Die angespannte Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt hat sich nach Auffassung der Bundesregierung in jüngster Zeit noch weiter verschärft. Das geht aus einem aktuellen Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft des Bundeskabinetts hervor, der ZEIT ONLINE vorab vorliegt. Engpässe auf dem Wohnungsmarkt "mit steigenden Mieten und Preisen" seien vor allem in den großen Städten und städtisch geprägten Regionen zu verzeichnen.
Die Mieten sind nach Angaben der Bundesregierung im Zeitraum zwischen 2014 und 2016 bundesweit um insgesamt 8,3 Prozent angestiegen. Seit 2013 lägen die jährlichen Steigerungsraten bei drei Prozent, 2016 seien es gar fast fünf Prozent gewesen. Dabei gibt es aber erhebliche Unterschiede zwischen Stadt und Land: In den Großstädten seien die Mieten um mehr als fünf Prozent pro Jahr gestiegen, heißt es in dem Bericht. Im Jahr 2016 habe beispielsweise der Quadratmeterpreis im Landkreis Wunsiedel und Lüchow-Dannenberg bei 4,30 Euro nettokalt gelegen, in München jedoch bei bis zu 15,65 Euro.
Von den steigenden Mieten "sind immer mehr Haushalte betroffen, zunehmend auch Haushalte mit mittlerem Einkommen", heißt es in dem Bericht. Durchschnittlich fast 30 Prozent des Nettoeinkommens müssten Haushalte für die Miete aufbringen. Bei kleineren Haushalten mit nur einer Person liege der Wert bei 34 Prozent.
"Anlageobjekte für grenzüberschreitende Kapitalbewegungen"
Die Ursachen für die schwierige Lage am Wohnungsmarkt sind nach Angaben der Bundesregierung vielfältig. Ein Hauptgrund: Die Einwohnerzahl in den Städten und urbanen Regionen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Zudem sind Immobilien als Geldanlage attraktiver geworden - auch für ausländische Investoren. "Immobilien geraten immer stärker in den Fokus als Anlageobjekte für grenzüberschreitende Kapitalbewegungen", heißt es dazu im Regierungsbericht. Die anhaltend niedrigen Zinsen hätten diese Entwicklung zuletzt befeuert.
Offen bleibt jedoch, wie die Bundesregierung der Situation auf dem Mietmarkt vor allem kurzfristig begegnen will. Bereits zu Beginn der Legislaturperiode habe man angesichts der enormen Preisentwicklung den Mieterschutz verbessert, heißt es in dem Bericht. Es sei unter anderem die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt worden, um "Mieter vor überzogenen Aufschlägen bei der Wiedervermietung von Wohnungen zu schützen". Ob und wie diese Mietpreisbremse die erhoffte Wirkung entfaltet, wird in dem Bericht nicht ausgeführt.
Schwarz-Gelb will Mietbremse abschaffen
Ohnehin zeichnet sich in Bundesländern ab, in denen zuletzt gewählt wurde und die Union und FDP in die Regierung kamen, dass dort die Mietpreisbremse keine Zukunft hat. Im nun schwarz-gelb regierten Nordrhein-Westfalen wird das Gesetz abgeschafft, so zumindest steht es im Koalitionsvertrag. Auch in Schleswig-Holstein will Schwarz-Gelb unter Beteiligung der Grünen die Regelung abmildern.
Doch erst kürzlich kritisierte der Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips, dass "das Gesetz schlichtweg unbrauchbar" sei. Ein Großteil der Vermieter halte sich nicht daran. Die Mieter könnten oft nicht erkennen, wenn ihr Vermieter gegen die Mietpreisbremse verstoße. Deshalb müssten Vermieter verpflichtet werden, bei einem neuen Vertrag die bisherige Miete anzugeben. "Im Moment kann wirkungslos verstoßen werden." Rips benannte auch einen Schuldigen: "Verbesserungsvorschläge von Bundesjustizminister Heiko Maas scheitern an der Union." Die Initiativen der SPD seien "im Kanzleramt verschimmelt".
