Eine gute Nachricht aus Spanien : Wer auf der iberischen Halbinsel sein Geld mit der Herstellung von Privatsafes verdient, profitiert von der Bankenkrise im Land. Das Geschäft mit den handlichen Stahlschatullen für den Wäscheschrank daheim boomt. Der spanische Mittelstand transferiert neuerdings einen Teil seiner gesparten Euros vom Konto ins Eigenheim. Dort hortet er sie, gebündelt und gepanzert. Denn wer weiß, ob der Geldautomat der Hausbank demnächst noch reagiert?
Was beim Abendessen im Freundeskreis noch Heiterkeit auslöst, illustriert im Alltag den Ernst der Lage. In Spanien ist das Vertrauen in die Banken, in die Wirtschaft, in die Politik und in die Zukunft des Landes, gelinde gesagt, schwer angeschlagen. Was vor einem Jahr von der Bewegung der Indignados, der "Empörten" , als antikapitalistische Systemkritik formuliert wurde, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Hier empfindet man nicht Wut und Empörung, sondern Enttäuschung, Misstrauen, Resignation. Umfragen zeigen, dass die Spanier immer weniger von der Demokratie erwarten. Das Vertrauen, dass Spanien aus eigener Kraft die Finanzkrise bewältigen kann, tendiert gegen null. Auf die Indignierten folgen die Frustrierten.
"Das gemeinsame Gefühl ist gezeichnet von einer kollektiven Depression", sagt der Politikwissenschaftler Fernando Vallespín in Madrid . "Das Land steckt in einer dreifachen Krise: wirtschaftlich, sozial und moralisch." Eine Situation, in der man eine professionelle Führung braucht. Also genau das, was Spanien zurzeit am meisten fehlt, abgesehen von den Euro-Milliarden, die offenkundig überforderte Bank- und Sparkassenmanager zusammen mit unfähigen und zum Teil korrupten Regional- und Lokalpolitikern buchstäblich verspielt haben. Die aus der Fusion regionaler Sparkassen entstandene und nun selbst vom Bankrott bedrohte Bankia ist ein Paradebeispiel für das Chaos im spanischen Finanzsystem, das Europas Börsen und die Regierungen der Euro-Länder in Angst versetzt.
"Wir sind nicht deutschenfeindlich"
Politisch verantwortlich für das Schlamassel ist in erster Linie die aktuelle Regierung. Vor einem halben Jahr ist sie mit der damals schon etwas vollmundigen Zusage angetreten, die Folgen der siebenjährigen sozialistischen Misswirtschaft aufzuräumen und das Land zu sanieren. Danach verschwand der neue Regierungschef Mariano Rajoy von der Bildfläche, mied Pressekontakte und Mikrofone und überließ die Verkündung unangenehmer Nachrichten seinen Ministern – vor allem jene über Einschnitte und Kürzungen bei Sozialleistungen, die er im Wahlkampf noch für unantastbar erklärt hatte. Hin und wieder, so hörte man, telefonierte er mit Angela Merkel .
Wenn man den Zeitungen, den politischen Insidern und den unpolitischen Normalbürgern im Freundeskreis traut, ist es die deutsche Kanzlerin, die den Spaniern sagt, wo es von nun an langgeht. "Wir sind pleite, Merkel wird uns retten", kommentierte neulich ein spanischer Freund, beruflich ein Deutschlandexperte, per SMS die Lage. Das war ironisch gemeint, fasste aber die allgemeine Stimmung gut zusammen. "La Merkel" und ihr Berliner Spardiktat für Europa füllt die Kommentarspalten längst auch in Spanien. Und Rajoys Minister sind damit beschäftigt, öffentlich dem Eindruck entgegenzutreten, dass sie Order auf Deutsch bekämen: Ja, Brüssel wird schon helfen. Nein, Berlin will Spanien nicht unter den Rettungsschirm zwingen. Ja, es wird eine europäische Lösung geben. Nein, es wird keine "Troika" nach Athener Vorbild nach Madrid reisen. Und nein, die deutsche Kanzlerin habe nichts dergleichen gefordert, auch nicht Wolfgang Schäuble .
