Der Südkoreaner Lee Sedol hat auch die zweite Runde des Go-Matches gegen die künstliche Intelligenz verloren. Nach viereinhalb Stunden Spielzeit gab er die Partie gegen die Google-Software AlphaGo verloren. Den ersten Durchgang hatte Lee nach dreieinhalb Stunden ohne Aussicht auf eine Chance zum Sieg beendet.
Bereits nach dieser ersten Runde sprachen Experten von einem Meilenstein bei der Entwicklung selbstlernender Maschinen. Bislang waren viele davon ausgegangen, dass das asiatische Brettspiel zu kompliziert ist, als dass es von einem Computer so beherrscht werden kann, dass auch einer der weltbesten Spieler, wie es Lee ist, besiegt werden könnte. Der 18-malige Champion zeigte sich überrascht von der Spielstärke der Software. Ähnlich geht es auch anderen Spielern: "Ich kann nicht mehr erkennen, wer Mensch und wer Maschine ist", lautet das Fazit vom mehrfachen Deutschen Go-Meister Christoph Gerlach im Interview mit ZEIT ONLINE.
Beim Go versuchen zwei Spieler, Gebiete auf dem Spielbrett – ein Gitter von 19 vertikalen und 19 horizontalen Linien – zu erobern. Dafür setzen sie abwechselnd weiße und schwarze Steine. Die Regeln des ursprünglich aus China stammenden Go
sind im Prinzip einfach. Allerdings ist auf dem Brett mit seinen 361 Feldern eine gewaltige Zahl von Zügen
möglich, was es selbst für einen leistungsstarken Computer schwieriger
macht, die Entwicklung des Spiels durchzurechnen.
Offenbar gelingt es AlphaGo aber doch. Wie schon in der ersten Partie sprachen Experten auch diesmal von einem engen ausgeglichenen Spiel. "Es ist ein hartes Spiel für Lee Sedol. AlphaGo lässt ihn nicht machen, was er will", sagte der Profispieler Michael Redmond, der das Spiel live kommentierte, nach knapp zwei Stunden. Am Ende sprachen er und seine Kollegen von einem "dramatischen Ende eines dramatischen Spiels".
AlphaGo wurde bei der britischen Firma DeepMind entwickelt, die Google
vor gut zwei Jahren gekauft hat, Medienberichten zufolge für 500 Millionen
Dollar. Mitgründer Demis Hassabis schrieb bei Twitter, der zweite Sieg
sei für ihn selbst schwer zu fassen. "AlphaGo
hat in diesem Spiel einige wunderschöne kreative Züge gespielt." In die
Software wurden zwar anfangs Millionen Züge der besten menschlichen
Spieler einprogrammiert – sie lernt aber selbst dazu. Hassabis spricht
oft davon, Computern das Denken beizubringen.
#AlphaGo wins match 2, to take a 2-0 lead!! Hard for us to believe. AlphaGo played some beautiful creative moves in this game. Mega-tense...
— Demis Hassabis (@demishassabis) 10. März 2016
Das Match zwischen AlphaGo und Lee, das noch bis zum 15. März läuft und live auf YouTube zu verfolgen ist, folgt einer Reihe von Brettspielduellen zwischen einer künstlichen Intelligenz und einem Menschen. Im Schach werden schon lange Computer eingesetzt. Für Aufsehen sorgte 1997 etwa der Computer Deep Blue von IBM, der gegen den Weltmeister Garri Kasparow gewann.
Kommentare
10 Punkte voraus, von ca. 70-80, über einen langen Teil des Spiels hinweg. Das sieht für die nächsten 3 Spiele gar nicht gut aus für Lee Sedol, und nach einem 10 dan für Alphago. Die Welt ändert sich schneller als gedacht.
Wir nähern uns in großen Sprüngen einer Realität, in der die bekannte Frage sinnvoll gestellt werden kann:
Was genau unterscheidet einen Menschen in Zukunft von einem Roboter, der ähnliche oder weitaus komplexere Fähigkeiten hat?
