Da ist es klar, dass viele sich lieber wegducken. In einer Gesellschaft, die sich stetig weiter polarisiert, die, etwas überspitzt formuliert, auf dem Weg ist, sich in zwei Blöcke einzuteilen, wird sich kein von der öffentlichen Anerkennung lebender Sportler mehr positionieren. Weil ihn die eine Hälfte der Bevölkerung dann blöd findet, egal, was er sagt. Dabei brauchen wir mündige Sportler. Viele Sportler sind für Kinder und Jugendliche die größten Vorbilder schlechthin. Und vielen ist Politik leider ziemlich egal. Für sie sind Innenverteidiger wichtiger als Innenminister.
Nun sind Mehrheitsmeinungen gut und wichtig. Die Mehrheit ist oft weise, sie bewegt sich meist innerhalb der Regeln des Grundgesetzes, auf demokratischem Boden. Die Gefahr, dass eine Meinung außerhalb eines gewissen Korridors von Irrlichterei, Verschwörungstheorien oder allerlei seltsamem anderen Zeug bestimmt wird, ist groß. Aber nicht zwingend. Es gibt eben auch Menschen, die wollen, dass Stromkonzerne verstaatlicht werden, genauso wie es Menschen gibt, die von einer deutschen Leitkultur träumen. Vielleicht braucht eine Demokratie ja auch diese Stimmen vom politischen Rand, mit denen sie sich auseinandersetzen kann, die sie kritisieren und den Gegenüber gegebenenfalls einen Idioten schimpfen kann. Wenn ein Busfahrer so etwas sagt, wird ihn das kaum treffen. Ein Sportler allerdings, und nichts anderes wollte Kretzschmar vermutlich sagen, könnte seine Existenzgrundlage verlieren. Das ist schwierig.
Kretzschmars Problem war, dass er als Beispiel für eine sogenannte Mainstreammeinung Toleranz für Geflüchtete und eine offene Gesellschaft anmahnte. Dadurch klang er so, als sei er dagegen, als kritisiere er ebenjene Toleranz. Kretzschmar aber wollte damit kaum das bunte Deutschland entwerten, wie es Kommentatoren nun deuten. Er wollte nur klarmachen, dass das ein Feld sei, auf dem sich alle einig seien, über das man als Sportler also problemlos reden könne. Dort liegt der einzige Irrtum Kretzschmars: Wie viele Profisportler haben sich denn für Geflüchtete eingesetzt?
Kommentare
So schwer ist Kretschmar eigentlich nicht zu verstehen, wenn man in der Lage ist,das komplette Interview zu lesen. Wer es nur auf Bildniveau erfassen,bekommst natürlich Probleme mit dem Verstehen.
Die Zusammenfassung des Interviews auf 140 Zeichen verbreitet sich aber schneller und weiter als das Interview selber. Die Mühe, dasselbige nachzulesen macht sich nur ein Bruchteil der Leute.
Als Sportler oder Prominenter bewegt man sich mit politischen Aussagen immer auf dünnem Eis.
Das ist Kretsche sicher klar, das meinte er höchstwahrscheinlich.
Natürlich wünsche ich mir insbesondere viel mehr klare Posititionierungen gegen Neonazis -auch von Dritten- und vermutlich wird sich der Sportler auch noch entsprechend äußern.
Warum ich mir das wünsche? Weil rechter Nationalismus ganz einfach nicht kompatibel mit unserer Verfassung ist und D hoffentlich immer noch aus der Geschichte die richtigen Schlüsse zieht.
Es lebe das Grundgesetz.
Das ist ja alles schön und gut. Nur sprach Kretsche nicht davon, dass Sportler aus Sorge um Sponsoren von Toleranzäusserungen Abstand nähmen.
"Bekommt ein Sportler tatsächlich Probleme, wenn er politische Meinungen vertritt, die außerhalb eines bestimmten Korridors liegen? "
Das kann jedem passieren. Und es passiert auch häufig. Der „Korridor‟ ist leider ein schmaler Grat geworden.
Ich finde der Korridor ist deutlich breiter als zuvor, so unterschiedlich ist die Wahrnehmung. Früher wäre es undenkbar gewesen, von einem "Denkmal der Schande" zu reden. Heute fliegt man für sowas nicht mal aus einer Partei, die sich als demokratisch, freiheitlich und judenfreundlich bezeichnet. Das berühmte "Ich bin ja kein Bazi, aber [fremdenfeindlichen Mist einfügen]" ist doch schon ein Mem und spricht für die Erweiterung des Sagbaren.
Das das für Werbeträger natürlich nicht geeignet ist, liegt am Prinzip von Marketing und hat ganz andere Ursachen.
Da AfD u.a. sonst nichts zu bieten haben, stürzen sie sich vorschnell auf alles was ihres Erachtens hilft. Ein erneuter gelungener Versuch der Rechten sich lächerlich zu machen.
Richtig! Meiner Meinung nach sollte man darauf mal ein bisschen mehr den Fokus lenken.
Schließlich war vor allem mal wieder das politisch rechte Lager/AfD nicht in der Lage, den Kontext der Aussage zu erfassen. Ist wie mit dem berüchtigten Schmähgedicht von Jan Böhmermann. Das fanden sie ja auch alle so toll und schützenswert, bis der Böhmermann dann mal wieder was gegen die AfD gemacht hat, da war er dann wieder ihr Buhmann.