In Florida schoss
vergangene Woche ein Hauseigentümer auf zwei Jugendliche, die er für Diebe
gehalten hatte. "Hast du was gefunden?", soll ein Eindringling zum anderen
gerufen haben. Der ältere Schütze ahnte nicht, dass die beiden Jungen bloß nach
Dingen suchten, die es gar nicht gab, jedenfalls nicht aus Sicht des
Hauseigentümers.
Nur über die Bildschirme ihrer Smartphones, darauf das Spiel Pokémon Go installiert, konnten die Jugendlichen ihrer GPS-basierten, virtuellen Jagd nach bunten Gestalten nachgehen. Und die bannte sie so sehr, dass sie sich auf Privatgrundstücke schlichen. In mehreren Ländern hat die Polizei mittlerweile Richtlinien veröffentlicht, wie man sich beim Zocken des neuen Handyhits verhalten sollte, um keine Gefahr auszulösen.
Kaum eine Woche verging seit dem Release am 7. Juli, bis scheinbar die ganze Welt zu Monsterjägern mutierte. Pokémon Go hat schon jetzt Rekorde gebrochen: In den USA ist es mit bisher 21 Millionen Nutzern pro Tag das beliebteste Mobile Game der Geschichte. In Japan wurde die Aktie von Nintendo, dem Vermarkter der Pokémon-Reihe, zum am meisten an einem Tag gehandelten Papier in diesem Jahrhundert. Nintendos Börsenwert hat sich mit der Veröffentlichung von Pokémon Go auf 4,36 Billionen Yen gut verdoppelt (rund 37,3 Milliarden Euro) – und liegt damit höher als der des Elektromultikonzerns Sony. Ein traumhafter Erfolg, zumal Nintendo in den letzten Jahren einen langsamen Tod zu sterben schien. Ist in Kyoto, der Heimatstadt von Nintendo und übrigens auch der Wiege der japanischen Kultur, endlich wieder alles gut?
Musical, Plastikfiguren, Kuscheltiere, Kleidung
Etwa 20 Jahre sind vergangen, seit die Story der Pokémon erstmals weltweit bekannt wurde. In Japan war das Spiel mit den niedlichen Kampfmonstern (pocket monster, kurz: Pokémon), die der Gamer sammelt, trainiert und sie gegen die Geschöpfe anderer Trainer antreten lässt, 1996 auf dem Gameboy erschienen. Es folgte eine TV-Zeichentrickserie, bald auch in Deutschland. Als sich das Format als Riesenhit herausstellte, war schnell jede Vermarktungsmöglichkeit ausgeschlachtet: die Gameboy-Spiele kamen in verschiedenen Versionen, diverse Kinofilme erschienen, auch ein Musical, Plastikfiguren, Kuscheltiere, Kleidung, Mousepads… Anfang der Nullerjahre schien es nichts mehr auf der Welt zu geben, was nicht auch als Pokémon-Interpretation zu haben war.
Aber die Welt änderte
sich. Smartphones setzten sich durch, nicht nur zum Telefonieren, sondern auch
als Spielgerät. Die Hersteller von Spielekonsolen für den Heimfernseher kamen
ins Straucheln. Dabei litt Nintendo als Vermarkter der Pokémon-Reihe mit am stärksten. Der Konzern aus Kyoto, der ursprünglich durch Super Mario und den
Gameboy eine goldene Marke geworden war, machte zuletzt jahrelang Verluste.
Das lag auch daran, dass Nintendo partout am Konsolengeschäft festhalten und seine beliebtesten Spielefiguren nicht für Smartphonespiele verramschen wollte – darunter Link aus Zelda, diverse Charaktere aus Super Mario, die Monster von Pokémon und viele andere. Nach Denkweise der Nintendomanager war die Mobile-Gaming-Branche nur etwas für billige Spiele ohne Tiefe, die auch noch meist gratis oder sehr günstig an den Kunden gehen. Spiele für die teureren Konsolen erzielen deutlich mehr Umsatz – sofern sie sich verkaufen.
Diese konservative
Strategie ging so lange und so gründlich schief, dass man schon Nintendos
Pleite erwartete. Im jährlich vom US-amerikanischen Beratungsunternehmen
Interbrand erstellten Ranking der 100 weltweit stärksten Marken war Nintendo
2015 zum ersten Mal nicht vertreten. War das also Super Marios letztes Leben?
Kommentare
Finger weg von diesem Spiel. Siehe AGBs die ja kaum jeman liest. Dort steht zu lesen:
"Wir arbeiten mit der Regierung, mit Strafverfolgungsbehörden oder privaten Beteiligten zusammen, um das Gesetz durchzusetzen und einzuhalten. Wir könnten jegliche Informationen über Sie (oder über das von Ihnen ermächtigte Kind), die sich in unserem Besitz oder Kontrollbereich befinden, an Regierungen oder Strafverfolgungsbehörden oder private Beteiligte offenlegen, wenn wir es nach unserem eigenen Ermessen für notwendig und angemessen erachten: (a) um auf Ansprüche, Gerichtsprozesse (einschließlich Vorladungen) zu reagieren; (b) um unser Eigentum, unsere Rechte und unsere Sicherheit, sowie das Eigentum, die Rechte und die Sicherheit von Dritten oder der allgemeinen Öffentlichkeit zu schützen; und (c) um jegliche Aktivität, die wir als illegal, unethisch oder rechtlich anfechtbar erachten, aufzudecken und zu stoppen."
