ZEIT ONLINE: Herr Krämer, man könnte den Eindruck gewinnen, 2011 sei bislang ein besonders gefährliches Jahr: Ob Dioxin-Skandal und Ehec in Deutschland, zerstörerische Tornados in den USA oder die anhaltende Atomkatastrophe in Japan .
Walter Krämer: Heute ist die Gefahr, durch ein Unglück zu Tode zu kommen, nicht größer als zu anderen Zeiten. Durch die Strahlenfolgen der Reaktorunfälle in Fukushima ist bisher kein Mensch gestorben. Dennoch nahmen sie viele als immense Bedrohung wahr. Die eigentliche Katastrophe wurden hingegen nahezu ignoriert: das Beben und der Tsunami. Viele Tausend Menschen sind dabei umgekommen.
ZEIT ONLINE: In Ihrem gerade erschienenen Buch Die Angst der Woche gehen Sie der Frage nach, ob gerade die Deutschen eine Nation von Panikmachern sind. Und?
Krämer: Die Fakten sprechen dafür. Ich habe unter anderem verschiedene Tageszeitungen aus Deutschland mit internationalen Titeln verglichen. Da kam etwa raus, dass die Frankfurter Rundschau etwa viermal so viele Panikmeldungen verbreitet wie der Figaro in Frankreich. Oder BSE: In der Süddeutschen Zeitung tauchte der Begriff zwischen 2000 – 2010 rund zweimal so häufig auf wie in der britischen Tageszeitung The Guardian .
ZEIT ONLINE: Warum sind wir so ängstlich?
Krämer: Der Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung hat mal postuliert, dass es ein kollektives Unterbewusstsein gibt. Demnach sind die Mitteleuropäer – und speziell die Deutschen – kollektiv ängstlicher als andere wegen der Erfahrungen, die sie in der Geschichte gemacht haben. Das beginnt mit dem 30-jährigen Krieg, in dem ein Drittel der Bevölkerung durch Gewalt umgekommen ist. Dieses traumatische Erlebnis haben viele Deutsche wohl lange nicht verdaut. Ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte ist der Zweite Weltkrieg.
ZEIT ONLINE: Und heute sind die Medien Schuld?
Krämer: Das könnte tatsächlich eine Erklärung für die Überreaktion in Deutschland sein. Die Unterschiede zwischen den teutonischen, gallischen, angelsächsischen und japanischen Intellektuellen hat der norwegische Friedensforscher Johann Galtung mal untersucht. Dabei stellte er den deutschen Intellektuellen – zu denen sich die Journalisten ja gerne zählen – ein eher schlechtes Zeugnis aus: Sie seien zu unflexibel, würden zu sehr an ihren Theorien hängen und diese mit allen Mitteln verteidigen. Die Rigidität der Deutschen führt dazu, dass sie sich in alle möglichen Irrwege verrennen. Die Angelsachsen sind da anders: Taugt eine Theorie nicht, schmeißen sie diese über Bord und verwenden eine andere.
Das ist eher ein Glaubenskrieg als ein Austausch von Argumenten.
ZEIT ONLINE: Wer müsste sich demnach eher ändern, der Journalist oder der Leser?
Krämer: Die Medien sollten sich auf ihre Rolle als Berichterstatter und Chronist konzentrieren. Zu viele Journalisten verstehen sich jedoch als Prediger und Weltverbesserer. Sie tun so, als wüssten sie, wie die Welt funktioniert und wie sie aussehen müsste. Das hindert sie daran, objektiv zu berichten.
Kommentare
Aha, schöne Erkenntnis, nur...
...ist das wieder eine Verallgemeinerung der Deutschen. Solche Aussagen kann man letztlich nicht ernstnehmen, da der Wissenschaftler irgendwie von Zeitungsmeldungen und historischen Erfahrungen auf den psychologischen Gesamtzustand eines Volkes schließt. Soetwas ist schlicht unseriös.
