Die Arbeitslosigkeit in Europa hat einen historischen Höchststand erreicht: Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation ( ILO ) waren 2010 rund 45 Millionen Menschen in der Europäischen Union ohne Job. Bis auf einige Ausnahmen wie in Deutschland und Österreich seien in den meisten EU-Ländern heute weit mehr Menschen ohne Arbeit als vor der Finanz- und Wirtschaftskrise . Der Ausblick sei wegen der Schuldenkrise negativ.
In Deutschland haben vor allem eine schwache Entwicklung von Löhnen und Gehältern seit der Wiedervereinigung zu der guten Entwicklung geführt.
Weltweit seien mehr als 197 Millionen Menschen arbeitslos, teilte die ILO in Genf mit. Das seien genauso viele wie im Vorjahr und 27 Millionen mehr als vor der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007. Die Arbeitslosenquote stagniere damit bei 6,0 Prozent - und das, obwohl die Weltwirtschaft 2010 um 5,1 Prozent und 2011 um 4,0 Prozent gewachsen sei. Die Arbeitslosenrate bei den 15- bis 24-Jährigen liege mittlerweile weltweit bei 12,7 Prozent.
900 Millionen leben in Armut
Der Deutsche Gewerkschaftsbund bezeichnete die ILO-Zahlen als Weckruf für die Staats- und Regierungschefs weltweit. "Sie müssen endlich mehr Anstrengungen für Wachstum und Beschäftigung unternehmen", sagte DGB-Chef Michael Sommer . Weltweit müssten "dringend" 600 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, sagte die ILO.
Zu den etwa 200 Millionen Arbeitslosen kämen vor allem in den Entwicklungsländern rund 900 Millionen Menschen, die mit einem täglichen Einkommen von weniger als zwei US-Dollar trotz Arbeit unter der Armutsgrenze lebten. "Jeder dritte Arbeitnehmer auf der Welt ist arbeitslos oder lebt trotz Arbeit in Armut", erklärte ILO-Generaldirektor Juan Somavía.
Die ILO rief die Regierungen auf, "entschlossen und koordiniert" dafür zu sorgen, Ängste und Unsicherheiten zu dämpfen, die private Investitionen verhinderten. Nur so könnten private Unternehmen den "Jobmotor wieder anwerfen". Dafür müssten die Staaten auch Anreize schaffen – das sei auch möglich, ohne die öffentlichen Haushalte nachhaltig zu gefährden.
Kommentare
"Gute Entwicklung"?
"In Deutschland haben vor allem eine schwache Entwicklung von Löhnen und Gehältern seit der Wiedervereinigung zu der guten Entwicklung geführt."
Welche "gute Entwicklung" und für WEN ist diese Entwicklung gut?
Was sich auf den ersten Blick oberflächlich gesehen als "positiv" darstellt, dahinter verbirgt sich doch massiver Sprengstoff. Der Aufschwung, resp. ein offitiell stark zurückgehendes Klientel an Arbeitslosen (ALG1) ist um einen Preis erreiht worden, der viel zu hoch ist.
Der Dienstleistungssektor (und damit Niedriglohnsektor) ist weiter ausgebaut worden. Hier sind dann auch die meisten (besonders in der Zeitarbeit als unternehmensnahe DL) Arbeitsplätze entstanden.
Die Folge sind nicht nur prekäre Arbeitsplätze in Hülle und Fülle, sondern auch Arbeitsbedingungen, die man in Somalia oder Vietnam vermuten könnte - aber nein, sie sind in Deutschland, und zwar in überreichem Masse.
Die angeblich "gute Entwicklung" basiert also auf einem Zerfall der Gesellschaft, auf Dumpinglöhne und inhumanen Arbeitsdruck.
Es gehört schon eine Menge Dummheit, bzw Dummdreistigkeit, dazu, das als positiv zu sehen.
Viele meiner bekannten verfluchen den Aufschwung mittlerweilem er hat das soziale Zusammenleben in der Familie zerstört und viele Kindertränen produziert.
Im Gegnsatz zu vielen anderen denke ich, dieser "Aufschwung" wird sich weiter fortsetzen, wenn die Leute nicht endlich aufstehen und eine bessere Arbeitswelt fordern -
Da stimmt ich Ihnen zu!
Es wird ja oft geschimpft, dass der Aufschwung nicht bei den "kleinen Leuten" ankomme.
Umgekehrt wird ein Schuh draus:
Wir haben Aufschwung WEIL bei den kleinen Leuten nichts ankommt!
