Volkswagen muss im Abgasskandal in den USA mit neuen Vorwürfen rechnen: Das Justizministerium habe seine Ermittlungen auf Verdacht des Bankbetrugs und mögliche Verstöße gegen Steuergesetze ausgedehnt, berichtete das Wall Street Journal. Die Anwendung eines eigentlich für die Finanzbranche vorgesehenen Gesetzes könne für VW zusätzliche Strafen bedeuten.
Die Ermittler prüfen dem Bericht nach, ob Kreditgeber durch Manipulationen von VW
bei der Autofinanzierung gefährdet wurden. Betroffene Fahrzeuge mit
überhöhten Abgaswerten waren ursprünglich als umweltfreundlich
vermarktet worden und haben durch die Affäre erheblich an Wert verloren.
Außerdem soll untersucht werden, ob VW für Steuergutschriften haftbar ist, die US-Autokäufer für den vermeintlich geringen Abgasausstoß erhalten haben.
Laut Wall Street Journal zeigen die neuen Ermittlungen wegen Bankbetrugs das erste Mal, dass die USA ein für Regelverstöße von Banken entwickeltes Gesetz außerhalb der Finanzindustrie einsetzen. Damit würde "die Rechtstheorie gegen einen nicht besonders genehmen Beschuldigten bis an die äußersten Grenzen gedehnt", zitiert die Zeitung den Columbia-Rechtsprofessor John Coffee. Das Gesetz von 1989 war vor allem im Zuge der Finanzkrise 2008 genutzt worden, um Großbanken besser zur Verantwortung ziehen zu können.
Eine Sprecherin von VW sagte, dass das Unternehmen mit allen relevanten US-Behörden kooperieren werde. Volkswagen hatte im September nach Vorwürfen des US-Umweltamts EPA eingeräumt, Hunderttausende Dieselwagen in den USA mit einer Betrugssoftware für Abgastests ausgerüstet zu haben. Dem Konzern droht durch eine Zivilklage der US-Regierung bereits eine Strafe in zweistelliger Milliardenhöhe.
Zuvor hatten auch Frankreich und Deutschland die Ermittlungen gegen VW
ausgeweitet. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete eine
sogenannte richterliche Voruntersuchung wegen schweren Betrugs gegen
Volkswagen ein.
Auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt inzwischen in größerem Umfang: Die Zahl der Beschuldigten im Verfahren zum VW-Abgasskandal ist laut Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe von sechs auf 17 gestiegen. Die Beschuldigten stammten "alle aus dem Umfeld des VW-Konzerns im weitesten Sinne". Es gehe weiterhin um den Verdacht des Betrugs und mögliche Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.
Kommentare
Ich bin absolut dafür, dass VW hart bestraft wird und es ist wie immer lächerlich, mit welcher Zagheit und Unwilligkeit die deutsche Politik und Justiz mit Kriminalität von Unternehmen umgeht.
Deswegen unterstütze ich strenge Ermittlungen in den USA. Jetzt allerdings VW auch noch mit Gesetzen für die Finanzindustrie zu belasten, nur um noch mehr draufzuhauen, ist auch irgendwann zu viel. Dann geht es der US-amerikanischen Justiz irgendwann einzig ums Prinzip und das Ausbluten eines ganzen Konzerns.
Es ist offensichtlich, dass den USA ein geschwächtes Europa nicht unrecht ist (Urkaine-Konflikt, Flüchtlingskrise, rasche EU-Erweiterung etc.), aber irgendwann muss doch auch mal dort die Ahnung ankommen, dass ein am Boden liegendes Europa irgendwann auch den USA schadet.
Denn welchen anderen Verbündeten hat dieser Staat noch?
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Die Redaktion/ee
VW läuft Gefahr zum heiß umworbenen Schnäppchen zu werden, sprich Übernahmekandidat. Man mag es den verantwortlichen Managern und Vorständen zwar gönnen, dass sie für ihr betrügerisches Verhalten und dem zugefügten Schaden gebüsst werden, vor allem indem man sie auch persönlich zur Kasse bittet. Aber eben, für Deutschland wäre es schlecht und für die Arbeitnehmer ebenso.
Es riecht zumindest nach nicht gänzlich uneigennützigen Absichten der USA, hier ein Exempel an VW zu statuieren. Um diesen Eindruck zu verwischen wollte man künfig dann doch gerne sehen, dass sie keinerlei Unterschied machen zwischen Nationalität und Branche. D.h. bei jeglichem kriminell relevanten Verhalten bei allen und allem konsequent vorzugehen, um somit eine neue Kultur der Ehrlichkeit zu etablieren – für die Justizbehörden gäbe es vorab dann bestimmt satt zu tun.
Die USA sind sehr rigoros im Umgang mit internationalen Konzernen. Dagegen ist eigentlich auch nichts einzuwenden und mein Eindruck ist, dass Konzerne nirgendwo so gefügig reagieren, wie dort. Auch, wenn die Motivation hierfür sicher nicht in einem starken Rechtsbewustsein liegt und die Gesetze kaum gegen eigene,US-amerikanische Konzerne eingesetzt werden (siehe Bankenkrise), könnte sich Europa definitiv ein Beispiel daran nehmen.
Z.B. beim Umgang mit Konzernen wie Facebook oder Goo, die sehr viel Spielraum bei der Interpretation deutscher Gesetze in Anspruch nehmen, ohne die gleichen Konsequenzen fürchten zu müssen, wie z.B. VW in den USA.
Aber auch für Konzerne in Deutschland (wie unsere KFZ-Hersteller, die die Rahmenbedingungen für die Testbedingungen von Abgas- oder Verbrauchswerten beeinflussen können und die sogar Fördergelder erhalten, um z.B. umweltverträgliche Technologien zu entwickeln oder zu optimieren) wäre das wünschenswert.
Die USA gehen sogar noch einen Schritt weiter: internationale Konzerne werden auch dann belangt, wenn sie außerhalb des US-amerikanischen Rechtsraumes gegen US-amerikanische Gesetze und Vorgaben verstoßen. Aber auch hier spielen die internationale Konzerne brav mit. TTIP ist in gewsser Weise also bereits praktizierter Alltag.
Daran könnte sich Europa ebenfalls ein Beispiel nehmen. Dazu müßten natürlich der Wille und im besten Fall sogar europäische Einigkeit vorhanden sein, wobei das eine so unrealistisch ist, wie das andere.
Auch wenn ich dem meisten zustimme, so finde ich nicht, daß egal welches Land seine Gesetze auch außerhalb seines eigenen Hoheitsgebietes durchsetzen darf oder sollte. Auf welcher Rechtsgrundlage denn?
Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe: Die Zahl der Beschuldigten ist von sechs auf 17 gestiegen. Die Beschuldigten stammten "alle aus dem Umfeld des VW-Konzerns im weitesten Sinne". Was sagt uns das? - Was ist das Umfeld des VW Konzerns im weitesten Sinne? ... Zählen dazu auch Politiker?
Bisher zählen ja nicht einmal die Vostandsmitglieder zu Beschuldigten...