Noch im Sommer waren sich die Ökonomen einig: Mit all dem politischen Chaos habe Ministerpräsident Alexis Tsipras der Wirtschaft im ersten Halbjahr einen ordentlichen Unsicherheitsschub verpasst. Die Grexit-Sorge und die Angst vor einem Staatsbankrott gingen wieder um. Gift für die Konjunktur.
Bloß: Die Zahlen erzählen eine andere Geschichte. Um 0,9 Prozent wuchs die griechische Wirtschaft im zweiten Quartal. Im Vergleich zum Vorjahr waren es sogar 1,6 Prozent – dabei hatten Ökonomen sogar ein Minus erwartet. Das wirkt sich auch auf die Kalkulation für das ganze Jahr 2015 aus. Anfang August war die EU-Kommission noch davon ausgegangen, dass es einen Rückgang in der Wirtschaft um 2,3 Prozent geben wird. Angesichts der guten Entwicklung im Frühjahr rechnen Ökonomen in Griechenland aber nun mit einem Minus von etwa 1,5 Prozent.
Wie kann das sein? Die Bürger hatten doch im Frühjahr ihre Bankkonten leergeräumt, weil sie einen Euro-Austritt fürchteten und damit einen Wertverlust ihres Vermögens. Doch offenbar versteckten viele Griechen ihr Geld nicht einfach nur unter dem Kopfkissen, sondern gaben es für langlebige und wertstabile Konsumgüter wie Küchengeräte und Autos aus. Die Neuzulassungen für Fahrzeuge stiegen von März bis Mai um gute 30 Prozent an.
Längst fällige Steuern werden eingesammelt
Auch Millionen Touristen ließen sich von den Kapitalverkehrskontrollen, die Ende Juni eingeführt wurden, nicht davon abhalten, ihren Sommerurlaub in Griechenland zu verbringen. Um 21 Prozent zum Vorjahr stiegen die Buchungen. Die Branche erwartet für dieses Jahr insgesamt 25 Millionen Touristen. Auch diese Entwicklung trug dazu bei, dass sich die Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahres deutlich besser entwickelte als gedacht.
Doch von einer stabilen Lage zu sprechen, wäre zu früh.
Zwar nimmt das Vertrauen der Unternehmer in eine wirtschaftliche Stabilisierung
allmählich zu. Das zeigt auch der Anstieg der Bankeinlagen. Aber so konsumfreudig wie im ersten Halbjahr zeigen sich die
Verbraucher noch lange nicht. Das mag auch daran liegen, dass sie ahnen, was noch
auf sie zukommt.
"Eine Reihe von Steuerzahlungen für die Bevölkerung und Unternehmen wird nun fällig, die wegen der politischen Ereignisse aufgeschoben worden sind", sagt Manos Giakoumis, Chef-Analyst des griechischen Datendienstleisters Macropolis. Die Regierung Tsipras hatte etwa versprochen, die verhasste Immobiliensteuer zu senken und sie deshalb nicht eingezogen. Nun aber sieht die Vereinbarung mit den Geldgebern vor, die Steuer in voller Höhe und in mehreren Ratenzahlungen zu erheben. Da in Griechenland die Eigentumsquote für Immobilien bei mehr als 70 Prozent liegt, sind davon sehr viele Menschen betroffen.
Kommentare
Wie wäre es, wenn Herr Schäuble sagte "Wir schaffen das!", den Würgegriff am Hals des griechischen Staates lockerte und statt deutsche Banken und Kreditgeber zu retten, dem griechischen Volk seine Solidarität anböte?
Bei Syrern ohne Ausweispapiere ist das doch auch möglich.
OK, versteh' schon, die Griechen müssen eben erst flüchten, bevor man ihnen helfen kann.
Solidarität mit Europäern - ein schöner Traum. Nichts für die EU.
Wenn irgendjemand geglaubt hat, dass sich die Griechen ändern, der wird mit dem nächsten Rettungspaket eines anderen gelehrt.
Steuern zu erheben, heißt ja lange nicht, dass diese auch dort landen, wo sie es sollten,
so war es schon immer.
Und das alles, ist seit langem bekannt - ein Totalversagen unserer Regierung!
