"In der flüssigkeitssensitiven Sequenz Nachweis eines ausgeprägten Knochenmarködems an der ventralen Zirkumferenz des Humeruskopfes. Auch an der dorsalen Zirkumferenz des Glenoids deutliches Knochenmarködem mit blutiger Imbibierung der angrenzenden Muskelmanschette."
Was soll das bedeuten? Befunde wie diesen stellen Ärzte in Deutschland jeden Tag tausendfach aus, doch kaum ein Patient versteht sie. Oft lösen die geballten Fachbegriffe Unsicherheiten und unbegründete Ängste aus.
Seit knapp einem Jahr finden Patienten professionelle Hilfe im Internet. Auf der Internetplattform washabich.de können sie Befunde einreichen, die sie nicht verstehen – kostenlos und anonym. Medizinstudenten übersetzen sie innerhalb weniger Tage in verständliches Deutsch.
Viele Patienten trauen sich nicht, den Arzt um Erklärung zu bitten
Johannes Bittner studiert Humanmedizin in Dresden und ist einer der drei Gründer des Portals. "Als Medizinstudent wird man von Freunden oder der Familie häufig nach der Bedeutung von medizinischen Fachbegriffen gefragt. Viele Menschen haben diese Möglichkeit aber nicht und sind gehemmt, ihren Arzt direkt zu fragen."
Im Januar dieses Jahres gingen Bittner, die Medizinstudentin Anja Kersten und der Informatiker Ansgar Jonietz mit ihrem gemeinsamen Projekt online. "Es dauerte nur ein paar Stunden, da waren schon die ersten Anfragen da", sagt Bittner. Schnell sei klar gewesen, dass es an ihrer Übersetzungsarbeit großes Interesse gibt.
Stefanie Klinder ist eine der mittlerweile 300 Medizinstudenten, die sich bei washabich.de engagieren. Wie Bittner hat sie beobachtet, dass sich im Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten vieles verändert hat. Patienten informierten sich selbständig und fragten häufiger nach.
"Aber gerade ältere Menschen haben immer noch die Haltung, dass man das, was ein Arzt sagt, nicht hinterfragt", sagt Stefanie Klinder. "Viele Menschen wollen auch nicht zugeben, dass sie etwas nicht verstehen. Andere vergessen einfach die Hälfte wieder, selbst wenn der Arzt den Befund gut erklärt hat."
Kommentare
In der Tat unverständlich
"In der flüssigkeitssensitiven Sequenz Nachweis eines ausgeprägten Knochenmarködems an der ventralen Zirkumferenz des Humeruskopfes."
Vor allem das 3. Wort des Befundes. ;-)
was soll das bedeuten
" "In der flüssigkeitssensitiven Sequenz Nachweis eines ausgeprägten Knochenmarködems an der ventralen Zirkumferenz des Humeruskopfes. Auch an der dorsalen Zirkumferenz des Glenoids deutliches Knochenmarködem mit blutiger Imbibierung der angrenzenden Muskelmanschette."
Was soll das bedeuten? "
Ganz recht, flüssigkeitssensitiven heißt nämlich in korrekter fachlicher Notation "T2 gewichteten" Sequenz! Sprich dieser zitierte Satz bedeutet dass der befundende Arzt seine Kernspinresonanz (oder MRT) Kenntnisse auffrischen sollte falls er nicht weiterhin versuchen will allgemeinverständlich zu schreiben bzw. diktieren.
Es ist zu begrüßen,
dass es dieses Portal gibt, da es dazu beiträgt, Patienten und Mediziner auf Augenhöhe gegenüber zu bringen - auch wenn sich diesbezüglich im Vergleich zu früher in den letzten Jahren bereits einiges getan hat.
Vor Jahrzehnten geschah es, dass mein Großvater, der eigentlich immer recht gesund gelebt hatte, letztlich wegen einer Funktionsstörung der Schilddrüse eine bekannte mittelfränkische Klinik aufsuchte. Nachdem ein Arzt ihn dort untersucht hatte, sagte dieser zu einem Kollegen, der neben ihm stand, der Patient habe einen "abusus fumandi et bibendi. Credo ut est potator". - Dumm nur, dass sie an einen Lateinlehrer geraten waren, der ihnen freundlich, wenn auch bestimmt erklärte, dass er weder ein Säufer noch ein Raucher sei und sie nebenbei in der Grammatik verbesserte...
Ist doch normal
Jede Wissenschaft pocht auf ihre unnötigen Fachbegriffe. Vermutlich, um sich selbst gegenüber Uneingeweihten wichtig vorzukommen. Ein schönes Beispiel zu Leiden der Studierenden ist das Bundesverfassungsgericht, das im 1. Senat von echter und unechter Rückwirkung spricht, während der 2. Senat die ungleich wichtiger klingenden Worte "Tatbestandliche Rückanknüpfung" und "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" benutzt.
Naja fast,
wissenschaftliche Fachtermini werden ja nicht einfach "erfunden", sondern darüber wird meist lange und heftig auf Konferenzen gestritten.
Wichtig sind diese, damit sich Wissenschaftler international austauschen können, und nicht immer erst mit einem Wörterbuch nachschlagen müssen.
Trotzdem sind Projekte sehr zu begrüßen, die die Arzt-Patienten-Beziehung dahingegend verändern, die Patienten mündiger zu machen, und ihnen vor allem die Angst nachzufragen nehmen.