Dieser Traum der Eigenverantwortung und Freiheit besteht für immer weniger US-Amerikaner. Die Ungleichheit hat massiv zugenommen und immer mehr Menschen in den vergangenen drei Jahrzehnten wurden wirtschaftlich und sozial abgehängt. Die Realeinkommen der unteren 40 Prozent sind über die vergangenen 30 Jahre geschrumpft. Viele Amerikaner realisieren, dass ihre Kinder und Enkel es nicht besser haben werden, als sie selbst.
Es sind kaum die arbeitslosen US-Amerikaner, die Trump gewählt haben, sondern vielmehr die Menschen in der Mittelschicht, die Angst haben, abgehängt zu werden. Über 60 Millionen Amerikaner haben für Donald Trump gestimmt, nicht weil sie rassistisch, sexistisch oder fremdenfeindlich sind. Sondern weil sie sich an die Hoffnung klammern, Trump möge ihnen ihren amerikanischen Traum zurückgeben.
Der Aufstieg des Populismus und der Populisten ist jedoch nicht nur ein US-amerikanisches Phänomen. Auch in Europa gewinnt der Populismus massiv an Zulauf, von der Brexit-Wahl in Großbritannien, über die politischen Erfolge der rechtsextremen Parteien in Frankreich, den Niederlanden, Italien oder Deutschland. Denn was für die USA der amerikanische Traum ist, ist die soziale Marktwirtschaft für viele Europäer und gerade für viele Deutsche. Und diese soziale Marktwirtschaft ist in den Augen vieler gescheitert.
Die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit hat in den meisten europäischen Ländern in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. So sind die Einkommen und Ersparnisse der unteren 40 Prozent der Deutschen in den vergangenen 20 Jahren geschrumpft. Sorgen über die Zukunft und Abstiegsängste sind in Deutschland nicht weniger verbreitet als in den USA. Sicherlich gibt es wichtige Unterschiede in den politischen Systemen und Kulturen der Länder. Es wäre jedoch gefährlich, das Potenzial für den Populismus und Rechtsextremismus in Europa zu unterschätzen.
Wir Europäer müssen uns auf vier und vielleicht acht Jahre eines Präsidenten Trump einrichten. Wichtiger jedoch ist, dass wir Lehren aus der Wahl Donald Trumps ziehen und dass die Politik es sich als oberste Priorität nimmt, die soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Polarisierung zu bekämpfen. Nur mit einer intakten, funktionierenden sozialen Marktwirtschaft können Deutschland und unsere Nachbarn den Populismus in seine Schranken weisen und das Gespenst eines europäischen Donald Trump verscheuchen.
Kommentare
/ Wichtiger jedoch ist, dass wir Lehren aus der Wahl Donald Trumps ziehen und dass die Politik es sich als oberste Priorität nimmt, die soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Polarisierung zu bekämpfen. /
wer ist wir? das "wir" ist längst der polarisierung zum opfer gefallen.
die, die es könnten, waren bisher alles andere als bereit dazu. worte ersetzen keine taten. dieser status hält immer noch an. solange haben die trumps dieser welt gute karten.
Tja, Hochqualifizierte bekommen für gleiche Arbeit zunehmend weltweit den gleichen Lohn.
Gering Qualifizierte bekommen in Deutschland im Vergleich mit den gering Qualifizierten in anderen Ländern erheblich weniger.
Wenn die Grenzen fallen, gleichen sich eben auch die Unterschiede aus.
Ist das gut? Nun, für einen chinesischen oder indischen Arbeiter, sicher ja. Für einen deutschen Arbeiter, eher nicht.
Die Vorstellung, dass die Grenzen fallen, gleichzeitig aber ein Deutscher für vergleichbare Arbeit zigmal mehr Geld bekommt als ein Inder, nur weil er Deutscher ist, scheint nicht nachhaltig möglich zu sein.
Genau, wir müssen über Dialektik und das Spiel der realen oder scheinbaren Antigonismen, der realen oder eingebildeten Abgrenzungen, neu nachdenken. Die Menschen sind mehr gleich als verschieden.
Nicht dass uns unser logisches Denken und die Bereitschaft zum Diskurs zu Allem und Jedem einen Streich spielt und dem Divide et impera und der Aushöhlung der Demokratie mit ihren ureigendsten Mitteln, denen des offenen Diskurses
(Habermas, Popper), auch und gerade via Normalmedien und dann auch noch modernen Sozialmedien, zuspielt und einen perfiden Neofaschismus allerorten bis nach Mecklenenburg - Vorpommern und die ultrarechte Szene gar begünstigt.
Vgl. Monitor gestern Abend zu Medien und rechten Themen, die 2016 beherrschten.
"Dieser Traum der Eigenverantwortung und Freiheit besteht für immer weniger US-Amerikaner."
Die einfach und immer passende Antwort der Smart-Winner-Fraktion dazu ist: Sie müssen sich eben bilden.
Die implizite, stumme Subbotschaft ist: Wenn du keinen Erfolg hast, hast du dich nicht oder falsch gebildet.
Passt immer. Wackelt nicht und hat Luft für die nächsten 25 Jahre neoliberaler Siegeszug.
"Die einfach und immer passende Antwort der Smart-Winner-Fraktion dazu ist: Sie müssen sich eben bilden."
Früher stand der gering Gebildete in Konkurrenz mit anderen gering Gebildeten in seinem Volk. Heute steht er in Konkurrenz zu vergleichbar Gebildeten in China, Indien, Brasilien. Und mit Computern und Maschinen.
Zunehmend trifft das auch auf durchschnittlich Gebildete zu, da kommt die Konkurrenz ebenfalls aus China, Indien und von Maschinen.
Offene Grenzen, aber nationalstaatliche soziale Gerechtigkeit, wie soll das funktionieren?
Die Bürger der USA sind für ihr Schicksal selbst verantwortlich. Es hat eine Abstimmung gegeben und die Entscheidung war nach dem System dort für Trump.
So ist das eben. Das kann man nun gut oder schlecht finden, aber es ist letzten Endes so, dass wir das akzeptieren sollten.
Welche Folgen das haben wird, das werden wir sehen und auch unsere Schlüsse daraus ziehen.
Reden wir in vier Jahren weiter.
Ihnen ist sicherlich aufgefallen, dass Trump in diesem Artikel nur ein beschriebenes Symtom ist. Tatsächlich geht es um den Populismus, und der Frage danach, wie man ihn wieder durch Inhalte ersetzen kann. Und zwar hier -- in Europa, speziell in Deutschland.