Fast wäre Alexander Sölchs Traum vom VWL–Studium in Mannheim an einer Unterschrift gescheitert. Seine Bewerbung um einen Studienplatz kam kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist zurück in den heimischen Briefkasten, mit der Bemerkung, die Unterschrift fehle. Und zwar die seiner Eltern. Denn Alexander ist erst 17 Jahre alt und somit juristisch gesehen nur beschränkt geschäftsfähig, auch wenn er bereits sein Abitur in der Tasche hat und an einer Hochschule studieren darf. Am Ende ging alles gut aus, Alexander ergatterte einen der begehrten Plätze. Ärgerlich war das Erlebnis, nicht allein über die Einschreibung entscheiden zu können, für ihn dennoch. Es zeigt, mit welchen Problemen Studierende unter 18 Jahren an deutschen Hochschulen konfrontiert werden.
Um den zukünftigen Generationen minderjähriger Studenten, von denen es wegen der Verkürzung der Schulzeit auf G8 und des Wegfalls von Wehr-und Zivildienst bald viele geben wird, solche Überraschungen zu ersparen, hat Baden-Württembergs Wissenschaftsministerium nun eine Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) erlassen. Fortan sollen minderjährige Studierende die gleichen Rechte zur Aufnahme, Durchführung und Beendigung eines Studiums bekommen wie ihre älteren Kommilitonen. In Deutschland studierten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Wintersemester 2010/2011 rund 900 Minderjährige. Aktuelle Zahlen liegen noch nicht vor. Das Studentenwerk schätzt , dass es heute bereits zwischen 3.000 und 4.000 sind.
Gleiche Rechte für alle
Das Wissenschaftsministerium Baden-Württembergs argumentiert, dass die Studenten während ihres Studiums Rechtsgeschäfte mit der jeweiligen Hochschule eingingen, beispielsweise, wenn sie eine Prüfungsordnung akzeptierten. Dazu sollten sie in dem notwendigen Umfang rechtsfähig sein. "Es handelt sich zwar nur um weniger als ein Prozent der Studierenden, dennoch muss es auch für diese Gruppe eine befriedigende rechtliche Lösung geben", sagte ein Ministeriumssprecher.
Die 17-jährige Studentin Lea Reger freut das, auch wenn die Regelung für sie zu spät kommt. Sie ist eine von zehn Studierenden unter 18 an der Universität Stuttgart . Dass ihre Eltern für die Einschreibung eine Unterschrift leisten mussten, passte ihr gar nicht, den Vorgang fand sie "überflüssig". "Ich finde es gut, wenn man mehr Rechte besitzt. Außer ein bisschen mehr Lebenserfahrung macht es keinen Unterschied, ob man 17 oder 19 Jahre alt ist," sagt sie.
Ähnlich sieht es Ulrike Leitner, Studienberaterin an der Universität Konstanz : "Diese jungen Menschen haben zum Zeitpunkt der Aufnahme eines Studiums immerhin schon eine Hochschulzugangsberechtigung erworben und erhalten lediglich für das Studium mehr Rechte." Die Entscheidung der Landesregierung findet sie konsequent: "Die Veränderung des Gesetzes reagiert auf die Veränderung im schulischen System und vereinfacht die Prozesse."
Kommentare
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Ein weiteres Problem:
in den Naturwissenschaften stehen im ersten Semester Praktika an. War früher kein Problem, Studis wurden über Gefahren aufgeklärt, mussten ihre Sicherheitsbelehrung unterschreiben und alles war gut.
Für Minderjährige gibt es aber keine Regelung, offiziell dürfen sie nicht unterschreiben, aber die Eltern haben keine Ahnung, was sie da unterschreiben sollen - eigentlich gibt es nur Probleme....
Eigentlich kein neues Problem
Bis 1975 war man erst mit 21 volljährig, in Österreich bis 2001 mit 19 und die hatten schon immer nur 12 Schuljahre im Gymnasium.
Das war nie ein Problem, hat nie einen interessiert, nur jetzt kann man damit ganz hervorragend eine paar Akademiker beschäftigen.
Gesetzentwurf?
Mich würde mal der konkrete Text des Gesetzentwurfs interessieren...
Geradzu unglaublich,
daß es offenbar Eltern gibt, die ihren Kindern trotz vorliegender Hochschulreife den Zugang zu höherer Bildung und den damit verbundenen Lebenschancen verweigern. Im Grunde genommen sollte solchen Eltern das Sorgerecht entzogen werden, das Kindergeld sollte direkt an die studierenden Kinder ausgezahlt und die Eltern zur Unterhaltspflicht während der Studiendauer verdonnert werden.
Kein Grund zur Beunruhigung
ich kann mir ehrlich gesagt auch kaum vorstellen, dass so ein Fall tatsächlich einmal auftreten sollte (was hätten die Eltern auch davon? Sie können ihr Kind dann höchstens die nächsten Monate davon abhalten, irgendwann wird es ja doch 18)- habe danach auch im Artikel gesucht, aber es war ja nur die Rede von minderjährigen(Bald-)Studierenden, die es unangenehm, unpraktisch ioder ungerecht fanden,dass die Eltern unterschreiben mussten; es war nicht so, dass die Eltern nicht wollten.
" bald viele geben wird ..."
Wird es das?
Wie viele 0/00 pro Jahrgang machten denn in den neuen Bundesländern (G8 seit jeher) das Abi mit 17?
Da müssten dann doch auch schon VIELE der Mädels (kein Bund/Zivi) das gleiche Problem gehabt haben.
Bei 2.000.000 Studenten sind selbst 4.000 nicht VIELE und auch längst kein Prozent.