"Ich musste immer überall die Beste sein. Ich musste die Beste im Basketball sein. In meiner Abschlussklasse war ich Klassenbeste. In meinem Studienjahrgang hab’ ich zu den fünf Besten gehört." Victoria, Diplom-Pädagogin mit deutsch-nigerianischem Hintergrund, berichtet von einer Erfahrung, die viele Migranten in Deutschland machen: Wer sich in dieser Gesellschaft etablieren will, muss oft mehr leisten als vergleichbar ausgebildete Deutsche ohne Migrationshintergrund. Untersucht hat dies die Marburger Soziologin Nkechi Madubuko.
Victoria (Namen geändert) ist eine von 37 hoch qualifizierten Migrantinnen und Migranten, mit denen Madubuko für ihre soeben veröffentlichte Dissertation Interviews geführt hat. 27 von ihnen sind Afrodeutsche, als Kontrollgruppe befragte sie zehn Migranten aus europäischen Ländern und der Türkei.
"Akademiker mit Migrationshintergrund versuchen häufig, dem Stereotyp des weniger gebildeten, integrationsunwilligen Ausländers zu entgehen – und werden doch immer wieder mit Vorbehalten konfrontiert", sagt Madubuko. Die Erfahrung, wegen seiner ethnischen Herkunft abgelehnt zu werden, führt zu Akkulturationsstress. Dem ist etwa ein afrodeutscher Anwalt ausgesetzt, der vor Gericht immer wieder gefragt wird, wo er seinen Abschluss gemacht habe. Seine brillanten Plädoyers lassen dann die Zweifler verstummen – bis zum nächsten Termin.
"Ich wollte keine Diskriminierungsstudie machen", betont Madubuko. Doch viele Aussagen hätten sie schockiert. Sie selber habe kaum Ablehnung erfahren, wohl auch, weil sie früh eine Nische "mit multikulturellem Ambiente" fand. Der Musiksender Viva zwei castete die Tochter nigerianischer Eltern mit 21 Jahren in Köln als Moderatorin. Sie blieb drei Jahre dabei, moderierte dann bei Premiere World 2000 und beim Sportkanal DSF.
Doch Madubuko wollte nicht länger das Viva-Girl sein, sondern ihr journalistisches Handwerk lernen. Nach dem Soziologiestudium absolvierte sie ein Traineeprogramm beim ZDF. Bekannt ist ihr Gesicht auch aus Fernsehfilmen, ihr Debüt hatte sie 1998 bei einem "Tatort". In zwei Babypausen forschte sie für ihre Dissertation. Heute arbeitet die 38-jährige Soziologin als Redakteurin in der Sendung "Kulturzeit" von 3Sat.
Steckt dieses "besser, besser, besser" auch ihr in den Knochen? "Ich bin immer nach vorne geprescht", sagt Madubuko. Sie war auch Leistungssportlerin, sprang 1990 mit 1,86 Metern nigerianischen Landesrekord und war nach ihrer Einbürgerung 1991 Mitglied der deutschen Leichtathletik-Nationalmannschaft.
Bei ihren Gesprächspartnern hat Madubuko vier Strategien identifiziert: "Rückzug und Kampf", "Rückhalt und Kampf", "Verarbeitungskünstler" und "Ethnisch Unabhängige". Victoria ordnet sie der Gruppe "Rückhalt und Kampf" zu. Die Diplom-Pädagogin litt lange unter den negativen Attributen, die ihr als Schwarzer zugeschrieben wurden, ignorierte oder verdrängte rassistische Hänseleien in der Schule, "Witze" ihrer Kommilitonen. Und zeigte mit ihren Glanzleistungen allen, was in ihr steckt. Doch heute sei der Kampf für sie vorbei, erklärt Victoria – dank des Rückhalts, den ihr ihre Familie, ein afrodeutsches Netzwerk und eine von diesem vermittelte Therapeutin geben.
Kommentare
Ein Blick in die USA.
Ja und wer sich künstlich empört, der kann ja mal einen Blick in die USA werfen. 200 Jahre! Dort sind die meisten Rassen immer noch schön getrennt, die Gleichheit existiert meist in "prekären Mischvierteln" und hyperkorrekt auf dem Papier, geheiratet wird dann ab Mittelschicht aufwärts eben oft in der eigenen Ethnie. Zwar lebt man oft nebeneinander und arbeitet zusammen, aber Rassenmischung scheint eher noch ein Tabu. Die Menschen scheinen verlogen, erzählen das eine und handeln ganz anders. :-)
Schwarz ins schwarz und weiß ist weiß, gelb ist gelb usw. Selbst wenn der gemeine Gutmensch mit Wahrnehmungsverzerrung das gerne anders hätte, aber Menschen sind unterschiedlich. Unterschiedlich groß, unterschiedlich klein, unterschiedlich schlau, unterschiedlich reich, unterschiedlich oft verliebt usw.
Wenn ich morgen beschließe Buschmann zu werden, dann werde ich bis an mein Lebensende schief angeschaut, weil ich "WEISS" bin. Ebenso meine Kinder und deren Kinder. Irgendwann ist meine Hautfarbe rausgekreuzt und kein Unterschied mehr bemerkbar. Und wenn es mich so belastet das ich anders bin, gehe ich einfach in ein Land wo alle so sind wie ich.
Je nun.............
.....eine etwas schlichte Betrachtungsweise, finden Sie nicht ????!!!!
afrodeutsch
dieser Ausdruck gehört in den Mülleimer.
entweder man ist deutsch oder nicht, wie wäre denn amideutsch oder asideutsch. Schlimm soetwas in der Zeit zu lesen.
Versteckter Rassismus, ja der ist überall, nicht im Negerkuss, aber schon in der Frage wo man denn studiert hat und ob man tatsächlich eine eigene Praxis hat ,enthalten.
Die Integration in Deutschland, zumindest in der ersten Generation ist nicht einfach.
Ja, und wenn man genetisch unterschiedlich ist, dann muss man eben besser sein als der vergleichbare Altdeutsche.
Das ist so trotz gleicher Religion.
Ich frage mich,
ob man es mit sächsischem oder bayrischem Akzent in manchen Teilen unseres Landes nicht ebenso schwer hat wie als Dunkelhäutiger.
Rassen- und andere Vorbehalte gibt's nun mal auf der Welt. Das ist traurig aber auch menschlich. Wir sind keine Maschinen, unsere Köpfe ticken oft seltsam und was dem einen sein Neger ist dem andern sein Bayer. Ungerechtigkeiten gehören zum Leben und wer sicht- oder hörbar anders ist muss wohl leider lernen, mit solchen Ungerechtigkeiten zurechtzukommen.
Stets locker
Genau, und wenn Sie feststellen, dass Sie 30% weniger Gehalt bekommen als jemand der eine andere Hautfarbe hat als Sie, Sie aber genauso qualifiziert sind, dann nehmen Sie das auch ganz locker, oder?
39,95 euros
klar , ich gebe doch keine 39,95 euros für sowas aus.. finde es sehr schade dass die zeit über sowas schreibt..