Die beiden Mädels waren Anfang zwanzig: schwarze Oberteile, rote enge Hosen und gelbe Hüte. Als sie versuchten, das, was sie bejubelten, zu benennen, klang es schlimmer als Lothar Matthäus auf Französisch. Mit breiter Brust und mit "Deeeeeutschlaaaand, Deeeeeutschlaaaand"-Rufen zogen sie durch Kapstadts Straßen.
Zwei junge Frauen, die in Südafrika geboren und aufgewachsen sind, die – wie sie beteuern – keinen speziellen Bezug zu Deutschland haben und sich dennoch freiwillig wie PR-Maskottchen des Außenministers verkleiden. Das macht der Fußball.
Es war am Abend nach dem Viertelfinale Deutschland gegen Argentinien. Die Südamerikaner hatten nichts, die Europäer vier Tore und einen Salto gezeigt. Dieser Sieg passte exakt in das Bild, das Joachim Löws Mannschaft während dieser WM hinterlässt: jugendlich, frisch, international, verspielt, locker, ehrgeizig und erfolgreich.
Efren Rueda ist WM-Veteran, seit 1994 war er bei allen Weltmeisterschaften dabei. Stets hat der grauhaarige Venezolaner Argentinien unterstützt, auch in Südafrika. Am Tag nach dem Aus, lächelt er. Weil er über Deutschland spricht.
"Ich habe euch vor vier Jahren in Deutschland gesehen. Aber vergesst das, vergesst Ballack," sagt er und hebt den Zeigefinger: "Euer neues Team ist frisch und zauberhaft." Weil er den Namen Schweinsteiger nicht aussprechen kann, nennt er ihn nur den Spieler mit der Nummer sieben. Die Nummer sieben sei immer zuerst am Ball, immer überall auf dem Feld und immer so elegant wie eine schöne Frau.
Efren will nicht sagen, dass er plötzlich Fan des DFB-Teams ist, aber nachdem er eine Viertelstunde von Özil, Müller und Neuer geschwärmt hat, sagt er, Deutschland hinterlasse den schönsten Eindruck bei dieser WM.
In den Stunden des Erfolgs ist es natürlich leicht, sich und die Welt da draußen für etwas Großartiges zu halten. Wer ein Fußballspiel 4:0 gewinnt, kann nur überzeugt haben. Womöglich schwingt derzeit auf den Straßen Kapstadts auch etwas Übertreibung mit. Vielleicht vergeht der Fußballrausch auch wieder ganz schnell. Aber jetzt ist er da.
Kommentare
Hauptsache.....
den Jungs steigt jetzt der Jubel nicht vor dem Halbfinale zu Kopf. Noch sind sie nicht am Ziel und Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall (siehe Serbien).
man kommt natürlich zu so einer Meinung
wenn man die medienberichte so behandelt, als kämen sie von den Spielern...ein bisschen mehr objektivität könnte ihnen echt nicht schaden.
Sollte ich mich irren,können sie gern ein Interview von einem Mitglied der Elf zum besten geben...
Scheinheilige deutsche Offenherzigkeit
Wenn die neu hinzugewonnenen "Fans" aus dem Ausland nur wüßten, wieviele sogenannte "deutsche Fans" abwertend, überheblich, teils rassistisch sich gegenüber den ausländischen Teams äußern.
Lauft doch am Mittwoch mal mit einer spanischen Flagge in einer mittelgroßen deutschen Stadt herum.
ach was
"Lauft doch am Mittwoch mal mit einer spanischen Flagge in einer mittelgroßen deutschen Stadt herum."
Davon wird es hier einige geben, haben hier viele Erasmus-Studenten aus Spanien. Und ich garantiere: Wir werden zusammen feiern und hinterher sind die mit den deutschen Flaggen die glücklicheren.
Und zwischendurch ein paar Sticheleien oder Spielen mit Vorurteilen, das gehört nunmal dazu.
Ist das der Sinn?
"jugendlich, frisch, international, verspielt, locker, ehrgeizig und erfolgreich" Nichts gegen eine internationale Auswahl, aber ich glaube nicht, daß Internationalität den Sinn einer Nationalmannschaft ausmacht. Im Vereinsfußball mag es üblich zu sein, sich aus aller Welt die fähigsten Spieler zusammenzukaufen, der Sinn einer Weltmeisterschaft sollte das aber eben gerade nicht sein.
internationale auswahl?
Für welches Land spielt eine Nationalmannschaft mit internationalen Spielern?
Wandel
Das Bild Deutschlands hat sich in der Welt schon seit einiger Zeit gewandelt. Ich konnte dies lange vor der WM bei vielfaeltigen Kontakten im Ausland und mit Aulsaendern feststellen. Oft ist aber auch die Bewunderung fuer Deutschland uebertrieben und real existierende Probleme, die Deutschland natuerlich auch hat, werden ausgeblendet. Aber die ehemalige Pickelhauben und Besserwissernation ist endlich dort angekommen wo sie hin gehoert. Eine ganz normale Demokratie, wie viele andere auch. Und das ist gut so.