Seit dem frühen Morgen wird in mehreren Standorten des Online-Versandhändlers Amazon gestreikt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte die Mitarbeiter zu neuen Arbeitsniederlegungen aufgerufen. An den Standorten Rheinberg und Werne in Nordrhein-Westfalen haben mit dem Beginn der Frühschicht mehrere Hundert Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, teilte ver.di NRW mit. Auch an den Standorten im hessischen Bad Hersfeld, in Leipzig, im bayerischen Graben und im baden-württembergischen Pforzheim habe es Arbeitsniederlegungen gegeben. Betroffen sei auch der DVD-Verleiher und Streamingdienst-Anbieter Amazon Prime Instant Video Germany in Elmshorn.
Der Streik soll mehrere Tage andauern: In Rheinberg, Werne, Bad Hersfeld und Leipzig soll laut ver.di bis zum Ende der Spätschichten am Samstag gestreikt werden; in Graben bis Mittwoch. Für Pforzheim und Elmshorn galt der Streikaufruf demnach bis zum Ende der Spätschicht an diesem Montag.
Hintergrund der Arbeitsniederlegungen ist ein seit Langem andauernder Streit um einen Tarifvertrag für die mittlerweile fast 10.000 Amazon-Beschäftigten in Deutschland. Nach Angaben der Gewerkschaft hat das Unternehmen kürzlich zwar eine Lohnerhöhung von 2,5 Prozent angekündigt. Nach wie vor gebe es aber dennoch "eine erhebliche Lücke" zu den Branchen-Tarifverträgen Einzel- und Versandhandel. Amazon argumentiert hingegen, das Unternehmen bezahle in den Logistikzentren "am oberen Ende dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten üblich ist".
Amazon verweigert laut ver.di jeglichen Tarifvertrag und lehnt Verhandlungen mit der Gewerkschaft ab. "Wenn sich Amazon weiter Tarifverhandlungen verweigert, muss das Unternehmen mit Problemen im Weihnachtsgeschäft rechnen", kündigte die ver.di-Vertreterin in NRW, Silke Zimmer, an. In den deutschen Amazon-Versandzentren wird seit April 2013 immer wieder gestreikt.
Das US-Unternehmen erklärte, die von ver.di organisierten Arbeitsniederlegungen hätten "keinen Einfluss auf die Einhaltung unseres Kundenversprechens". Die "überwältigende Mehrheit" der Amazon-Mitarbeiter in Deutschland sei regulär im Einsatz. Zugleich betonte das Unternehmen, dass mehr als 1.000 Angestellte eine Kampagne für ihren Arbeitgeber gestartet hätten, weil sie der Auffassung seien, dass ihre Arbeit durch ver.di "falsch dargestellt" werde.
Kommentare
Amazon zeigt sich überall als guter Arbeitgeber:
Die "Versklavung" der polnischen Amazon-Mitarbeiter
Quelle: http://www.welt.de/wirtschaf…
Solange die Nahles nicht umsetzt, was im Koalitionsvertrag steht, nämlich das Verbot von Leiharbeitern (AÜG) als Streikbrecher, wird auch dieser Streik versanden. Alternativ könnte die Sozialdemokratie ja auch eine Tarifpflicht für Unternehmen einer bestimmten Mindestgröße gesetzlich fixieren.
Und dann kommen die zu integrierenden Asylanten in den Arbeitsmarkt und unterschreiben sicher bei Amazon, was der Mindestlohn hergibt. Da hilft dann auch keine Vorrangprüfung mehr.
Die Lohndrückerei geht weiter!
Nein!! Die Politik hat sich nicht einzumischen. Entgelte werden nur zwischen AG und AN verhandelt. In diesem Fall obliegt es ausschließlich ver.di ausreichenden Druck zu erzeugen. Sollte das nicht möglich sein, hat ver.di Pech gehabt.
Die politische Einmischung, die Sie fordern gibt es auf verschiedenste Weise seit vielen Jahren bzw Jahrzehnten und hat dafür gesorgt, dass die Marktwirtschaft zu einer gelenkten Wirtschaft verkommen ist. Politik hat weder für AN noch für AG Partei zu ergreifen und sich einzumischen.
Es mag naiv sein, aber ich bin immer noch überzeugt davon, dass die Konsumenten die größte Macht auf dem Markt haben. Der Fall Schlecker hat das durchaus gezeigt. Amazon wird von sich aus nichts Wesentliches ändern. Das Geschäftsmodell basiert auf aggressivem Konkurrenzkampf und gnadenlose Verdrängung von Wettbewerbern. Sie werden deshalb alle Möglichkeiten zur Flexibilisierung und Kostensenkung, die der Gesetzgeber solchen Konzernen einräumt, weiterhin ausnutzen. Die Aktionen von verdi werden deshalb größtenteils ins Leere laufen. Es geht also nur über den Verbraucher, und da gibt es inzwischen genügend Alternativen zu Bezos' Internetkrake.
Sehr gut! Endlich! Weiter so!
Liebe Streikenden, gebt nicht auf, lasst euch nicht kleinkriegen. Ihr macht einen schweren Job, unter fragwürdigen Bedingungen und ihr habt Anrecht auf eine würdige Behandlung und ein faires Gehalt.
Für Viele ist Amazon nur das schicke Internetportal mit der bequemen Bestelloption. Für andere ist es Schwerstarbeit im Lager, Stunden auf der Autobahn... Man vergisst die Menschen dahinter viel zu leicht. Ich möchte immer noch gerne easy über das Internet bestellen, aber nicht zu einem Dumpingpreis auf den Rücken der Arbeitnehmer, nicht auf dem Rücken des heimischen Einzelhandels. Lieber zahle ich mehr und kaufe selektiv.
Dank der Berichterstattung, u.a. von der Zeit, sind die Zustände kein Geheimnis mehr. Und das überhaupt ein Streik möglich ist, ist eine tolle Nachricht.