Da steht's nun schwarz auf weiß, öffentlich: Die Angst vorm Outing und wie es sich als Versteckspieler lebt. Der schwule Bundesligaspieler hatte monatelang gezögert. Er hat Angst. Und sich nun doch getraut. Mit dem Journalisten Adrian Bechtold hat er für das Magazin Fluter übers Schwulsein gesprochen.
Auch wenn das Interview anonym ist: Etwas Vergleichbares gab es in Deutschland bisher nicht. Das ist neu. Das ist so mutig, dass es ungeheuren Respekt verdient. Und das ist tragisch.
Der Bundesligaprofi sagt, wenn die Öffentlichkeit von seiner Sexualität wüsste, wäre er "nicht mehr sicher". Mit den Worten: "Ein Outing wäre mein Tod!", zitierte das Fußballmagazin Rund einen anderer Spieler bereits vor sechs Jahren. Zu einem Interview war dieser nach der WM 2006 nicht bereit.
Damals wie heute schließen sich einfache Fragen an. Wieso? Warum so viel Angst? Und weshalb immer noch?
Der Kampf gegen Homophobie ist ähnlich wie jener gegen Antisemitismus und Rassismus oft einer gegen Windmühlen. Im Fußball gilt das mehr als in anderen Gesellschaftsteilen. Bestrafte der DFB jede homophobe Äußerung von Spielern, Trainern, Funktionären und Fans, müsste an jedem Wochenende wohl mindestens jedes zweite Fußballspiel unterbrochen werden.
Auch im Spätsommer 2012, wo fast an jeder Straßenecke eine neue Kampagne für Freiheit, Toleranz , Gleichwertigkeit plakatiert wird, warten immer noch genügend als Fußballfans getarnte Trottel, um anschließend auf jedes Plakat zu pinkeln.
Millionen Fans sind ein Grund dafür, dass der Fußball in Deutschland so mächtig ist. Wenn einige von ihnen es auf einen Spieler abgesehen haben, kann der seinen Job verlieren. Das Beispiel Pezzoni liegt keinen Monat zurück.
Ein anderer Grund sind die Medien, die "Meinungsmacher". Ein guter Freistoßschütze wird durch sie zum Idol, ein schlechter Trainer kann seinen Job durch sie etwas schneller verlieren. Jeder prominente Nationalspieler fürchtet den nächsten professionellen Meinungsmacher des Boulevard im Zweifel mehr als die Fans des gegnerischen Teams. Fußballer sprachen – ebenfalls anonym – schon vor Jahren davon, dass es Journalisten gibt, die von schwulen Spielern wissen, nichts veröffentlichen – aber im Gegenzug regelmäßig auf Informationen warten.
Kommentare
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Zeit zu handeln!
"Bestrafte der DFB jede homophobe Äußerung von Spielern, Trainern, Funktionären und Fans, müsste an jedem Wochenende wohl mindestens jedes zweite Fußballspiel unterbrochen werden."
so what? dann tut es doch!
Es kann doch nicht angehen, dass in unserem Land jemand seine Sexualität geheim halten muss. Nein, falsch. Es kann nicht angehen, dass sowas überhaupt erwähnenswert ist.
Menschen haben blaue Augen, braune Augen, graue, grüne,... keinen interessierts. Das muss das Ziel auch in der Sexualität sein.
Ich sehe die Medien in der Pflicht. Die haben die Macht, eine Hetzkampagne auszulösen - oder dafür zu sorgen, dass genau dies nicht passiert. Journalisten, die von homosexuellen Fußballern wissen, nichts berichten, dafür aber Informationen erwarten? Lächerlich. Erpressung und dazu noch das ganz unterste Niveau, liebe Journalisten!
Jede Zeitung sollte sich von sowas distanzieren. [...]
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Zeit zu handeln!
R3gentr0pfen, Ihre Meinung teile ich, im Text wird das hoffentlich deutlich. Ist Ihre Frage rhetorisch gemeint? Wenn nicht: Natürlich gehört Erpressung nicht zur Arbeitsmethode bei uns, wir belästigen niemanden.
Ein weiterer, kleiner Schritt, aber:
Seit Jahren hoffe ich auf Outings im Männerfußball. Einerseits um eine Normalität für die Betroffenen herzustellen und Vorbild für junge Menschen in ähnlichen Situationen zu sein, andererseits um aufzuzeigen, wie retardiert das Gruppenverhalten in Fußballstadien sein kann.
Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Antisemitismus sind dort (wenn allerdings nicht bei allen Fans) an der Tagesordnung und normal. Wenn 2000 Personen eine S-Bahn nach Auschwitz bauen möchten und schwule Holländer nichts auf dem Platz verloren haben, dann kann verstehe ich auch die Angst vor einem Outing.
Und wir fangen jetzt nicht an von dem Verhalten der Spieler und Funktionäre in den unteren Ligen zu sprechen.
Die Probleme die Sie beschreiben existieren
daran besteht kein Zweifel, auf der anderen Seite wird es leider oft so dargestellt, dass es eine Mehrheit sei, dem ist aber nicht so. Es sind oft kleinere Gruppen von Id...ten die mit ihrem Geschrei ihre eigenen Unzulänglichkeiten übertünschen wollen, aber Millionen von Fans ist es völlig egal welche Hautfarbe, Sexualität oder Glaube "ihre" Kicker haben.
Ein Problem für ein Coming Out könnte vor allem eher in den Teams selbst gesucht werden, in dem man dann ausgegrenzt werden könnte. Solange der Rückhalt im Team und beim Trainer vorhanden ist, sollte ein Coming Out kein Problem sein, aber hier ist eben nicht sicher, wie dann die Stellung innerhalb der Mannschaft ist.
Es ist ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft, dass man 2012 noch immer so über das Thema debattieren muss, weil es noch nicht selbstverständlich ist.