Als erstes Bundesland öffnet die Stadt Hamburg ihren Beamten die gesetzliche Krankenversicherung mit einer pauschalen Beihilfe. Der rot-grüne Senat beschloss dazu einen Gesetzentwurf, dem die Bürgerschaft noch zustimmen muss. Wenn der Entwurf dort durchkommt, wird die sogenannte Beihilfe für Hamburger Beamte so ausgestaltet,
dass sie sich ab August 2018 auf eigenen Wunsch gesetzlich
krankenversichern können.
Bislang sind Beamte faktisch gezwungen, sich selbst privat zu
versichern. Zur Deckung der Kosten erhalten sie vom Staat eine
sogenannte individuelle Beihilfe. Laut Gesetzentwurf können sich
Hamburger Beamte diese künftig aber auch in Form einer Pauschale
auszahlen lassen, die der Hälfte des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Die Hamburger Beihilfezahlungen an Beamte wären in diesem Fall gleichbedeutend mit dem Arbeitgeberanteil für Angestellte, die gesetzlich versichert sind.
"Hamburg leistet mit der Reform einen Beitrag, das Krankenversicherungssystem zu modernisieren und für mehr Wettbewerb zu sorgen", teilte der Erste Bürgermeister Olaf Scholz mit, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD ist. Mit der Idee schreibe Hamburg "Sozialgeschichte". Durch den bisherigen Ausschluss von der gesetzlichen Krankenversicherung würden vor allem kinderreiche, teilzeitbeschäftigte, chronisch Kranke oder Beamte mit Behinderungen benachteiligt. Künftig stehe auch ihnen die Familienmitversicherung offen, bei Vorerkrankungen müssten sie keine Risikoaufschläge zahlen.
SPD will Bürgerversicherung einführen
Allerdings wird die Wahlmöglichkeit faktisch nur für neue Beamte offenstehen und für jene, die bereits jetzt zu einem höheren Beitragssatz freiwillig gesetzlich versichert sind. Für langjährige Beamte sei ein Wechsel aufgrund des derzeitigen Krankenversicherungsrechts nicht mehr möglich, schränkte die Hamburger Landesregierung ein.
Ein Wechsel zwischen Beihilfe und Pauschale soll außerdem nur einmal möglich sein. Eine Rückumstellung ist nicht zulässig. Damit will der Senat vermeiden, dass es zu "Optimierungsstrategien" kommt, bei denen Beamte je nach Lebenssituation die für sie günstigeren Versicherungsmodelle auswählen. Das würde das Finanzierungsmodell der Versicherung schwächen, erklärte der Senat.
Beamte in die gesetzliche Krankenkasse zu lassen, ist auch Teil des SPD-Vorschlags einer Bürgerversicherung. Die Sozialdemokraten wollen die Bürgerversicherung auch in den Sondierungen mit der Union über eine Neuauflage der großen Koalition zum Thema machen. SPD, Linke und Grüne setzen sich in verschiedenen Varianten für die Abschaffung der privaten Krankenversicherung ein und streben eine gesetzliche Bürgerversicherung an, in die jeder einzahlt. Der Beamtenbund lehnt den Vorschlag ab.
Kommentare
Da kann man sich nur freuen, da werden viele reingehen bis A9.
Und jene mit vielen Kindern, für die in der PKV zusätzliche Beiträge fällig würden.
Kurzfristig wird es wohl teurer, mittelfristig bin ich gespannt, ob es hilft. Ich hoffe.
Habe eh wenig Verständnis dafür, daß sich einige dank Beruf/Job/Einkommen in privilegiertere Sozialsysteme (gilt auch Rente/Pension) flüchten dürfen, während anderen diese Wahlfreiheit verwehrt wird.
Das stimmt ja nicht. Kann doch jeder Beamter werden, niemand ist ausgeschlossen! Wie kommen immer alle nur darauf.
Da bin ich mal gespannt, wieviele frisch eingestellte Beamte in Hamburg kinderreich oder chronisch krank sind.
...oder ein soziales Gewissen haben (und daher nicht vor dem Bäckerlehrling, der mit seinen Steuern ihre Beihilfe bezahlt in der Sprechstunde dran kommen wollen) oder bis 3 zählen können und wissen, dass im Alter (wenn ein Sprung in die GKV definitiv ausgeschlossen ist) ihre Beiträge explodieren können oder sich davor schützen wollen, im Falle teurer Reha- oder Chemotherapien den Hahn von der PKV abgedreht zu bekommen (https://www.rbb-online.de...) oder weil sie die Übertherapie bzw. die starke Unsicherheit satt haben, ob das was der Arzt ihnen andrehen möchte auch nötig ist (https://www.aerzteblatt.d...).
Jetzt ist Ihre Aufstellung etwas vollständiger.
Wenn der Entwurf dort durchkommt, wird die sogenannte Beihilfe für Hamburger Beamte so ausgestaltet, dass sie sich ab August 2018 auf eigenen Wunsch gesetzlich krankenversichern können.
Na super... Dann können diese Personen das Privileg der Wahlfreiheit zwischen gesetzlich und privat nutzen. Vermutlich lassen sich dann vor allem jene freiwillig gesetzlich versichern, bei denen sich dies "lohnt": Personen mit vielen Kindern und Vorerkrankungen, die eine Privatversicherung teuer machen.
Das ist eigentlich nicht im Sinne einer Bürgerversicherung...
@ #4:
Es lohnt sich für viele!
Es ist immer noch billiger sich GKV zu versichern, als erstmal mehrere hundert Euro zu sammeln bis man zur Beihilfe kann.
Selbstbehalte haben Beamte nämlich auch.