Laut einer Untersuchung des ARD-Magazins Panorama können sich Durchschnittsverdienende die Anmietung einer Neubauwohnung in Berlin, Augsburg, Jena oder anderen deutschen Städten nicht leisten. Die Untersuchung, die der Immobilienmarktspezialist empirica-systeme im Auftrag des Senders durchgeführt hat, zeigt, dass viele Haushalte mehr als 27 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete einer Neubauwohnung ausgeben müssen. Der Wert von 27 Prozent gilt Experten als problematisch, weil dann nur noch relativ wenig Geld zur sonstigen Lebensführung zur Verfügung bleibt, insbesondere bei Menschen mit kleineren Einkommen.
Insgesamt müssen in 64 deutschen Städten und Kreisen Durchschnittsverdiener mehr als 27 Prozent ihres Einkommens ausgegeben. Darunter sind auch kleinere Städte wie Schwerin, Erfurt oder Rosenheim. In Berlin etwa liegt die sogenannte Mietbelastungsquote sogar noch weit darüber, bei 41,3 Prozent. Die durchschnittliche Berliner Familie muss also 41,3 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um sich eine Dreizimmerneubauwohnung zur Miete leisten zu können. Auch in Frankfurt ist die Mietbelastungsquote mit 40,7 Prozent für die Kaltmiete sehr hoch. Eine durchschnittliche Dreizimmerneubauwohnung kostet hier 1.450 Euro kalt. In Leipzig kostet Wohnen in so einem Neubau zwar nur etwa 1.012 Euro Monatsmiete, da aber die Leipziger deutlich weniger verdienen, liegt die Mietbelastungsquote hier bei 37,5 Prozent.
Ein Grund für die hohen Preise sind die gestiegenen Bodenpreise und die hohe Nachfrage in den Städten. Daneben spielen aber auch hohe Baukosten eine größere Rolle. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sind die Baupreise seit 2005 um 33 Prozent gestiegen. Seitdem haben sich viele Bauvorschriften aus den Bereichen Brandschutz, Schallschutz oder für das Dämmen verschärft.
Herumdoktern an Symptomen
2014 hatte die Bundesregierung eine Kommission zur Senkung der Baukosten eingesetzt. Deren wichtigste Vorschläge seien aber nicht umgesetzt worden, sagte das ehemalige Kommissionsmitglied Dietmar Walberg Panorama.
Nach Ansicht des Städte- und Gemeindebunds trägt auch die Mietpreisbremse, die die Koalition in der vergangenen Legislaturperiode eingeführt und zu Jahresbeginn verschärft hat, wenig dazu bei, die Situation zu verbessern. Sie kuriere nur die Symptome eines maroden Wohnungsmarkts. "Abschaffen wäre sicher nicht der falsche Schritt", sagte der Städtebauexperte des Verbands, Norbert Portz. Er sehe keine quantifizierbare Verbesserung, zugleich werde das Verhältnis von Mietern und Vermietern belastet.
Statt weiter an der Mietpreisbremse zu schrauben, müsse der Bund seine Verantwortung im sozialen Wohnungsbau stärker wahrnehmen. "Die beste Entwicklung ist, wenn die Kommune selbst baut", sagte Portz. Häufig sei zwar Bauland da, aber die Kommunen kämen nicht dran, weil private Besitzer nicht verkaufen wollten.
Zugleich müssten die Ballungszentren entlastet werden. "Wir werden das Problem der Wohnungsknappheit nicht allein in den großen Städten lösen können", sagte Portz. Um Bürger zum Umzug aufs Land zu motivieren, müssten aber Arbeitsplätze – zum Beispiel durch Digitalisierung – in den ländlichen Raum verlagert werden.
Moderate Wirkung
Eine Studie des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bescheinigt der Mietpreisbremse dagegen eine moderate Wirkung. "Die durchschnittliche Mietentwicklung wird gebremst", sagte Studienautor Claus Michelsen. Allerdings liege der Effekt nur in einer Größenordnung von zwei bis vier Prozent.
