Es war wieder so ein Einstand, wie ihn nur er hinbekommt. "Es könnte voll werden", hatten die Verantwortlichen von Club Brügge mit Understatement angekündigt, als sie im November den neuen Trainer präsentierten. Es wurde rappelvoll. Und der Auserwählte bewies, dass er noch ganz und gar der Alte ist. "Fußball ist meine Religion", sagte Christoph Daum , der einst nach Köln zurückkehrte wie der Messias und auch im Frühjahr in Frankfurt als Retter empfangen wurde. Im Jan-Breydel-Stadion versprach er zwar nicht Wein aus Wasser zu machen, aber immerhin "Fakten aus Visionen". Nach der ersten Woche fasste er seine Eindrücke so zusammen. "Was für eine Euphorie! Man glaubt auf einmal, dass die glorreiche Vergangenheit wieder kommt."
Christoph Daum in Brügge: Da muss man unweigerlich an den Film Brügge sehen... und sterben? denken. Manch ein Kommentator hielt den Coach, der in drei verschiedenen Ländern Meister wurde, in Istanbul ein Volksheld war und in Werbespots des türkischen Fernsehens auflief, in der westflämischen Provinz anfangs für fehl am Platz. Wie die beiden irischen Killer, die in besagtem Film in der alten Stadt untertauchen.
"Brügge ist ein Drecksloch", sagt Ray dort, gespielt von Colin Farrell . Daum hat es eher mit Rays Kollegen Ken, der von der Mittelalter-Romantik geradezu ergriffen ist. "Brügge sehen und sich verlieben", schwärmt Daum, der nun selbst in einem 500 Jahre alten Haus in der Innenstadt wohnt. Um gleich darauf klar zu stellen: "Aber ich bin nicht zum Sightseeing hier." Seine Mission: Der FC Brügge soll in Belgien zurück an die Spitze, und auch international wieder eine Marke werden.
Als Maßstab für letzteres Ziel gilt nun Hannover 96, in der Runde der letzten 32 der Europa League. Die Zeichen für den belgischen Meister von 2005 stehen nicht schlecht. Daums euphorischem Einstieg folgte zwar eine holprige Gewöhnung, deren gehäufte 1:0-Siege kaum auf Begeisterung stießen. Inzwischen haben sich Team und Trainer immer besser eingespielt. Club , wie der Verein in Belgien nur genannt wird, hat sich aus der kleinen Krise nach der Winterpause gespielt, gewann zuletzt deutlich beim Nachbarn aus Gent und steht nun auf Platz 2 der Jupiler League.
Auch das neue Spielsystem, anfangs von vielen Fans als zu defensiv kritisiert, scheint langsam zu passen. Dass dieser Prozess mit der jüngsten Mannschaft der belgischen Liga Zeit brauchen würde, war Daum klar. "Eine neue Sprache lernt man ja auch nicht in ein paar Tagen". Daum, inzwischen 58 Jahre alt, ist seinerseits begeistert vom Zukunftsplan der Schwarz-Blauen. "Wenn ich mir am Reißbrett einen Club aufbauen könnte, wäre es dieser", sagte er kurz vor dem Abflug nach Hannover. Und so erteilt er auch sämtlichen Spekulationen um eine spätere Bundesliga-Rückkehr eine klare Absage: "Brügge ist jetzt mein Zuhause, meine Aufgabe und meine Herausforderung."
Kommentare
Viel Glück
Schon interessant wie Daum immer wieder eine Plattform findet um sich selbst ins Gespräch zu bringen. Worin genau unterscheiden sich jetzt seine Sprüche im Vergleich zu denjenigen bei seinen früheren Engagements? War der jeweilige Club nicht immer eine "Herzensangelegenheit", ein großer Verein, der wieder an die Spitze geführt werden sollte?
"Und so erteilt er auch sämtlichen Spekulationen um eine spätere Bundesliga-Rückkehr eine klare Absage."
Schon irgendwie clever Spekulationen, die es gar nicht gibt, eine Absage zu erteilen.
Warum soll er das nicht sagen,
solange es Spaß macht.
Wenn sie ihre Arbeitsstelle wechseln, können sie sich vorstellen, beim neuen AG zu sagen, der letzte Job war Klasse, bei Ihnen will ich nur Geld verdienen. Egal ob es stimmt oder nicht. Die meisten werden immer sagen, das es Ihnen gefällt. Es sei den man hat innerlich schon abgeschlossen. ;-)
In dieser Hinsicht schauen sie mal zur Hertha - owei owei. Da sind auch alle mit dem Herzen dabei. Hilft aber nichts, wenn das Herz nicht mehr schlägt.
Opium des Herrn Daum
"Fußball ist meine Religion" (Daum)
Irre ich mich, oder wollte Herr Daum in seinem Leben nicht ohne Suchtmittel auskommen?
Herr Marx läßt grüßen.
Alles gute!, Herr Daum
Warum Herr Daum hier derart hart angegangen wird seitens der Kommentatoren ist mir unklar.
Viel mehr als branchenübliche Floskeln hat er doch gar nicht von sich gegeben.
Christoph Daum bleibt in meinen Augen ein sachlich hervorragenden Trainer, ein Motivator, der seinesgleichen sucht und vor allem höchstes Unterhaltungspotential hat mit seinem naiv-unterhaltsamen Öffentlichkeitsauftritt.
Einen wie ihn begrüße ich gerne und jederzeit in der Bundesliga. Und auch gut finde ich, dass die ZEIT mal wieder an ihn erinnert.
LG
Daum der Lebenskünstler schafft es immer wieder
sich am Leben zu berauschen und sich glücklich zu reden. Aber vielleicht hat er ja nun in Brügge tatsächlich eine Mannschaft gefunden , in der jeder Spieler das hat, was er bei vielen sooft vermisst: Das dritte Bein.