Spanische Germanophobie? "Wir wissen, dass wir es ohne deutsche Hilfe nicht schaffen", sagt Vallespín, "aber wir sind nicht deutschenfeindlich." Ein anderer Kolumnist, Suso de Toro, umschreibt die Fixierung der öffentlichen Debatte auf die Deutschen mit dem Wortspiel über die manische Fixierung auf Alemania (Deutschland): Das sei eben eine Alemanía (wichtig ist dabei das í). Über die verwirrt-verwirrende Öffentlichkeitsarbeit, mit der die Regierung der allgemeinen Konfusion Herr zu werden versucht, machen sich Freund und Feind der Konservativen inzwischen offen lustig. Oder sie reagieren verärgert, vor allem die Kommentatoren, die dem rechten Flügel von Rajoys Volkspartei (PP) nahestehen. Vor allem El Mundo . Das konservative Blatt warnt Rajoy davor, sich auf eine griechische Lösung – mit Überwachung durch die internationale Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Weltwährungsfonds – einzulassen. Angesichts der wenig überzeugenden Dementis wird es nicht müde, vom deutschen Druck auf Madrid zu berichten und darüber, dass man in "G-7-Kreisen" über den "spanischen Stolz" spotte und von einer "fatalen Arroganz" der Spanier spreche.
Kommentare
"Das Vertrauen, dass Spanien aus eigener Kraft die Finanzkrise..
... bewältigen kann, tendiert gegen null. Auf die Indignierten folgen die Frustrierten."
Diese Einsicht scheint mir recht realistisch und entspricht einer Aussage von vor zwei Jahren, die mir gegenüber einer der 5 Weisen machte. Das ist nicht somit sehr neu.
"Das Vertrauen, dass Spanien aus eigener Kraft die Finanzkrise.
.... bewältigen kann, tendiert gegen null. Auf die Indignierten folgen die Frustrierten."
Jahrzehntelang wurden die Deutschen verlacht, ob ihrer restrektiven Steuergesetzgebung, des Handelrechts, des Bilanzwesens, des dualen Ausbildungssystems, Meldewesens, Kontrollgremien, etc., etc ! Dagegen schien das südländische "easy going" immer erstrebenswert, tja, bis das Geld alle war ! Jetzt wollen sie Hilfe (in Form von Geld), aber bitte ohne Einmischung von Aussen, was wieder nur dazu führt, dass die Kohle nur verbraten wird und in einem halben Jahr der Urzustand wieder da ist. Ein ineffektiver und aufgeblähter Beamtenapparat wie in Spanien würde das Geld so schnell schreddern, dass einem normalen Bürger der Kopf brummen würde ! Erst die Ursache bekämpfen, dann neues Geld!
GoG
Den Eindruck hatte ich bisher
nicht, dass in Spanien alles einfach so "easy going" geht. Ihre reichlich überhebliche Sicht von Deutschland auf "die" Spanier halte ich für ziemlich unangemessen. Deutschland verfügt über ganz andere industrielle Strukturen als Spanien. Sicherlich auch ein historisch bedingter Verdienst denn Deutschland ist mit anderen Vorzeichen in die EU und den EURO gestartet als Spanien. Unbestreitbar haben die spanischen Regierungen (und natürlich vor allem Banken) in den letzten 10 Jahren Fehler gemacht. Doch viele spanische Unternehmer, Arbeiter und Angestellte haben ziemlich gute Arbeit geleistet und das Land vorangebracht. Dies ist für mich ein Hauptunterschied zu Griechenland wo sich sehr viele mit einem korrupten System arrangiert haben und jeder versuchte für sich das Maxixum heraus zu holen.
Europa ist gescheitert
Spanien ist nicht zu retten. So viel Geld hat niemand - auch Deutschland nicht. Es wäre besser, wenn Deutschland sofort aus EURO und EU austritt und zur DM zurück kehrt. Europa ist nämlich gescheitert.
Sie wünschen sich den Untergang....
Abgesehen davon, daß Ihr Wunsch daß Deutschland aus EU und Euro austritt nicht die geringste Chance auf Realisierung hat, wäre dies der Weg ins absolute Desaster.
Die wirtschaftlichen Folgen für dieses Land und den Kontinent wären unabsehbar und vermutlich schlimmer als die Weltwirtschaftskrise in den 1930 Jahren. Ich hätte auch Angst, daß der unselige Nationalismus wieder auferstehen könnte und auch kriegerische Auseinandersetzung nicht mehr ausgeschlossen wären.
In jedem Fall würde Europa - und Deutschland - in der Bedeutungslosigkeit untergehen.
Europa hat vor dem EURO bestanden -
und wird auch nach dem EURO weiterbestehen.
Eine immer engere Union gegen den Willen der Bewohner kann aber auch in eine jugoslawische Situation führen ...