Bei Neubauten habe die Mietpreisbremse jedoch dazu geführt, dass die Mieten in diesem Segment stärker stiegen als vor ihrer Einführung. Der Grund: Neubauten unterliegen nicht den Restriktionen der Mietpreisbremse. Justizministerin Katarina Barley (SPD) zeigte sich dennoch zufrieden mit dem erreichten Effekt. Sie betonte allerdings zugleich, die Mietpreisbremse alleine könne den Markt nicht heilen. Trotzdem müsse es sie weiter geben: "Wir brauchen die Mietpreisbremse auch über 2020 hinaus", sagte Barley. Im Frühjahr will sie einen Gesetzentwurf vorlegen, um das Instrument um fünf Jahre zu verlängern.
Kommentare
Raus aus den Städten.
Wenn flächendeckend vernünftiges Internet vorhanden sein wird und die Leute entdecken, dass es auf dem Land haufenweise interessante Immobilien zum Schnapperlpreis gibt, wird es irgendwann sicher wieder eine Trendwende geben. Glaube ich auch.
Solange die Rendite für Vermieter auf 25 Jahre gerechnet durchschnittlich ebenfalls gering und zB einstellig ist, liegt es wohl irgendwie an den Erstellungskosten!
Und da fragen wir doch mal unseren Staat, wie viel er an Neubauten so 'verdient'.
"Solange die Rendite für Vermieter auf 25 Jahre gerechnet durchschnittlich ebenfalls gering und zB einstellig ist, liegt es wohl irgendwie an den Erstellungskosten!"
Ja richtig, und zwar zum großen Teil an den gestiegenen Bodenpreisen. In Stuttgart kostet 1 m² Innenstadt rund 2.500 €. Wenn Sie dort mir einer GFZ von 2,5 bauen, zahlen Sie also 1.000€/m² Nutzfläche nur für das Grundstück, was ungefähr 20% der Gesamtpreises entspricht.
Sicher sind die Anforderungen an das Bauen und die Preise für Material und Handwerker gestiegen. Die größte Preissteigerung liegt allerdings in der Spekulation und der damit verbundenen Preissteigerung von Bauland und Gebautem.
Die Mietpreisbremse ist tatsächlich Volksverdumnung. Als könnte man Preisen einfach das Steigen verbieten, wenn steigende Nachfrage auf ein zunächst unverändertes Angebot trifft. Das ginge nur bei einer staatlichen Zwangsverwaltung der Wohnungen wie früher in der DDR. Jahreslange Wartezeiten für eine Wohnung inklusive.
Naja, das ginge schon. Es reduziert halt kräftig die Gewinne der Vermieter und sorgt dadurch dafür, das Wohnungen nicht saniert werden und weniger gebaut wird. Für das Kernproblem des Wohnungsmangels ist es daher eher kontraproduktiv. Wenn die Höhe der Mieten staatlich begrenzt ist, sorgt das halt zusätzlich dafür, das sich nicht über den Preis entscheidet, wer die Wohnung bekommt. Es wird dann mehr Glücksache, wer eine Wohnung bekommt.
Dennoch: So völlig abwegig ist die Mietpreisbremse auch wieder nicht. Man kann sie vielleicht ähnlich sehen wie den Mindestlohn: Wenn Angebot und Nachfrage sehr stark auseinandergehen, dann funktioniert der Markt nicht gut genug dabei vernünftige Preise zu finden.
Die aktuellen Mietpreise bei Neuvermietungen sind ja auch darauf zurückzuführen, das es strenge Regeln bezüglich Mietsteigerungen bei bestehenden Mietverhältnisse gibt. Viele Menschen mit alten Mietverträgen zahlen ja weiterhin sehr sehr günstige Mieten. Auch das ist effektiv eine Mietpreisbremse, aber eben für bestehende Verträge. Da würde wohl fast jeder Vermieter viel lieber zum aktuellen Marktpreis neu vermieten. Das das nicht geht, sorgt eben gleichzeitig dafür, das es für Neuvermietungen nur wenig Angebot und damit entsprechend hohe Preise gibt.
Es gibt Bauland, aber die Kommunen kommen nicht dran?
Das wurde hier pragmatisch gelöst, die Genehmigung zur Umwandlung der Fläche gab es nur gegen Auflagen. Und jetzt wird ein Teil des Neubaugebietes von der Stadt bebaut...
Tja, ich sage es immer wieder.
Es muss anstatt des bedingungslosen Grundeinkommens, ein bedingungslose Grundstück für Menschen geben!
Es kann nicht sein, dass in Deutschland jeder Acker für Hunderttausende Euro verkauft wird, HIER gehören Regulierungen her.