Mit Marketing kennt sich der BWL-Professor Uwe Kamenz aus. Seit Sonntag wissen das nicht nur seine Studenten. Jeder, der online Nachrichten las, erfuhr seine Botschaft: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier soll in seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben.
Steinmeier bat die Universität, die Vorwürfe zu prüfen, obgleich er sie für "absurd" hält und der Prüfung mit "großer Gelassenheit" entgegensieht. Der SPD-Fraktionsvorsitzende promovierte im Jahr 1992 zum Thema: "Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit".
Kamenz, der in Münster das private Institut für Internet-Marketing betreibt, prüfte die Arbeit mit einer selbst geschriebenen Software namens Profnet. Die "Indizienlage" sei vergleichbar mit dem Fall Schavan, sagte er dem Focus. Um diese Aussage zu prüfen, fragte das Magazin drei hochrangige Wissenschaftler. Zwei wollten sich nicht äußern, weil sie die Vorwürfe für zu schwach hielten, nur der Berliner Jura-Professor Gerhard Dannemann sagte etwas zu dem 297-seitigen Prüfbericht: Er halte die meisten Vorwürfe für unproblematisch, sagte Dannemann, allerdings gebe es drei Stellen, "die den Bereich des Tolerierbaren klar überschreiten würden", sofern "der Prüfbericht die Quellen richtig wiedergibt".
Fehler im Prüfbericht
Unter Plagiatsexperten hat Kamenz' Software keinen guten Ruf: Als die Berliner Professorin Debora Weber-Wulff im Jahr 2010 Plagiatssoftwares untersuchte, schnitt Kamenz' Programm eher bescheiden ab. Weber-Wulff hat sich nun auch den Prüfbericht zu Steinmeiers Arbeit angeschaut und darin mehrere Fehler gefunden: Manche Fußnoten wurden wegen Formatierungsfehlern der Software nicht erkannt, etwa, weil die Fußnote nicht auf derselben Seite steht wie das Zitat. Außerdem werden einige "Plagiate" mit "0% Plagiatswahrscheinlichkeit" ausgewiesen.
Weber-Wulff hält es für unverantwortlich, dass Kamenz auf Grundlage eines automatisch erstellten Berichts an die Öffentlichkeit geht. "Entscheiden kann nur ein Mensch, die Maschine kann nur Hinweise liefern." Kamenz verlässt sich auf sein Programm. Er beschränkt sich darauf, Seite für Seite einzuscannen: "Die Arbeit macht die Software", sagt er ZEIT ONLINE. "Wir lesen die Arbeit nicht."
Seine Arbeit finanziert Kamenz durch Spenden. Geld verdienen will er damit nicht, es gehe lediglich darum, die Kosten zu decken. Den Scanner sponserte ein IT-Unternehmen, eine studentische Hilfskraft finanziert er mit den Spenden. "Wir bräuchten nur zwei volle Mitarbeiterstellen, dann könnten wir mit weniger als 100.000 Euro alle Arbeiten deutschlandweit flächendeckend analysieren."
Kommentare
"unseriös" und "vorrangig wirtschaftlich motiviert". ...
... die Uni Münster schlug sein Angebot aus, Andere Unis ebenfalls
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Software versus Wissenschaft? Das 2 Hilfskräfte und ein Programm Plagiate finden könnten, kann auch nur ein BWLer glauben.
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Die schaffen ja auch durch Handel Mehrwert:-))
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Grinst
Sikasuu
Der war gut!
"Die schaffen ja auch durch Handel Mehrwert:-))"
Prägnanter und treffender kann man es nicht sagen!
Schlagzeilen.
In die Schlagzeilen hat er es ja geschafft! Natürlich völlig ohne eigene Gewinnabsichten, was ich ihm auch nicht glaube. Für mich haben diese Plagiate-Jäger einen schalen Beigeschmack!
Problemklientel BWLler
Betriebswirtschaftslehre ist eine LEHRE und keine Wissenschaft; sie ist nicht einmal eine Kunst, da es in ihr lediglich um das Auswendiglernen von Lehr- und Glaubenssätzen geht, die hinterher herunter zu beten sind. Sie hat eigentlich an den Hochschulen und Universitäten nichts verloren und gehört als Hochschulfach abgeschafft. Die Herrschaften haben schon genug Schaden angerichtet.
Und ein "Vetreter" dieser zweifelhaften Zunft, die u.a. die Zerstörung ganzer Unternehmen, ja ganzer Volkswirtschaften und Nationen zu verantworten haben, will nun wissenschaftliche Fehler mit einem Automaten gefunden haben? Platter geht es ja wohl nicht.
Und wer prüft die Dr.&Habil.-Arbeit von Prof. Kamenz?
Herr Steinmeier, Frau Schavan, Herr Guttenberg, ich bitte Sie...^^
Grundsätzlich eine gute Idee, aber ...
FH-Professoren müssen nicht unbedingt habilitiert sein. Da könnte daher sein, dass es von Prof. Kamenz eine Habillitationsschrift - zulässigerweise - gar nicht gibt. Dann müsste sich die Untersuchung auf die Dissertation beschränken.
CHILLY
Peinlicher vorauseilender Gehorsam...
...wenn alles so einfach wäre, würde die Uni nicht prüfen, es sollte völlig unabhängig sein, vom Parteibuch,
aber ein Schlappe dergestalt, dass sich Steinmeier erst mit Handschlag und Häppchen zum Außenminister bestellen lässt, aber dann vielleicht doch zurücktreten muss, das wollen wir nicht, und das will er sicher auch selbst nicht.
Genau das ist wohl die Intention der Veröffentlichung durch ...
den FOCUS gerade jetzt. Steinbrück hat schon den Rückzug angekündigt, mit Steinmeier hätte man dann den letzten "Stone" mit Erfahrung aus der letzten großen Koalition aus dem Verkehr gezogen. Müntefering steht ebenfalls nicht zur Verfügung. Dann bliebe in der SPD von den damals aktiven nur noch Gabriel selbst und Brigitte Zypries als ehemalige Justizministerin. Olaf Scholz war nur die allerletzte Zeit vor der Wahl noch Arbeitsminister, nach dem Rückzug von Münte wg. seiner (damaligen) Frau.
Ich fände es mehr als bedenklich, wenn eine so fragwürdige Anschuldigung zu einer solchen Sperre für einen erfahrenen und - jedenfalls nach ZDF-Politikbarometer - recht geschätzten Politiker führen würde. Das wäre in meinen Augen ein schwerer Verfall der Sitten, die doch gerade die Konservativen verteidigen wollen.
CHILLY