ZEIT ONLINE: Herr Koch, immer mehr Menschen lassen sich ihr Essen und ihre Einkäufe liefern. Wie kaufen Sie ein?
Olaf Koch: Ich gehe gerade bei Lebensmitteln tatsächlich regelmäßig selbst vor Ort einkaufen, natürlich bei Real oder Metro Cash & Carry. Bei eher rationalen Produkten bin ich aber ganz klar Onlinekäufer.
ZEIT ONLINE: Was sind für Sie rationale Produkte?
Koch: Zum Beispiel Technikprodukte. Ich gehe zwar auch im Handel stöbern, sehe mir aber auch die Bewertungen im Internet an und kaufe dann vor allem online. Immer häufiger auch Kleidung. Das konnte ich mir vor zehn Jahren noch nicht vorstellen.
ZEIT ONLINE: Die Digitalisierung hat auch den Lebensmitteleinzelhandel erreicht. Amazon Fresh beliefert Kunden in Berlin, Potsdam und Hamburg mit frischen Lebensmitteln. Auch Sie beliefern dort mit getnow.de. Wollen Sie mit Amazon konkurrieren?
Koch: Getnow ist ein junges Unternehmen, mit dem wir lokal kooperieren. Es nutzt die Metro als Plattform, um unsere Waren nicht nur für Geschäftskunden, sondern dem Endkonsumenten verfügbar zu machen. Vergleichen kann man aber das letztlich mit kleinen Tante Emma-Läden, die auch heute schon bei uns in der Metro einkaufen und diese Artikel dann weiterverkaufen. Getnow liefert die Ware aber eben an die Haustür.
ZEIT ONLINE: Amazon muss seine speziellen Logistikzentren für Lebensmittel erst errichten. Mit den Metro-Märkten haben Sie solche Lebensmittellager bereits überall in Deutschland. Wollen Sie diesen Vorteil nicht nutzen?
Koch: Wir kooperieren wie gesagt lokal an zwei Standorten mit Getnow, aber das ist nicht unsere strategische Priorität. Für uns bei Metro liegt der Schwerpunkt ganz klar auf dem Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere Restaurants, Hotels und Caterer sowie unabhängigen Einzelhändlern.
ZEIT ONLINE: Warum klingen Sie so zögerlich? Überall ist zu lesen, die Branche zittere vor Amazon. Müssen Sie nicht endlich loslegen?
Koch: Ich muss ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel ist extrem wettbewerbsintensiv. Es gibt ein unglaublich dichtes Netz an Läden. Der Marktanteil der Discounter liegt bei mehr als 40 Prozent, viele Kunden achten also stark auf die Preise. Die Loyalität der Kunden gegenüber einem bestimmten Einzelhändler ist folglich in der Regel nicht sehr hoch, viele Menschen gehen schon wegen ein paar Cent Preisunterschied zum nächsten Supermarkt. Deshalb werden viele Kunden wohl nicht extra für einen Lieferdienst bezahlen wollen. Die Kosten für die letzte Meile zur Haustür des Kunden sind hoch.
Kommentare
"Viele Kunden wollen nicht für Lieferdienste zahlen"
Warum sollten sie. Das war früher ein normaler Service des Lebensmitteleinzelhandels, den älteren Kunden die Ware ins Haus zu bringen. Dafür gab es für den Jungen ein Trinkgeld.
Der Metro-Chef hat offenbar einige Probleme mit dem Service-Gedanken.
Ich habe als Schüler für meinen Tanta Emma Laden mittags diese Waren mit einem speziellen Fahrrad ausgefahren. Ein toller Job. Schon als dreizehnjähriger hatte ich damals in der Woche zwischen 30-50 DM Taschengeld. Damals ein kleines Vermögen. Mehr Taschengeld als so mancher Familienvater im Monat hatte.
Oder einfach die Lieferkosten auf die Produkte umlegen und den Lieferdienst kostenfrei anbieten...
Ihnen ist schon klar, dass es den Kunden egal ist, ob die Lieferung etwas kostet, sondern dass nach dem Gesamtpreis des Einkaufs geschaut wird?
So ein Quark. Ich möchte nicht in den bekloppten Lebensmittelgeschäften abhängen. Diese Einkäufe würde ich liebend gerne gemütlich vom Sessel aus erledigen. Am besten mit einer Einkaufsliste, aus der ich meine präferierten Produkte aussuchen kann.
Geliefert haben möchte ich es dann trotzdem nicht. Denn ich muss arbeiten und will auch nicht durch den Postboten an den Wochenenden gestört werden. Ich würde es bevorzugen, wenn die Märkte die Produkte einfach zusammenstellen und ich diese dann abhole. Das wäre optimal.
Die Preise zum Packen werden am Ende ja wohl nicht so hoch ausfallen.
"Geliefert haben möchte ich es dann trotzdem nicht. Denn ich muss arbeiten und will auch nicht durch den Postboten an den Wochenenden gestört werden.”
Momentan kann man bereits sein Wunschlieferfenster in der Woche angeben - auch nach Feierabend.
"Die Preise zum Packen werden am Ende ja wohl nicht so hoch ausfallen.”
Das lässt sich komplett automatisieren. Sollte also recht günstig sein.
"...Die Mehrzahl der Kunden will sich inspirieren, bei der Kaufentscheidung beraten lassen und Lebensmittel weiter offline kaufen – auch weil es eine Frage des Vertrauens ist....."
Ganz genau, ich bohre auch immer erst die Maisdose an und nehme einen Probeschluck aus dem Milch-Tetrapack - schließlich ist der Kauf von Lebensmitteln Vertrauenssache.
Mal abgesehen vom Frischebreich (Obst/Gemüse/Fleisch) ist der Rest im Laden fein säuberlich abgepackt. Und man kennt als Kunde das standatisierte Sortiemt der Discouter und weiß ob man das Produkt dort oder hier besser findet.
Und wo bekommt man denn in den heutigen Discountern die Möglichkeit zur Kundenberatung? Die Angestellten hetzten zwischen Kasse und einzuräumender Palette hin und her - die belästige ich ganz bestimmt nicht mit der Frage, welche der feilgebotenen Buttersorten sich nun am besten für das Herstellen von Kräuterbutter geschmacklich eignen wird. Ich begnüge mich bei denen mit "Wo finde ich..."-Fragen, wenn die mal wieder das Sortiment umgeräumt haben, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Das bekloppte an der Aussage ist auch noch, dass der Kunde im Internet sich besser inspirieren (Stichwort "Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, kauften auch...") und besser beraten (Infobox (lesbar) mit weiterführenden Links, Suchfunktion) lassen kann als im Laden.
Nicht, dass man Kundenprofile u.ä. gutheißen muss, aber das Internet bietet hier mehr Möglichkeiten als das Einkaufregal und (gestresstes) Personal.