Volle Überwachung und Kontrolle wenn es nötig erscheint. Und das sich Geheimdienste dafür interessieren, und sicherheitsrelevante Bereiche 1a überwacht werden können ist Orwells feuchter Traum.
Hallo mbeckmann,
ich finde folgende Passage interessant:
"c. Informationen, die wir Drittanbietern offenlegen:
Wir könnten gesammelte Informationen und nicht-identifizierende Informationen Drittanbietern zu Forschungs- und Analysezwecken, demografischen Erhebungen und ähnlichen, anderen Zwecken offenlegen. Diese Informationen enthalten keine Ihrer personenbezogenen Daten (oder die des von Ihnen ermächtigten Kindes)." (https://www.nianticlabs.c...)
Denn, verstehe ich es richtig, erlaubt es Niantic die kommerzielle Nutzung aller erhobener Daten, indem sie die Daten an Analyse- oder Froschungsinstitute verkauft.
Inwieweit Niantic von solchen Regelungen Gebrauch macht, ist natürlich für Ihren wie für meinen Ausschnitt nicht klar.
Logo werden jetzt kübelweise Spiele, bei der orientierungslose Menschen in der Realität gegen Straßenmasten rennen, auf die Menschheit geschüttet.
Ich freu mich über absurde Bilder und Videos in life und im Internet.
Freuen Sie sich auch über den Besuch von Strafverfolgungsbehörden, falls man Sie als Nutzer in einem überwachten Bereich oder im Umfeld einer Straftat lokalisiert hat?
So sehr ich Nintendo den Coup gönne (und so sehr ich mich darüber ärgere, dass ich keine Aktien gekauft habe, als diese noch im Keller waren), wäre das Unternehmen gut beraten, auf dem Teppich zu bleiben. Nach der katastrophalen Wii U und der Eshop-Politik kann ich nur eines sagen: Meine nächste Konsole wird die PS4. Die NX muss nächstes Jahr schon was ganz besonderes werden, wenn Nintendo die bereits verprellte Kundschaft (ich bin mit Sicherheit nicht der Einzige) wieder ins Boot holen möchte. Zudem ist die Sache mit dem Aktienkurs allein als typischer Börsenhype zu werten. Mit den paar In-App-Käufen wird man nicht das Bombengeschäft machen, das sich die Börsianer wohl erhoffen, denn wenn der Hype in ein paar Wochen abflaut wird man sehen, wieviele Spieler tatsächlich bereit sein werden, dauerhaft Geld für Pokebälle etc. auszugeben. Immerhin hat das Spiel schon seine Entwicklungskosten drinnen, ein hübsches Sümmchen wird es so oder so geben. Nur die Verdopplung(!) des Aktienwertes von Nintendo rechtfertigt das nie und nimmer. Na ja, die Kurse werden dann halt mal wieder bei Gelegenheit kräftig purzeln.
Da sollten Sie warten mit der PS4. Sony vergrault gerade seine Kundschaft mit der PS4.5 zum vollen Preis. Gleichzeitig sehe ich keinen Grund eine PS4 zu kaufen. Die meisten Spiele dafür gibt es auf dem PC in viel besserer Qualität und man muss PS+ zahlen um überhaupt online spielen zu können.
Die Wii U war von Anfang an keine schlechte Konsole, nur missverstanden und Nintendo hatte großes Pech mit 3rd Party developers. Die Marketing-Strategie hat da wohl mitgespielt, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist die Wii U die beste Konsole die man haben kann und die nächsten Projekte sind schon in der Pipeline mit der NX.
Pokémon Go ist in meinen Augen ein Hit, da es in meinen Augen das erste Spiel einer überaus beliebten und populären Marke (Pokémon) ist, welches die Leute als "erweiterte Realität" wahrnehmen, diese verstehen und annehmen. Der Mensch ist von Natur aus ein kompetenter und kompetitiver Jäger und Sammler. Beide Bedürfnisse, sowie das beliebte Kindchenschema der Tiere, wecken die neugier und das Interesse von den Jungen und den alten Fans. Es ist intuitiv verständlich, dass ein Wasserpokémon am Wasser anzutreffen ist, sowie eine Art Taube und Ratte vor meiner Haustür.
Viele hatten sich immer darüber beschwert, dass Spiele die Kinder von der Bewegung abhalten. Das die Kinder immer zuhause sind. Ich finde es sehr gut, dass viele meiner Freunde die gerne vor dem PC zocken, jetzt jeden Tag eine Stunde oder länger spazieren gehen. Zudem habe ich selten soviele Kinder und Jugendlichte auf einmal in einem Park gesehen.
Der Artikel hätte noch darauf eingehen können, dass die Investoren Angst haben, dass das Spielkonzept sich schnell abnutzen kann. Die "Kämpfe" der Pokémon sind viel eindimensionaler als die der Gameboy-Version. Was passiert also, wenn ein Spieler keine neuen Pokémon mehr finden kann? Jeden Monat oder alle 2 Wochen neue Pokémon halten den Spielspass nicht hoch...
Ich bin nur Level 4 und werde das Spiel nicht weiter verfolgen, aber ich hoffe, der Trend zu aktiven Spielen, welche drauSen stattfinden hält an. Genug Gears hat Nintendo ja durch die Wee and co.