Ein Déjà-vu. Das ist die diesjährige Champions-League-Saison des FC Bayern. Vor zwei Wochen der erfolgreiche Auftakt gegen die Vorjahresbekanntschaft Manchester City. Am Dienstag nun die Auswärtspartie bei ZSKA Moskau, einem weiteren Gruppengegner aus der vergangenen Saison (ab 18 Uhr im Live-Ticker von ZEIT ONLINE). Und wie im November 2013 sorgen auch in diesem Jahr die äußeren Rahmenbedingungen für Schlagzeilen.
Die Bayern müssen vor leeren Rängen spielen. So hat es die Uefa beschlossen, weil die Fans von ZSKA beim Auswärtsspiel gegen Viktoria
Pilsen zum wiederholten Male rassistische und diskriminierende Symbole zeigten. Vor einem Jahr schloss die Uefa für die
Partie gegen die Bayern eine Tribüne, als Reaktion auf die rassistischen
Beleidigungen einiger russischer Fans gegen Yaya
Touré, den Profi von Manchester City.
Damals drohte der ivorische Nationalspieler mit einem Boykott der in Russland stattfindenden WM 2018. "Wenn
wir uns bei der WM nicht sicher
fühlen, kommen wir nicht nach Russland", sagte Touré damals. "Wir", das waren afrikanische Fußballspieler. Die Funktionäre von ZSKA bezichtigten Touré der Lüge. Die
Vorwürfe seien frei erfunden, hieß es in mehreren Stellungnahmen aus der
russischen Hauptstadt. Reaktionen, die einerseits den Verein vor einer Strafe
schützen sollten, anderseits aber auch das Verhalten der russischen
Fußballfunktionäre widerspiegelten, wenn es um Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit in den Stadien zwischen Rostow und Wladiwostok ging.
Über Jahre sahen sie mit Desinteresse zu, wie rechtsgerichtete Ultras das Geschehen auf den Tribünen zu dominieren begannen – und es zum Teil noch heute tun. Als es am vorletzten Wochenende beim Moskauer Stadtderby zwischen Torpedo und Dynamo zu rassistischen Ausfällen kam, machte der Torpedo-Präsident nicht den eigenen Ultras Vorwürfe, sondern dem ehemaligen Hertha-Profi Christopher Samba, der aus Protest nicht zur zweiten Halbzeit antrat.
Die Ergebnisse des jahrelangen Wegschauens:
Fratria, die Ultra-Gruppierung von Spartak Moskau, feierte 2009 während eines Ligaspiels mit einem Hakenkreuzbanner und der Aufschrift "Herzlichen Glückwunsch, Opa" den 120. Geburtstag von Adolf Hitler. Ein Jahr später lösten die Ultras des Moskauer Traditionsvereins fremdenfeindliche Unruhen aus, die in der russischen Hauptstadt mehrere Tage lang andauerten.
Landscrona, der größte Fanclub von Zenit St. Petersburg, sprach sich 2012 in einem Manifest gegen homosexuelle und dunkelhäutige Spieler in den Reihen des Vereins aus. Eine Einflussnahme auf die Transferpolitik, der sich die Verantwortlichen des Gazprom-Vereins lange beugten. "Ich würde gerne einen schwarzen Spieler verpflichten, aber die Fans wollen keinen", erklärte im Mai 2008 der damalige Zenit-Trainer Dick Advocaat in einem Interview. Aus Furcht vor den fremdenfeindlichen Fans verzichtete der französische Mittelfeldspieler Yann M’Vila im Sommer 2012 auf einen Wechsel nach St. Petersburg.
Dass die Befürchtungen des mittlerweile bei Inter Mailand spielenden Profis nicht unberechtigt waren, zeigen unter anderem die Erfahrungen des nigerianischen WM-Teilnehmers Peter Odimwingie. Als der 2010 von Lokomotive Moskau zu West Bromwich Albion wechselte, feierten die Lokomotive-Ultras den Transfer mit einem rassistischen Transparent, auf dem eine Banane sowie die Worte "Thanks West Brom" zu sehen waren. Dass Odimwingie eine russische Mutter hat, in Moskau aufgewachsen ist und für Lokomotive in 74 Pflichtspielen 20 Tore erzielte, spielte für die Ultras keine Rolle.
Auch Kevin Kuranyi, ehemaliger deutscher Nationalspieler und seit 2010 bei Dynamo Moskau aktiv, berichtet immer wieder vom Rassismus in Russlands Stadien. Erst am vergangenen Wochenende seien in der Partie gegen Torpedo Moskau die dunkelhäutigen Spieler seines Teams von gegnerischen Fans provoziert worden. "Das ist zum Verzweifeln, diese dummen Leute kriegst du nicht los", sagte Kuranyi der Welt am Sonntag. "Mich erschüttert das immer wieder. Wir leben im Jahr 2014, solche Sachen dürfen einfach nicht mehr passieren."
Konsequenzen hatte keiner
der genannten Fälle. Ebenso wenig wie die zu jedem Spieltag gehörenden
Affenlaute oder die in den Kurven offen gezeigten rassistischen und
fremdenfeindlichen Symbole.
Kommentare
Wie macht das eigentlich die deutsche Polizei
ist das Problem bei Spielen in der Bundesliga gelöst ? Braucht es da keine großen Polizeitaufgebote mehr ?
Wenn ja, dann braucht ja auch niemand mehr zu fordern, dass die Fussballclubs sich an den Kosten beteiligen.
Wenn ja, dann sollten wir andere Länder unterstützen, damit auch diese ihre Probleme lösen können.