Wie wäre es, wenn Herr Schäuble sagte "Wir schaffen das!", den Würgegriff am Hals des griechischen Staates lockerte und statt deutsche Banken und Kreditgeber zu retten, dem griechischen Volk seine Solidarität anböte?
Bei Syrern ohne Ausweispapiere ist das doch auch möglich.
OK, versteh' schon, die Griechen müssen eben erst flüchten, bevor man ihnen helfen kann.
Solidarität mit Europäern - ein schöner Traum. Nichts für die EU.
"Die EU-Kommission ist pessimistisch"
Mit Recht!
Ich habe gerade einen bericht gelesen über das Deutsche Wirtschaftswunder. Deutschland war nach dem 2. Weltkrieg sehr hoch verschuldet. Die Reparationsforderungen waren immens. Die Staatskassen leer. Der Kreig hatte viel gekostet. Ohne den Plan der drei Siegermächte Deutschland wirtschaftlch wieder auf die Beine zu helfen, wären wir in etwa in der Lage, in der Griechen land heute ist. Alle Staaten erließen Deutschland die Schulden auch Griechenland (unfreiwillig). Die DDR hingegen zahlte viele Jahre lang an die Sowietunion für die Kriegsschulden.
Amerika ist höher verschuldet als Griechenland (pro Kopf). Amerika setzte auf noch mehr Schulden - und kam aus der Krise wieder heraus. Amerika bekoommt seine Kredite für NULL Prozent ZInsen - Griechenladn zahlt allein an Deutschalnd jedes Jahr Zinsen in Millionenhöhe. Netto verdienen wir seit der Krise an Griechenland. Im Haushalt sind die Einnahmen eingeplant.
Von Griechenland velangt man, daß sie sogar ihre Wasserversorgung privatisieren. Warum? Wie die Geier warten die KOnzerne und Fonds darauf, die Wasserwerke günstig zu übernehmen und die Preise für Wasser zu erhöhen. Der Kapitalismus (die Zusammenarbiet von Politik und Wirtschaft) zeigt in Griechenland wozu dieses System fähig ist.
"Eine Mehrheit muß für eine Minderheit arbeiten und bekommt als Lohn nicht mehr, als früher die Sklaven bekamen". Das ist die Wertegmeinschaft des Westens, von der sonntags geredet wird.
Nocheinmal zu den Fakten:
- Griechenland zahlt in der Summe (gemessen am BSP) weniger für seinen Schuldendienst als z.B. Deutschland.
Das Problem ist damit bei weitem nicht die Schuldenlast, sondern der Reformstau und die immens hohe politische Unsicherheit. Es ist leider nicht Europa anzulasten, wenn in Griechenland momentan nur die dümmsten Parolen gewählt werden.
@contraego
Zitat
""Eine Mehrheit muß für eine Minderheit arbeiten und bekommt als Lohn nicht mehr, als früher die Sklaven bekamen". Das ist die Wertegmeinschaft des Westens, von der sonntags geredet wird."
Zitat Ende
Da sehen Sie mal, wie genial die Einführung der Beichte war.
Anders ausgedrückt: Leistung muß sich eben lohnen.
Die Wertegemeinschaft des Westen hat seit dem Fall der Mauer eine moralische Bankrotterklärung nach der anderen hingelegt, alles im Kielwasser der Omnipotenzapologeten dieser Welt. Wir haben mit großer Hingabe die Saat für den eigenen Niedergang gelegt. Allmählich begreife ich, wie es kommt, daß Kulturen Niedergänge erleben und von anderen abgelöst werden.
"Allmählich begreife ich, wie es kommt, daß Kulturen Niedergänge erleben und von anderen abgelöst werden."
Es sind auch fast immer die selben Prozesse - seit über 5.000 Jahren.
Die vorherrschende Kultur wird satt und träge.
Im Besonderen bei den Eliten siegen Selbstnutz und Eigeninteressen über das Gemeinwohldenken.
Das hölt die innere Stärke der Kultur aus, bis es nur noch einen Stein des Anstoßes bedarf, das das Kartenhaus zusammenbrechen läßt - ein Stein, der zu Zeiten des Aufstieges leicht beiseitegeräumt worden wäre.
Das Paradebeispiel ist und bleibt: Rom.