Eine erzwungene Einheit ist das sicherste Mittel, ein Wiederaufleben des Nationalitätenhasses zu befördern. Das zeigen vielfältige historische Erfahrungen.
Aber unsere EUromantiker weigern sich einfach, diese geschichtlichen lehren zu sehen.
@77marcaurelSiewünschen
@77marcaurel, Bitte Argumente. Man muss objektiv aufrechnen, was eine Daueralimentierung der Südstaaten kosten würde. Ich verstehe ja Ihre Angst vor kriegerischen Auseinadersetzungen (Ängste sind nun mal irrational). Aber schauen Sie bitte was vor nicht allzu langer Zeit in der Mitte Europas geschah: Trotz Einheitswährung "Dinar" gab es grausamen Krieg in Jugoslawien (Tschetschenien ebenfalls). Die einfache Denke: "gleiche Währung - kein Krieg" ist naiv, wie die Geschichte zeigt. Die Ängstlichen jedoch halten verkrampft an ihrem Dogma fest.
Und was ist, wenn D "Bedeutungslos" wäre, so wie die anderen 150 Staaten auf unserem Planeten? Ich mag das imperialistische, etwas anmaßendes Gehabe der Eurobefürworter nicht. Bedeutungslos, aber frei, souverän, demokratisch und friedlich- toll. Woran messen Sie "Bedeutungslosigkeit"? An Fortschritt, Wohlstand oder dem Vermögen andere Staaten zu manipulieren? Ich hoffe mal: das erstere. Auch da zeigt sich: viele "kleine, bedeutungslose" Staaten haben einen größeren Fortschritt, Wohlstand als manche Eurozonenstaaten.
"Jahrzehntelang wurden die Deutschen verlacht, ob ihrer ...
...restrektiven Steuergesetzgebung, des Handelrechts, des Bilanzwesens, des dualen Ausbildungssystems, Meldewesens, Kontrollgremien, etc., etc"
Und nun wissen wir wieso. Wir verlieren trotz aller Akribie unsere Ersparnisse.
Nicht nur das,
sondern dieselben Leute, die uns erzählen, was für ein Erfolg der EURO für Deutschland war, erklären uns, dass gerade die deutsche "unlautere" Konkurrenz die südlichen EURO-Länder kaputtgemacht habe, und dass "wir" aber unbedingt den EURO behalten müssten, weil es "uns" damit so gut geht, und dass "wir" aber dafür den anderen finanziell unter die Arme greifen müssten, weil "unsere" Konkurrenz an allem schuld sei.
Und bemerken nicht einmal die Widersprüchlichkeit ihrer Argumentation!
Wieso überheblich ?
Das "südländische" Problem liegt in der mangelnden Steuerehrlichkeit der Bürger und/oder Firmen und der Unfähigkeit der Staaten diese zu ahnden, da seine Beamten kaum dafür, wenn überhaupt, ausgebildet sind.
Diese Schlitzohrigkeit hat zugegebener Weise einen gewissen Charme, gerade für uns Deutsche, die wir über unseren Bürokratismus stöhnen, aber für diese Länder ist das einfach "too much" !
Ja, es scheint mir immer etwas frech, wenn....
....ich lese Dieser oder Jener hätte gerade wieder gesagt, Deutschland hätte profitiert aus dem Euro. Es wird interessant sein zu sehen, wenn der Staub sich gelegt hat, wie sich die gewinne der Langen Stagnation nach dem Eintritt in den Euro und nun die Verluste in der Krise sich addieren und eine klare Rechnung zeigt, wie sehr der Deutsche profitiert hat. Ich denke wir werden sehen, dass die behaupteten Gewinne das sind: Behauptungen.
Das komische daran ist, dass Politiker noch immer von diesen Gewinnen sprechen ohne die Rechnung aufzumachen. Natürlich verlagert sich die Begründung zunehmend in windigere Behauptungen, man müsse groß und stark sein um in der Großen Welt in Zukunft mitzureden. Aber es wird nicht gesagt, wieso das sein sollte. Werden wir weiterhin als Nation Europa 27 Sitze in der UNO und zwei Vetos am hohen Tisch haben? Wieso? Die Amis haben jeweils eine Stimme. Ähnlich ist es in WTO, OECD, IWF oder Weltbank. Wir koordinieren doch bereits jetzt den Auftritt, würde man meinen. Und mit der EU Verfassung? Wer blickt da schon durch? Ich kenne kaum Einen, der sie gelesen hat. Und verstanden?
