2014 könnte in Österreich als das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in die Geschichte eingehen. Die Skigebiete in den Alpen ringen umso mehr um zahlungskräftige Urlauber. Allein die Seilbahnen in Österreich haben vor der Saison nach Angaben ihres Verbands fast 540 Millionen Euro für Sicherheit und Komfort ausgegeben.
Und es geht weiter: An der Grenze zwischen Tirol und Salzburg wird vom Frühjahr 2015 an mit Investitionen von 20 Millionen Euro eines der größten Skigebiete Österreichs entstehen. Die Bergbahnen Fieberbrunn planen den Zusammenschluss mit dem Skicircus Saalbach-Hinterglemm Leogang. "Unsere Berater sagen uns für die nächsten 50 Jahre Planungssicherheit voraus", sagt Toni Niederwieser, der Geschäftsführer der Bergbahnen Fieberbrunn. Die Piste in der Skischaukel soll dann 240 Kilometer lang sein, und die Zahl der Pistenkilometer sei für viele Gäste immer wichtiger, glaubt Niederwieser.
Etwas weiter westlich in den Stubaier Alpen steht die Verbindung der Skigebiete Schlick 2000 und Axamer Lizum im Raum. Dafür müsste nur eine Seilbahn errichtet werden, argumentieren die Befürworter. Doch die soll genau durch das unberührte Naturschutzgebiet der Kalkkögel verlaufen.
Dagegen wehren sich der Österreichische Alpenverein (ÖAV), Umweltaktivisten und viele Bürger. Es läuft eine Petition gegen das Bauvorhaben. Kritiker warnen vor einem Präzedenzfall und sehen die Glaubwürdigkeit der Umwelt- und Raumordnungspolitik in Gefahr, wie ÖAV-Präsident Andreas Ermacora jüngst betonte. "In der Alpenkonvention hat sich Österreich dazu verpflichtet, bestehende Schutzgebiete nicht anzutasten. Genau das wird nun aber gemacht", kritisiert er.
Staatliche Beschneiungsförderung "nicht zeitgemäß"
Ähnlich kontrovers verläuft die Diskussion über eine Skischaukel am Warscheneck in Oberösterreich. Nachdem die Pläne geplatzt sind, eine Liftverbindung über das geschützte Kalkmassiv zu bauen, basteln die Betreiber nun an einer unterirdischen Variante. Eine rund 4,5 Kilometer lange Röhre soll künftig die Gebiete Hinterstoder und Wurzeralm verbinden. Beide Skiareale befinden sich etwa auf einer Seehöhe von 1.500 Metern.
Diese Höhe ist laut Christian Baumgartner von zentraler Bedeutung, wenn es um die Zukunft des Wintertourismus geht. Er ist Experte für nachhaltigen Tourismus. "Skigebiete unter 1.500 Metern werden es sehr schwer haben", sagt er. Er fordert ein Umdenken in der Politik: "Staatliche Förderungen beim Ausbau von Beschneiungsanlagen sind nicht mehr zeitgemäß."
Künstliche Wolke
Neue Wege sind also gefragt. In Gaißau-Hintersee vor den Toren Salzburgs haben sich die Betreiber um Geschäftsführer Gernot Leitner einen chinesischen Investor ins Boot geholt. Dass in der vergangenen Saison der Schnee ausblieb, hätte das kleine Skigebiet beinahe ruiniert. Die Liftbetreiber beklagten Einbußen von rund 40 Prozent. Doch ab sofort soll es nicht nur ausreichend Geld, sondern dank Schneekanonen auch genug Schnee geben. Das bislang als Naturschneeparadies bekannte Gaißau-Hintersee will von 2015 an in eine neue Gondelbahn und Schneekanonen investieren.
Im Tiroler Ötztal genießt der Wintertourismus höchste Priorität. Hier geht ohne Kunstschnee nichts. Im Freiluftlabor in Obergurgl stellt eine künstlich produzierte Wolke auf Knopfdruck Kunstschnee her, der echtem Schnee so ähnlich sein soll, wie dies bislang keine Schneekanone der Welt geschafft hat – behaupten die Erfinder. Die Vorteile des "grünen" Schnees: eine relativ geringe Dichte, deutlich reduzierter Energieverbrauch und eine effizientere Nutzung von Wasser.
