mieten auf maximal 30% des Haushaltseinkommens wird dazu führen, dass mittelfristig verstärkt nur noch wohlhabendere Menschen umziehen können und die Vermieter der ärmeren Mieter andere Wege suchen.
Wieso auch umziehen. Bei der Marktlage sollte man froh sein eine Wohnung zu haben.
Offensichtlich wird ganz ernsthaft an dem Entwurf gearbeitet, das ist gut. Den folgenden Beitrag fand ich interessant:
Dabei beruht die prominenteste Kritik am Mietendeckel auf einem Missverständnis, das die Marktradikalen noch zusätzlich verstärken und in der Debatte immer wieder spielen: Ein Mietendeckel schaffe keinen neuen Wohnraum und würde private Investitionen in den Wohnungsmarkt hemmen. Das ist durchaus richtig, es hat aber auch nie jemand das Gegenteil behauptet.
Der Mietendeckel ist nämlich kein Instrument zur Schaffung von neuem Wohnraum, er soll stattdessen in erster Linie die Verdrängung von Mieter*innen aus ihren Kiezen und ihren Milieus verhindern und dadurch Gentrifizierung stoppen.
https://www.freitag.de/autor…
Auch Entgegnungen aus der Community (unter dem Text) sind interessant:
Ich vermiete seit vielen Jahren und habe verstanden, dass der Wunsch nach mehr "zu Hause" nahezu grenzenlos ist. Ich habe Einzelpersonen in meinem Bestand, die allein auf 75 bis 90 m² wohnen. Ach ja, das sind nicht alles gutverdiende Singles, den Vogel schießt eine ALG II-Bezieherin mit 95 m² ab. Ja richtig gelesen, und bitte nicht fragen, wie das mit dem Jobcenter klappt, ich weiß es nicht. Die Miete kommt. Und das ist kein Einzelfall...
Treffen sich dann zukünftig 1 x im Monat Vermieter und Mieter in lockerer Runde und legen auf Grund des aktuellen Gehaltszettels die Miete für den nächsten Monat fest ?
"Stattdessen zahlen alle Berliner ihre bisherige Miete weiter, sofern diese nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommen beträgt. "
Das heißt wenn mein Mieter berufsmäßig eher ein Loser ist und daher einen schlechteren Job bekommt, muß ich als Vermieter das ausbaden? Das ist absolut lachhaft.
Zitieren Sie doch bitte vollständig.
Ist diese "wirtschaftliche Notlage" des Mieters gegeben, darf die Miete auf die staatlich festgelegten "Mietoberwerte" gesenkt werden.
Da steht "darf" und nicht "muß" und es gilt eine festgelegte Grenze, d.h. die Miete kann nicht darunter sinken.
Gesenkt werden darf ja wohl immer. Es muß wohl "muß" heißen.
Und wenn er Bock auf Teilzeit hat, dann sollen Sie für seinen Wunsch nach Freizeit aufkommen! Unfassbar!!! Einfach völlig irre der Vorschlag!
..und falls der Vermieter einfach schlecht wirtschaftet oder einen Faible für Luxusfrauen hat, muß der Mieter das klaglos finanzieren?
Wofür jemand sein erwirtschaftetes Geld ausgibt , ist doch Privatsache
Aus Gerechtigkeitsgründen muss die Regelung auch auf Eigentumswohnungen erweitert werden
Wenn das Einkommen sinkt, wird der Kredit proportional mit abgesenkt - nie wieder Kreditausfall - die Banken werden jubeln
Nur was machen wir mit den abgeschnitten Kredit beträgen
"..und falls der Vermieter einfach schlecht wirtschaftet oder einen Faible für Luxusfrauen hat, muß der Mieter das klaglos finanzieren?"
Muß er nicht. Kann ja umziehen. Immerhin gehört die Wohnung dem Vermieter. Vielleicht adoptiert er auch einen Flüchtling und macht Eigenbedarf geltend.