Alle sind zum Gratulieren gekommen, als Felix Zwayer im September zum Schiedsrichter des Jahres gekürt wird. Ein Video des DFB zeigt fröhliche Gesichter. Der Schiedsrichterchef Herbert Fandel lächelt, der DFB-Vizepräsident Rainer Koch applaudiert, der DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sagt: "Wir haben heute Schiedsrichter der neuen Generation geehrt, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen."
Doch der eigentliche Anfang der Karriere von Felix Zwayer hat einen Fleck. Es geht um seine Rolle im Hoyzer-Skandal. Und um die Rolle des DFB, der im Mai 2006 ein hartes Urteil gegen Zwayer sprach. Der DFB verheimlichte es. Er deckte damit einen seiner inzwischen erfolgreichsten Schiedsrichter. Und gefährdet Zwayers Integrität und die des Verbands.
Zwayer war Linienrichter von Robert Hoyzer, der 2004 über Monate mehrere Spiele der Zweiten Liga, der Regionalliga und im DFB-Pokal manipulierte. Für Elfmeter und andere Gefälligkeiten ließ sich Hoyzer von Wettbetrügern mit Geld und anderen Sachen bestechen. Er wurde mit zwei Jahren und fünf Monaten Gefängnis bestraft.
Auch Zwayer stand unter Verdacht, die Staatsanwaltschaft durchsuchte seine Wohnung. Doch während Hoyzer vom DFB lebenslang gesperrt wurde, blieb von Zwayer vor allem in Erinnerung, dass er den Fall Hoyzer mit anderen Schiedsrichtern ins Rollen gebracht hat. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Der DFB hatte von seinem Schiedsrichter ein anderes Bild. Das geht aus dem Urteil hervor (zum Dokument):
- Felix Zwayer hat sich "grob sportwidrig" verhalten.
- "Es ist davon auszugehen, dass Felix Zwayer dem ersten Anwerbeversuch Robert Hoyzers nicht in der von einem redlichen Schiedsrichter zu erwartenden Art und Weise widersprochen und das Geld entgegengenommen hat."
- Zwayer hat "die ihm bekannten Spielmanipulationen des Robert Hoyzer über einen längeren Zeitraum hinweg nicht an den DFB gemeldet".
- Vor dem Spiel SV Wuppertal gegen Werder Bremen Amateure im Mai 2004 hat Zwayer 300 Euro von Hoyzer angenommen, um "als Schiedsrichter-Assistent kritische Situationen für den Wuppertaler SV zu vermeiden".
Das Urteil traf der Münchner Strafrichter Rainer Koch, der beim DFB dafür zuständig war. Es erkennt auch an, dass Zwayer zur Aufklärung des Falls beitrug und dass ihm keine absichtlichen Fehler nachgewiesen werden konnten. Doch Wortlaut wie Urteil lassen keinen Zweifel: Der DFB glaubt, dass er Bestechungsgeld angenommen hat. Dieses scheinbare Detail war Fußballfans und Vereinen bislang unbekannt.
Zwayer wurde für ein halbes Jahr gesperrt, doch dies wurde gegen die Sperre verrechnet, die man ihm wegen seiner Zeugentätigkeit im Hoyzer-Fall aus Schutzgründen auferlegt hatte. Zwayer durfte sofort wieder pfeifen, doch die Öffentlichkeit erfuhr nicht, dass er auch deshalb gesperrt wurde, weil der DFB ihn für schuldig hielt. Zwayer erkannte das Urteil sogar an und entging einer Verhandlung – und somit der Öffentlichkeit. Spricht man heute mit denjenigen, die ihn vernommen haben, sagen die: Das war taktisch klug. Vielleicht wäre seine Karriere dann anders verlaufen.
Heute leitet Zwayer Bundesliga-Partien wie zuletzt Dortmund gegen Hoffenheim. Auch in Europapokalspielen und einem Länderspiel wurde er eingesetzt, dem Testspiel Österreich gegen Ukraine. Verläuft seine Karriere weiter wie bisher, könnte er bald Deutschlands Spitzenschiri werden und das Fußballland bei der nächsten Weltmeisterschaft vertreten.
Es stellen sich Fragen: Sollte ein Schiedsrichter, der Geld angenommen hat, Spitzenfußball pfeifen? Wäre er unbefangen, wenn ihm jemand drohte, das Urteil zu veröffentlichen? Macht ihn diese Altlast erpressbar? Ein Schiedsrichter muss Fehler machen dürfen, ohne dass sie sofort gegen ihn ausgelegt werden.