Die Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb rechnet damit, dass vom Klimawandel in Österreich besonders die tiefer gelegenen Gebiete in Niederösterreich, Salzburg und Kärnten betroffen sein werden. Für die Wintersportorte, sagt sie aber auch, "besteht kein Anlass zur Panik". Sondern eher ein Anlass, sich "langfristig Gedanken zu machen".
Kommentare
vorab
fällt mir gerne ein lieber Schneekanonen als Kanonen.
Wenn Österreich den Weg weiterhin für Wintervergnügen bereitet ist das eine gute Idee und erforderlich damit die davon lebende Struktur weiter existieren kann. Der Umwelteingriff ist weniger relevant als bei Erweiterung von Braunkohleabbaugebieten.
Sie haben sich aber noch nicht "hintergründig" ...
... dem Thema Beschneiung und Umwelt befasst, schtimpt's?
Wie krank
Sicher ist es bedauerlich, dass Familienbetriebe dicht machen müssen.
Aber man muss doch die Zeichen der Zeit erkennen
Eine ganze Branche erkennt nicht, dass hier ein totes Pferd geritten wird.
Selbst in Dubai macht man sich Gedanken für die Post-Öl-Ära, aber die Skiorte halten an ihrem Geschäft fest.
Superbrain
Erklären Sie den Zusammenhang des Artikels mit Öl, Dubai oder der Post? Die Kanonen werden weder mit Öl betrieben noch mit der Post verschickt. Und Scheichs beim Skifahren hab' ich auch noch nicht gesehen. So what?
Kann ja alles gar nicht sein
Wurde hier ja schon oft genug von Expertenkommentatoren erklärt!
Nein, nein!
Ganz falsch. Die neueste Masche ist doch, zu sagen, niemand wuerde behaupten, es gebe den Klimawandel nicht (auch wenn dreissig vorhergehende Kommentare genau das behaupten), aber dafuer waere das nicht der Mensch, der den verursacht, sondern ... ja, weiss ich auch nicht. Nicht der Mensch jedenfalls. Sonnenflecken. Oder Pluto, weil der auch waermer wird. Oder "natuerliche Schwankungen", die gar keine Ursache haben. Sowas gibt's!
Arbeitsverhältnisse
'Flachländer' machen sich keine Vorstellung darüber, welcher Aufwand in den Alpen mittlerweile betrieben wird, um im Winter genügend Schnee zu bekommen. Selbst in kleinen, schmucken, vermeintlich 'ursprünglichen' Skigebieten (wie z.B. St. Stephan in der Schweiz), die vordergründig noch als intakt wahrgenommen werden, wurden grossflächig ganze Rohrleitungssysteme und Wasserfassungen in den Berg verbaut und Pisten planiert. Wenn Schnee darüber liegt, ist die Idylle natürliche perfekt und der arglose Tourist lässt sich leider nur zu gerne täuschen, um nicht wahrzunehmen, welche Umweltschäden er eigentlich verantwortet.
Abgesehen von den Schäden an der Natur, sollte man sich fragen, ob die geschaffenen oder erhaltenen Arbeitsplätze diesen Aufwand wirklich wert sind. Leider werden in Skigebieten vorzugsweise Niedrigstlohnstellen auf Abrufbasis geschaffen, die während der kurzen Saison von einem Heer moderner Arbeitsnomaden aus dem Ausland besetzt werden. Für die Einheimischen enstehen leider selten Perspektiven und die Abwanderung aus den Randregionen hält weiterhin an. Da viele Skigebite am Rande des Existenzminumums rumserbeln, werden zudem kaum Steuereinnahmen für die kommunale Infrastruktur (von welcher der Tourismus mitprofitiert) generiert.
Ist die Zerstörung unserer Umwelt das wirklich wert?