Man muss schon etwas genauer hingucken im Kühlregal: Veganer Burger-Ersatz sieht längst nicht mehr nach Grünkernbratling aus, sondern dem Hackfleischvorbild ziemlich ähnlich – und mittlerweile gibt es solche Buletten auch im Discounter. Sowohl Lidl als auch Aldi werben derzeit mit ihnen und wollen so wohl vom Hype um das US-amerikanische Vorbild Beyond Meat profitieren. Dessen Idee: Der Burger soll nicht nach Tofu schmecken, sondern in Textur und Aroma dem Original möglichst nahekommen. Für die fleischige Farbe sorgt dann eben Rote-Bete-Saft.
Über den Geschmack der neuen Burger lässt sich streiten. Jedenfalls sollen nicht nur Veganer sie ansprechend finden, sondern auch
Menschen, die ihren Fleischkonsum nicht aufgeben, aber reduzieren wollen, etwa
als Beitrag zum Klimaschutz. Der Hersteller Beyond Meat wirbt deshalb auch damit, dass
bei der Produktion des eigenen Burgerpattys 90 Prozent weniger Emissionen entstünden als bei einer Hackfleischbulette. Kann das stimmen?
Benjamin Bodirsky, Experte für Landwirtschaft und Landnutzungsänderungen am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, hält die 90 Prozent nach einem Blick auf die Zutatenliste in der Größenordnung für realistisch, obwohl die Zutaten der Burger sich je nach Anbieter unterscheiden: Die Lidl-Version des Gemüsebürgers enthält
eigenen Angaben zufolge außer Wasser und Champignons unter anderem raffiniertes
Kokosnussfett, Erbsen-, Weizen-, Sojaeiweiß, Zwiebeln, Chicorée, Rapsöl sowie
Zusatzstoffe zur Konservierung, den Emulgator Methylcellulose, Hefeextrakt,
Bambusfaser und Raucharoma. Das Aldi-Produkt besteht laut Aldi Süd unter
anderem aus texturiertem Sojaproteinkonzentrat, Kokosöl, Aromen, Maisstärke,
Dextrose, Flohsamenschalen, Inulin und Rote-Bete-Extrakt. Beyond Meat
verzichtet auf Soja und Gluten.
Transport schadet weniger als die Produktion selbst
"Erbsen und Champignons haben einen sehr geringen Umweltfußabdruck", sagt Bodirsky. "Auch Weizen und Soja schneiden viel besser ab als Fleisch, und hier insbesondere als Rindfleisch mit den hohen Methanemissionen der Wiederkäuer." In den meisten Fällen sei die Klimabilanz von pflanzlichen Produkten deutlich besser als die von tierischen, selbst wenn jene einen weiten Weg hinter sich haben. Denn im Normalfall mache der Transport viel weniger aus als die Emissionen aus der landwirtschaftlichen Produktion. "Das ändert sich nur dann, wenn ein Produkt mit dem Flugzeug reist."
Bodirsky schätzt, dass für die Produktion von 230 Gramm Rindfleisch etwa fünf Kilogramm an CO₂-Äquivalenten freigesetzt werden, für die gleiche Menge veganer Burger aber nur ein Viertelkilogramm. Völlig exakt lässt sich das allerdings nicht beziffern, denn je nach Produktionsweise könnte sich sogar die Menge der Emissionen, die für die Herstellung von zwei ansonsten identischen Steaks anfallen, deutlich unterscheiden. Die Konsumenten im Supermarkt seien kaum in der Lage, das nachzuvollziehen.
"Die Ernährung macht circa zehn bis 20 Prozent des Klima-Fußabdrucks des deutschen Konsumenten aus", rechnet Bordirsky vor. Im Durchschnitt entspräche dies zwei Tonnen CO₂-Äquivalenten im Jahr – ohne die Emissionen für Kühlung, Lagerung, Transport und Zubereitung mit einzubeziehen. Wer Vegetarier werde, reduziere dies um mehr als ein Viertel, wer vegan lebe, sogar um mehr als die Hälfte. Je nach Berechnungsmethode sind hierzu unterschiedliche Schätzungen im Umlauf. Der Weltklimarat IPCC führt weltweit zwischen 21 und 37 Prozent der von Menschen verursachten Netto-Treibhausgasemissionen auf das Ernährungssystem zurück, so steht es im vergangene Woche vorgestellten Report Klimawandel und Landsysteme.
Kommentare
Ich finde das großartig. Allerdings muss ich sagen, dass das mit dem Individualkonsum und dem eigenen "Verzicht" schon die Frage aufwirft: wir ändern uns bzw passen uns an, um weniger schädlich zu leben. Dennoch wird die Initiative quasi ausschließlich beim Konsumenten gesehen, nicht bei der Industrie. Schärfere Auflagen und max. Output wären doch eine schöne Sache, durch meine subjektive Brille, versteht sich. Wie bringen wir also das produzierende Gewerbe dazu, sich zu wandeln, bevor alle Menschen sich gewandelt hab3n? Ich sehe da ein zeitliches Problem, wenn wir unserem Planeten weniger Schaden wollen, bevor das Kind in den Brunnen fällt und dann plötzlich alle schreien.
Wir könnten ja das Eine tun ohne das Andere zu lassen.
Die Auflagen für Tierwohl, Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Produktion erhöhen und strenger regeln und gleichzeitig den Bereich der Fleischersatzindustrie stärken. Z.B. könnten Forschunsgelder in diesem Bereich vermehrt ausgegeben werden.
Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/as
Die Überschrift ist ja mal zur reinen Provokation gewählt und suggeriert das komplette Gegenteil dessen was der Text inhaltlich aussagt.
Als Mensch, der Fleisch mag, aber irgendwie solangsam eine Abneigung gegen den Gedanken "tote Tiere" bekommt, bin ich absolut offen für solche Produkte.
Die veganen Burger von Aldi, Lidl & Co. habe ich noch nicht probiert... Nur den vom Restaurant mit dem großem, goldenen M...
Ich war nicht wirklich begeistert... Auch, wenn der ja scheinbar beliebt ist... Für mich schmeckte das nach "Gewollt aber nicht gekonnt".
Vielleicht sind die von den Discountern ja besser...
Habe vorgestern erst den veganen Patty von Lidl probiert. Mein Fazit: Äußerlich kaum von Fleisch zu unterscheiden, Konsistenz im Mund fast genauso wie Fleisch, Geschmack gut, aber in keiner Weise so wie Fleisch. Eine leckere Alternative, die ich durchaus regelmäßig für Bürger verwenden würde, wenn der Preis sinkt. Allerdings ist der Abstand zu richtigen Fleisch noch recht groß. Ich persönlich kann darüber aber hinwegsehen.