Wie begründet der Mensch sich?
Und für wie viele Dinge werden Menschen noch andere Menschen benötigen?
Beunruhigend ist besonders, dass nicht nur kaum jemand diesen Erfolg von AlphaGo vorhersah, sondern dass auch niemand weiss, wie das Programm genau Go spielt. Das neuronale Netz hat es sich im wesentlichen selbst beigebracht, die Go-Strategie liegt in der Mustererkennung von viel zu vielen Neuronen, um von Menschen noch sinnvoll interpretiert werden zu können. Es sind einfach zu viele Daten. Bei den Schach-Programmen der 80er konnte man noch ganz genau verstehen, wie sie eigentlich arbeiteten und was ihre Strategien waren (auch wenn sie ihr Programm natürlich viel schneller durchliefen, als ein Mensch das gekonnt hätte).
1910 gab es noch 20 Millionen Pferde in den USA. Deren Leben bestand aus einer üblen Schinderei, Wagen durch Städte ziehen etc. Gut für die Pferde, dass Autos das übernahmen. Jetzt gibt es noch 5 Millionen Pferde in den USA.
Man kann nur hoffen, daß die neue Krone der Schöpfung ihren Untertanen
mehr Erbarmen entgegenbringt, als die bisherige ... Gibt es eigentlich jemanden, der sich darum kümmert, Maschinen etwas wie Mitgefühl und Liebe für das biologische Leben mit auf den Weg zu geben?
Ansonsten Gnade uns Gott...
Hmm, die Chancen stehen nicht so gut. Die Entwicklung wird gerade vom Militär massiv vorangetrieben. Zudem beherrscht beherrscht ein materialistisch-positivistisches Denken gerade die technischen Fächer. Geisteswissenschaften, tiefergehende Reflexionen über Ethik-Moral, aufgeklärte Religion, geschichtliches Verständnis, Philosophie etc. werden darin als sekundär oder weitgehend überflüssig markiert.
Gut, man kann das auch so sehen: Diese Machine (und nicht nur das Algorithmus, es gehoert naemlich viel mehr dazu), die den Menschen geschlagen hat, ist die kollektive Arbeit von vielen Menschen, vielleicht sehr, sehr vielen Menschen, wenn man das Alles einen etwas groesseren historischen Rahmen geben mag. So gesehen, fuegt sich das Ergebnis in einer Reihe anderer Ergebnisse ein, die zeigen, dass die Genialitaet des einzelnen Menschen nicht in der Lage ist, ueber eine bestimmte Komplexitaet hinaus, Probleme zu loesen. Also, wirklich nichts neues.
Was auch nicht vergessen werden darf, wenn von "Intelligenz" der Rede ist: Der Sinn des Spiels kann nur den Menschen beurteilen. Und noch wichtiger, keinen neuen Wissen ist von der Machine "ausgegeben" worden: Die Maschine hat nichts "geschaffen" nur was ausgefuehrt, aber das, zugegeben, wahnsinnig, wahnsinnig schnell.
Das mit dem Wissen würde ich so nicht ganz unterstreichen wollen. Ja, die Software wurde mit Daten abertausender Profispiele gefüttert. Gleichzeitig hat sie sich beim Spielen gegen sich selbst kontinuierlich weiterverbessert. Das Programm ist beim Go also in der Lage zu lernen und über den gesteckten Rahmen der gegebenen Daten hinauszuwachsen. Das finde ich schon sehr beeindruckend.
Klar, man muss von alphago nicht befürchten morgen zu skynet zu mutieren. Weiterhin empfinde ich die Tesen einiger Kommentatoren hier ziemlich abstrus: die Menschheit ist immer noch meilenweit von einer sogenannten starken KI entfernt. Schwache KI wie alphago zeigt aber sehr gut das Potential auf. Bei ahnlichen Problemstellungen können derartige Programme eine ungemeine Hilfestellung sein.