Wie ein Lauffeuer verbreitet sich derzeit eine Nachricht in Chiles Hauptstadt Santiago: "Camila Vallejo hat verloren!", heißt es in den TV- und Radiosendern. Die Titelseiten der Zeitungen verkünden den "traurigsten Tag" oder die "schwere Niederlage" der Studentenführerin. Oder besser: der früheren Studentenführerin. Denn Vallejo, bisher das Gesicht der seit sieben Monaten für kostenlose Bildung protestierenden Jugendbewegung Chiles, gehört nun nicht mehr deren Führungszirkel an.
Der Grund: Die 23-Jährige hat die Studentensprecher-Wahl der Universidad de Chile gegen ihren Konkurrenten Gabriel Boric verloren. Mit einem hauchdünnen Vorsprung von 189 Stimmen landete der vor Camila Vallejo. Sie ist nun nur noch seine Stellvertreterin.
Der Wechsel an der Spitze der Studentenschaft der Universidad de Chile hat Konsequenzen, die weit über die Hochschule hinausreichen. Denn durch ihre Abwahl gehört Vallejo automatisch nicht mehr zur chilenischen Studentenvereinigung Confech, dem Leitgremium der gesamten Jugendbewegung. Den Platz der ehemaligen Studentenführerin nimmt nun ihr Nachfolger Boric ein. Dessen erste Tage als Studentensprecher zeigen deutlich: Die chilenische Jugendbewegung könnte vor einem Richtungswechsel stehen. Wissenschaftler und Journalisten sprechen einstimmig von der drohenden Radikalisierung des Protests. Denn Boric propagiert die Abkehr vom Weg der Verhandlungen mit den Politikern, den die Studentenführer in den letzten Monaten eingeschlagen haben.
Um ihre Forderungen nach kostenloser Bildung durchzusetzen, hatten sie jüngst verstärkt den Dialog gesucht. Mit sachlichen Reden im Parlament warben die Studenten für eine Erhöhung der Bildungsmittel im Haushalt. Immer wieder fanden Hintergrundgespräche mit Politikern aus Regierung und Opposition statt. Nach und nach trug diese Strategie Früchte. Das Kabinett um Präsident Sebastian Piñera versprach mehr Geld für Bildungseinrichtungen und schrittweise Vollstipendien für die ärmsten 60 Prozent der Bevölkerung. Der vor mehr als einem halben Jahr entbrannte Konflikt zwischen den Jugendlichen und der Regierung schien sich zu entspannen.
Kommentare
Eine kleine Katastrophe
Die Abwahl von Camila Vallejos bedeutet, dass sich die Studenten vom gemeinen Volk verabschieden. Die Studentenbewegung hatte diesen fast unglaublichen Erfolg, weil sich sehr viele Menschen mit der sowohl intellektuell als auch physisch strahlenden Camila identifizieren konnten. In Talkshows bot sie mit ihren 23 Jahren gestandenen Parteipolitikern beeindruckend Paroli, witzig, konkret, nachvollziehbar und mit unglaublichem Verständnis für Zusammenhänge.
Nun übernimmt eine Anarchoelite der Universidad de Chile das Ruder, was mit Sicherheit in unendlichen Strassenschlachten enden wird. Damit hätte sich die Sache dann, denn für solche Auswüchse hatte bisher niemand Verständnis.
Camila
Und was wenn die CONFECH wählt Camila als "sprecherin"?
Die chilenische Studenten sind nicht dumm un sehr politisch.
Grüsse
Nicht richtig
1.- Camila Vallejo hat mehr persönliche stimmen al Gabriel Boric.
2.- Camila Vallejo ist jetzt Vizepresidentin von der Vorstand der FECH. Boric ist President.
3.- Die wahlen sind von der linke gewonnen.
4.- Es ist vollkommen möglicht dass Camila die sprecherin der CONFECH wird, wie bisher.
5.- Der Artikel hat einfach die sichtweise von der Rechten übernomen und von El Mercurio. Die akzeptieren nicht dass sie einfach verloren haben.
Àlvaro Rojas
www.elchileno.cl
Sehr wohl richtig
1. Es stimmt, dass Camila Vallejo bei der Wahl zur Präsidentin der Studentenschaft der Universidad de Chile mehr persönliche Stimmen bekommen hat als Gabriel Boric. Diese sind aber für die Wahl nicht entscheidend, sondern die Stimmen für die jeweiligen Listen der Kandidaten. Camila Vallejos Liste hat mit 3864 Stimmen exakt 189 Stimmen weniger erhalten als die Liste von Gabriel Boric (4053).
2. Daher ist Camila Vallejo nun nur noch Vizepräsidentin der Studentenschaft und hat damit eine stellvertretende Funktion für den neuen Präsidenten Boric, das ist richtig. Dies steht auch in dem Artikel, ich verweise auf den zweiten Absatz.
3. Die Listen des linken Spektrums innerhalb der Universidad de Chile sind zersplittert, daher ist es nicht sinnvoll, von "der Linken" zu sprechen. Boric steht für andere Inhalte als Camila Vallejo. Dass Boric ebenfalls dem linken Spektrum zuzuordnen ist, ist ebenfalls im Artikel enthalten (vorletzter Absatz).
4. Fakt ist erstens, dass Camila Vallejo nicht mehr Sprecherin der Confech ist. Zweitens hat die Universidad de Chile im Exekutiv-Komitee der Confech eine Stimme, und diese wird nun einmal maßgeblich vom Präsidenten der entsprechenden Studentenschaft ausgeübt, d.h. von Gabriel Boric..
Sehr wohl richtig
5. Der Artikel reflektiert in keiner Weise eine in der Zeitung "El Mercurio" geäußerte Meinung. Vielmehr stützt er sich auf zahlreiche mediale Quellen, Pressemitteilungen und Gesprächen mit Experten und Studenten. Die zitierten Äußerungen Gabriel Borics rechtfertigen, objektiv von einer möglichen Radikalisierung der Studentenbewegung zu sprechen