Leere Daten
Sehr geehrte Zeit-Redaktion
Ohne Informationen über über Grundlagen sowie Art und Weise ist eine Interpretation der Zahlen dem geneigten Leser nicht möglich.
Mir ist bewußt, eine weltweite Definition von Arbeit ist nur schwer möglich und auch kaum zielführend. Zudem darf zum Beispiel die "Arbeitslosenstatistik" des ein oder anderen Landes wohl angezweifelt werden. Damit meine ich nicht nur die USA, wie bitte schön erhebt man die Daten für Somalia?
Selbst das monetäre Einkommen als Maßstab ist bereits irreführend. Zwar gilt ein Bauer in vielen Ländern, mit etwas Land, drei Schweinen und ein paar Hühnern nach dieser Erhebung ohne meßbares monetäres Einkommen als arm, der Umkehrschluß jedoch, der chinesische Wanderarbeiter mit mehreren hundert Euro Monatseinkommen sei dies nicht, obwohl er sich kaum eine Tütensuppe leisten kann, zeigt das wirre Fundament auf welchen diese Daten wohl beruhen.
Das Beispiel zeigt sehr deutlich, die herkömmliche Definition von Arbeit ist überholt. Das System ist überholt.
Deutlich wichtiger wären Meldungen und Erhebungen der Art, Zugang zu Trinkwasser, Zugang zu Allgemeinbildung, Zugang zu medizinischer Versorgung, .... Hieran dürfte das Befinden der Weltbevölkerung deutlich eher zu erkennen sein, als daran wie viele in ein bereits auseinanderfallendes Hamsterrad gescheucht wurden.
Die Menschen brauchen keine "Systemarbeit", sie brauchen eine Beschäftigung, deren Ergebnisse sich positiv in ihrer Lebenswirklichkeit niederschlagen.
Sinkende Arbeitslosenzahlen sind kein Wohlstandsindikator!!
"Die Menschen brauchen keine "Systemarbeit", sie brauchen eine Beschäftigung, deren Ergebnisse sich positiv in ihrer Lebenswirklichkeit niederschlagen."
Genau das fehlt hierzulande. Deshalb ist auch die strändige Betonung "sinkender Arbeitslosenzahlen" Makulatur.
Ich beobachte - und das halte ich für übertragbar - eine zunehmende Entfremdung der Arbeitnehmer von ihrer eigenen Arbeitswelt durch drastisch verschärfte Bedingungen an den Arbeitsplätzen und einer immer drastischer werdenden Asozialität deutscher Arbeitgeber ihren Beschäftigten gegenüber.
Dazu interessiert vielleicht auch diese Abhandlung:
http://www.ftd.de/politik...
Sie arbeitet das theoretisch auf, was ICH praktisch an "jeder Strassenecke" erlebe.
Insgesamt nicht unangemessen
Eine problematische Lohnentwicklung in Gestalt rückläufiger Lohnstückkosten gab es seit dem Jahr 2000 nur in den Jahren von 2005 bis 2007. Im Jahr 2008 und v.a. 2009 stieg der durchschnittliche Stundenlohn je Erwerbstätigenstunde stärker als die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigenstunde, so dass die 2005er bis 2007er Delle mittlerweile mehr als ausgeglichen wurde. Über den gesamten Zeitraum seit dem Jahr 2000 gesehen war die Lohnentwicklung in Deutschland eher nicht unangemessen. Aber möglicherweise oder wahrscheinlich war sie es in anderen Ländern der Eurozone, weshalb diese an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt haben. Eine Lohnentwicklung ist dann angemessen, wenn sie der Entwicklung der Arbeitsproduktivität folgt.
Aus welchen Quellen schöpfen Sie ?
*Inflationsbereinigter, branchenübergreifender Lohnrückgang seit 2000: 4,5 %
Der Stundenlohn in der gewerblichen Wirtschaft stagniert schon seit 6 Jahren: http://www.jjahnke.net/in...
*Trotz Gehaltsorgien im Spitzensatz!
Hier nochmal und
immer wieder gerne Lösungsansätze die nicht nur für Deutschland denkbar sind:
http://www.kultkino.ch/ku...
Es muss endlich gerechter zugehen auf dieser Welt. Jeder hat ein Recht auf Teilhabe an dem Vermögen welches das Volk erwirtschaftet und nicht nur einige wenige die an den Fleischtöpfen sitzen!