Was wäre zum Beispiel, wenn das DFB-Urteil dem englischen Boulevard in die Hände fallen würde, nachdem Zwayer in einem WM-Halbfinale einen Elfmeter gegen England gegeben haben würde? "Die Situation muss wahnsinnig anstrengend für Felix sein", sagt einer, der Zwayer zu Hoyzer-Zeiten kannte.
Kommentare
Wenn man's nicht gut findet, muss man's nicht beachten...
Fußball ist doch nur ein Spiel, also was soll das ganze Theater?
Nach dieser Argumentation
könnte man auch behaupten, dass das ganze Leben ein einziges Spiel sei, indem man ebenso wenig betrogen oder benachteiligt werden will, am allerwenigsten von jenen, die das "Spiel" eigentlich objektiv kontrollieren sollten und gegen subjektive Einfluss von außen schützen sollten.
Jedem "Spiel", dem sich viele Menschen widmen, muss entsprechende Bedeutung beigemessen werden und jeder nicht regelkonformen Einflussnahme, Betrug oder Bevorteilung muss toleranzlos entgegnet werden.
@1-Nur ein Spiel
Klar ist Fußball nur ein Spiel. Nur eben eines, in dem es um Millionen geht. Sonst würde auch nicht betrogen.
Das sind doch nur Feinheiten mit den Millionen
Ja, aber eines, was nicht Ihres oder mein Geld kostet, wenn Sie oder ich es nicht will.
Das Geld, was mit durch das Wettgeschäft zirkuliert, ist doch ein mehr oder weniger geschlossener Kreis. Auf den Rest hat das ja kaum Einfluss.
Und gewinnen kann auch nur einer. Das heißt, alle anderen müssen zwingend verlieren. Wer das nun ist, hat doch geldmengenabhängig keine Auswirkung.
Und ob nun Mannschaft A oder Mannschaft B gut verdient, davon hat Fan A oder B genau gar nichts, denn er sieht seine 11 Mann so oder so am Samstag aufm Platz.
Mir scheint, hier ist man versucht, unbedingt dreckige Wäsche
zu waschen.
Warum soll jemand denn nicht wieder pfeifen? Auch ein lebenslanges Pfeifverbot für Hoyzer scheint mir völlig übertrieben.
Bitte mal die Relationen beachten: Die Leute haben um ein paar Euro betrogen, die haben niemanden umgebracht!
Wenn selbst Mörder eine zweite Chance kriegen, dann sollten auch Schiedsrichter, die um 300 (!) € betrogen haben, weiterpfeifen sollen.
Zweite Chance
"Wenn selbst Mörder eine zweite Chance kriegen, dann sollten auch Schiedsrichter, die um 300 (!) € betrogen haben, weiterpfeifen sollen."
Dazu gehört aber erstens, daß die Öffentlichkeit von dieser Sache überhaupt erfährt, um ihm diese Chance zu gewähren
und zweitens: Nein, ein Mörder kriegt in der Regel keine zweite Chance auf Ausübung eines Berufes, in dem er die Regeln kontrolliert, also beispielsweise als Polizist. Er bekommt lediglich nach verbüßter Strafe bestenfalls eine Chance auf ein neues Leben - und diese Chance hat auch ein Hoyzer.
Gute Frage
"Darf einer, der Geld von einem Betrüger nahm, wieder an die Pfeife? "
Andererseits zeichnet sich eine lebenswerte Gesellschaft auch dadurch aus, dass sie verzeihen kann und dies kann sie gerade in solchen Fällen unter Beweis stellen.
Die Leistungen die er aktuell an den Tag legt, sind vorbildlich, und im Zweifelsfall würde ich mich an der Gegenwart orientieren.
Vorbildliche Leistung?
Mit einem solchen Kommentar wäre ich nach dem Spiel am Freitag, Dortmund gegen Hoffenheim, etwas vorsichtig. Einen glasklaren Elfmeter für Hoffenheim nicht zu geben ist alles andere als vorbildlich. Ein glasklares Tor von Dortmund nicht anzuerkennen ist ebenfalls alles andere als vorbildlich.
Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte hier keine Schieberei oder ähnliches unterstellen. Ich beziehe mich lediglich auf die schlechte Leistung von Zwayer.