Laut ihrem Bericht will die Bundesregierung vor allem mittelfristig durch den Bau von mehr Wohnungen auf die angespannte Lage reagieren. Es gebe hier bereits eine "positive Entwicklung". Vergangenes Jahr seien 278.000 neue Wohnungen fertiggestellt worden, auch im Jahr zuvor erreichte die Bauaktivität ähnliche Werte. Allerdings müssten die Anstrengungen im Wohnungsbau noch deutlich gesteigert werden, da es bis 2020 einen Bedarf von etwa 350.000 neuen Wohnungen im Jahr gebe.
Kommentare
Man sollte hier einfach mal erwähnen, dass sie Mietpreisbremse die Wohnungseigentümer dazu gezwungen hat die Mietpreise regelmäßig zu erhöhen anstelle der gewohnten Praxis: Die Miete bleibt ungefähr gleich bis der Mieter auszieht. Dann wird beim Nachmieter die Miete dem Markt angepasst.
Man sollte auch erwähnen dass die Öffnung des Immobilienmarktes für die Heuschrecken die Situation extrem verschlimmert hat. Da diese ohne Rücksicht auf soziale Verluste agieren. Ein altea Ehepaar das eine Wohnung vermietet sagt dann auch schon mal: Wir verzichten auf eine Erhöhung um der Jungen Familie das Leben zu erleichtern.
Dazu kommt, dass die EZB den Markt mit billigem Geld flutet, und damit Reiche und Immobilienhaie ääh Investoren auch noch angelockt werden, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der normalverdienenden Bevölkerung.
Es mag einige Faktoren geben, die solche Entwicklungen begünstigen. Wie so oft sehe ich staatliches und staatsnahes Handeln als einflussreichen Faktor.
Der Steuer- und Abgabenwahnsinn frisst vielen einerseits ein fettes Loch in`s Portemonnaie und treibt anderseits Preise künstlich nach oben.
Der EZB-Politik des massenhaften, billigen Geldes sorgt für eine Suche nach Anlagemöglichkeiten, denn irgendwohin muss das Geld ja fließen. Immos und Wertpapiere sind dann immer interessant, was aber auch die Gefahr von Blasenbildung erhöht.
Bauverordnungen werden vermutlich auch eine Rolle, wobei die verfügbare Fläsche für Neubauten in vielen Städten bzw. Ballungsgebieten nicht gegeben ist und/oder Abriss und Neubau aufgrund der Verordnungen nicht interessant ist.
Zuzug in Ballungsgebiete ist Nachfrage und erhöht die Preise, insofern das Angebot nicht steigt.
Eigentlich ist es seltsam, daß die Mieten steigen, obwohl doch die Bevölkerungszahl aufgrund des demografischen Wandels eher abnimmt.
Das widerspricht doch der Theorie, daß sich der Preis aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage ergibt.
Soweit ich richtig gehört habe, sprach L.d.Me. vorgestern von 85 Mill. in Deutschland Lebenden, was keine Abnahme ist...
Sinnvoller, als Großstädte noch mehr zu verdichten, wäre es, die Arbeitsplätze dahin zu verlagern, wo Wohnraum leersteht.
In einer dirigistischen Planwirtschaft wäre das sicher möglich.
Ein anderer Weg wäre aber auch, Flüchtlinge ohne Arbeitsplatz nicht gerade in Berlin, Freiburg oder Flensburg anzusiedeln, sondern dort, wo Wohnraum günstig ist oder leersteht: auf dem Lande oder in strukturschwachen Regionen. Dann wäre dort auch wieder Bedarf für Lehrer, Sozialarbeiter, Behördenmitarbeiter, Anwälte und Ärzte, was wiederum weiteren Zuzug nach sich ziehen würde. Das würde die Ballungsräume entlasten und strukturschwachen Gegenden einen Vitalisierungsschub geben.