Mag sein, dass Ein Europa eine tolle Idee ist. Aber so wie man es bisher macht fehlt dem Ding die Fähigkeit und die Legitimität. Das ist alles nichts. Und wer anderes behauptet, dem kann man nicht trauen.
Hah! Sie sind den Politikern und...
....Eurokraten auf den Leim gegangen! Natürlich hat man genug Geld um die Spanier zu retten. Die haben das damals nur so gesagt um den Märkten Angst zu machen.
und weil in D alle so
steuerehrlich sind wollte Herr Steinbrück die Kavallerie gegen die Schweiz aussenden ?
Wann ist Ihr nächster Stammtisch ?
Am deutschen Wesen...
Ist Ihnen eigentlich klar, dass die Länder der Südperipherie auch "jahrzehntelang" gut ohne deutsches Kulturgut ausgekommen sind? Man stelle sich sogar vor, dass vor Jahrzehnten GR heftigsten Widerstand gegen die leibhaftig gewordene deutsche Besserwisserei in Springerstiefeln geleistet hat.
Von den einstigen Weltreichen der Spanier und Portugiesen gar nicht zu reden. Als man in "Deutschland" noch auf einer Fahrt von München nach Hamburg 20 Grenzkontrollen über sich ergehen lassen musste.
Also erstmal den Ball flachhalten, am deutschen Wesen wird auch diesmal nicht die Welt genesen, sondern wie immer auch schon zuvor, schlicht und einfach in den Untergang gestürzt werden.
Ja Ja
und wo ist jetzt das sachliche Argumente (spanische Staatsschuldenquote kleiner als deutsche, Krise eine der Privatwirtschaft / Immobilien + Banken, Massnahmen der spanischen Regierung usw.)?
Das macht aber etwas Arbeit und fordert Nachdenken.
Also predigt man lieber ...
ich will das Europa unabhängig bleibt
Im 21. Jahrhundert werden die Entscheidungszentren der Welt Washington, Moskau, Peking, Dheli, Brasilia heissen.
Die Welt wird sich multipolar um einige wenige Zentren drehen, die die notwendigen Entscheidungen treffen, wer was zu tun hat und was bekommt. Niedliche Miniaturstaaten wie wir sie in Europa haben, werden auf dieser Ebene nicht mehr vorkommen und haben bestenfalls noch die Wahl, wessen Vasallen sie sein wollen.
Die einzige Chance, die europäischen Interessen - ausdrücklich: nicht militärisch oder imperialistisch - zu artikulieren ist die Europäische Union.
Dies hat sicher nichts mit Großmacht tun, sondern mit dem Wunsch die europäische Lebensweise zu erhalten
Ich bin pleite,
wer rettet MICH?
Das Insolvenzverfahren!
Das ist ihre Rettung vor den Gläubigern!
Das gibt es für Staaten leider nicht. Nur deshalb ist es für Spekulanten interessant, gegen Spanien zu wetten.
Aber getrennt von der Realitätsnähe anzuerkennen, dass....
....dass Deutschland sehr viel Geld noch in dem Projekt Euro wird verbuddeln müssen, ist zu bemerken, dass bis vor Kurzem das von fast allen Regierenden geleugnet wurde. So haben viele Menschen ihren Regierenden geglaubt und ihre Handlungen danach ausgerichtet. Diese Menschen werden auf verschiedenste Weise nun ihr Geld wohl verlieren, das sie hätten retten können.
Das ist nicht gut. Wer haftet für die Falschaussagen?
Haftung ist tatsächlich der springende Punkt
..
Am Ende des Euro muss eine Kultur der Aufarbeitung stehen. Wer hat wann, warum und unter welchen Umständen. Aber das darf nicht reichen, das Verbrechen des Euro am deutschen Volk ist zu schwerwiegend.
Helmut Kohl, Helmut Schmidt etc. müssen bestraft werden.
[...]
Bitte verzichten Sie auf rufschädigende oder diffamierende Äußerungen. Danke, die Redaktion/fk.
Alltagsgeplänkel
Was ich mittlerweile nur noch im Kopf habe, wenn ich sowas lese, ist: Blablablablablablabla...
Jeden Tag das Selbe, frei nach dem Motto: "Different Country, same shit!"
Und die Beteiligten scheinen nur rat-, taten-, ideen- und orientierungslos umher zu irren! Der letzte macht das Licht aus!