Wenn nicht sollten wir gemeinsam mit anderen Ländern nach Mitteln und Wegen suchen, um diese Probleme zu lösen und endlich aufhören haltet den Dieb zu schreien, damit wir unbeobachtet klauen können.
Im deutschen Fußball
spielen solche Beleidigungen annähernd keine Rolle. Klar gibt es in den Hooliganszenen Fans mit solchen Überzeugungen im Stadion fallen die aber seltenst auf. Nix für ungut, aber sie sollten sich erstmal informieren.
Und ich sprechen von Liga 1-4, in irgendeinem Spiel auf Kreisebenen kann das bestimmt mal passiert sein.
Moskauer Janusköpfigkeit
Bevor Moskau russische Soldaten zum "Urlaub machen" ins Ausland schickt, damit sie dort gegen "den Faschismus" kämpfen, sollte man sich vielleicht erst einmal um die faschistischen Auswüchse im eigenen Land kümmern.
Wäre toll, wenn man bei solch einem Artikel
die Politik aussen vorlässt und sich konkret mit dem Problem beschäftigt, denn in Deutschland war es auch nicht die große Politik, die maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Stadien davon in vielen Bereichen freier wurden. Es war in Deutschland eher ein langwieriger, gesellschaftlicher Prozess, der leider nie ganz abgeschlossen sein wird. Solange rechts (mit dem Extremismusbegriff tue ich mich immer etwas schwer, weil er selten differenziert verwendet wird) in einer Gesellschaft toleriert wird, findet man sie natürlich auch in den Stadien und in Russland scheint das auch ein Teil einer Jugendkultur zu sein? Es ist wahrscheinlich nicht so einfach, dazu tiefgehend zu recherchieren und analysieren.
"durch präventive und erzieherische Programme" Die Lösung hat eher etwas mit Geld zu tun. Sehr viel Geld. Wenn die ProfiVereine sich klar gegen die eigenen Ultras richten, bzw. deren Ansichten, dann werden die Stadien sicher am Anfang leerer sein und das muss für die Vereine finanziell abgefedert werden (ja, Clubs sind Unternehmen und benötigen die Einnahmen), aber das ist eine der wenigen Möglichkeiten, mit dem logischen Risiko, dass man das Problem dann in den Amateurbereich verlagert. Die WM mag vielleicht ebenfalls eine Chance sein, denn in Deutschland hat sie auf die FanKultur z.B. sehr positiv gewirkt. Aber einen Rassisten wird man nicht um"erziehen" können und Prävention müsste an ganz anderen gesellschaftlichen Punkten ansetzen, wie z.B. Schulen.
Großes Problem
"So war auf der Krim eine Gruppe von Zenit-Fans aktiv, während unter den Kämpfern im Donbass auch russische Ultras vermutet werden"
Dafür kämpfen auf der Seite Kiews ganz offen ukrainische Ultras. Die Ultras aus Lwiw hatten sogar Hände bei dem Massaker in Odessa im Spiel...
Aber zum Artikel:
Das Problem ist ja gar kei russisches. Ich weiß nicht wodran das liegt, aber gerade in den ehemaligen Ostblockstaaten gibt es eine sehr gewaltätigte Fußballszene, wo die Funktionäre allesamt machtlos sind.
Zumal wir selbst in Deutschland Probleme in dieser Richtung haben. Letztes Jahr noch der Fall da Costa: „Mehrere Leute meinten, bei Einwürfen oder Ballkontakten Sachen wie ,Nigger‘ oder ,Schwarzes Schwein‘ in meine Richtung rufen zu müssen. Immer, wenn der Ball in meine Nähe kam, gab es auch Affenlaute“
Fußball.
Sie wollen doch wohl die deutsche Situation nicht mit der in Russland vergleichen!
Der Unterschied ist, dass in Russland das Ausmaß des Stadionrassismus unvergleichlich größer ist und noch dazu staatlich geduldet. Das dürfte einzigartig sein.
Wir haben alle diese Probleme
Auch in Deutschland haben wir ein gehöriges Rassismusproblem. Man sollte nicht so tun als wenn dies nur in der Russischen Föderation ein Problem wäre.
Kurz, es ist ein weltweites Problem.
Aha....
Aha, und weil es ein weltweites Problem ist, darf man über das russische Problem nicht berichten? So langsam nerven die Russlandfreunde doch gewaltig. Jeder berechtigt, kritische Artikel wird nassforsch weggebügelt, weil ja Anti-Russisch....
Russland hat ein ganz anderes Problem und das heißt Putin. Dieser Mann hat nicht die Fähigkeit, sein Land zu modernisieren, also es ins 21. Jahrhundert zu befördern. Täte er dies, müsste er um seine Macht fürchten, weil Reformen oft auch mit schmerzhaften Einschnitten verbunden sind. Also macht er drei Rollen rückwärts, streichelt die russische Seele und nicht wenig hier klatschen auch noch Beifall, weil der arme Russe es dem Westen mal so richtig zeigt. Da nimmt man auch grölendes Nazipack billigend in Kauf, weil, ist ja ein weltweites Problem, kein rein russisches. Ein Berichten darüber also Anti-Russisch und das darf ja nicht sein, wo der Putin es den Amis und seinen Vasallen zeigt, wo der Russe den Most holt.
Anmerkung: Bitte halten Sie sich an das Thema des Artikels und verzichten Sie auf pauschale Unterstellungen gegenüber anderen Diskussionsteilnehmer_innen. Danke, die Redaktion/sam