Danke.
Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
GEFAHR
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf polemische Äußerungen und beteiligen Sie sich mit sachlichen Kommentaren an der Diskussion. Bitte beachten Sie dazu auch die Hinweise in der Netiquette. Danke. Die Redaktion/vn
Statistik: Eine der übelsten Wissenschaften
Der Berecih Wissenschaften hat sich in den letzten Jahren zu eine der übelsten Wissenschaften, wenn nicht gar der übelsten Wissenschaft entwickelt.
Zumindest werden stat. Ergebnisse, deren Zustandekommen vielfach sehr ausführlich erläutert werden müsste, einfach als Ergebnis bekanntgegeben.
zB originale Aussage vor ARD letzte Woche:
"Die Deutschen hätten soviel Vermögen wie noch nie".
Eine solche "statistische" Erfassung ist absolut nichts wert.
Sie ist sogar gelogen. Sie gehört auf den Müll oder ins Klo. Die Wahrheit, neben der unwahre Eindrücke vermittelnden Statistik lautet so:
"""Zwei Drittel der Bevölkerung ohne nennenswertes Vermögen. Erstmalige Analyse der Vermögensverteilung auf Personenebene
Rund zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland verfügen über kein oder nur ein sehr geringes Vermögen. Zu diesem Ergebnis kommt das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht. Grundlage ist die Vermögenserhebung im Rahmen des sozio-oekonomischen Panels (SOEP), die erstmals eine Analyse der Vermögensverteilung auf individueller Ebene erlaubt.
.Dies ist der Wert, der die reichere und die ärmere Hälfte der Bevölkerung trennt. Das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt fast zwei Drittel des gesamten Vermögens, dagegen verfügen mehr als zwei Drittel der Bevölkerung nur über einen Anteil am Gesamtvermögen von weniger als zehn Prozent.""
1 Bsp. aus 1000enden.
Man sollte gar keine Statistiken mehr veröffentlichen oder nur solche, welche der Wahrheit entsprechen.
Wahrheit:
Na ja, Wahrheiten sind in der Statistik relativ ;)
Es ist ja nicht falsch wenn ich das Durschnittsvermögen nehme und dann Behaupte die Deutschen hätten so viel Vermögen wie nie zuvor.
Die Aussage ist statistisch richtig, sie ist auch wahr - allerdings ist sie, da haben sie Recht nutzlos.
Vermutlich würde eine detaillierte Aufschlüsselung der Daten bei jeder Veröffentlichung etwas helfen - aber dann wäre jede veröffentlichte Statistik mindestens ein "Paper".
PS: Ich kann Statistik auch nicht leiden.
Interessante Analyse
Die Grundaussage deckt sich übrigens mit Erfahrungen, die schon länger bekannt sind. Ich erinnere mich an das sogenannte Hofstede-Modell, der anhand von verschiedenen Kriterien, den Vergleich von Kulturen ermöglichen will. Die Deutschen zeichnen sich beispielsweise durch ein überdurchschnittliches Bedürfnis zur Vermeidung von Unsicherheiten aus (Stichwort: Versicherungen und Renten).
Allerdings muss ich doch bei folgender Aussage schmunzeln:
"Die Rigidität der Deutschen führt dazu, dass sie sich in alle möglichen Irrwege verrennen. Die Angelsachsen sind da anders: Taugt eine Theorie nicht, schmeißen sie diese über Bord und verwenden eine andere."
Also wenn ich mir die aktuelle amerikanische Gesellschaft schon anschaue, die von religiösen Extremisten und Ideologen nur so wimmelt, dann bezweifele ich doch sehr, dass "die Angelsachsen" weniger rigide denken/ handeln.
Und auch sonst:
So wie man in England an Traditionen festhält hat das mit Flexibilität wenig zu tun...
Eingestanden dass andere Etwas besser können wird auch selten.
Flexibilität sieht so nicht aus...