Die USA haben vorgemacht, wie ein offener Zugang zu wissenschaftlicher Literatur geregelt werden kann: Dort gibt es die Public Access Policy des National Institute of Health. Die Briten haben vor Kurzem nachgezogen: Bis Ende 2014 sollen alle Publikationen aus öffentlich geförderter Wissenschaft per Open Access zugänglich sein. Auch die EU wird im nächsten Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 eine entsprechende Klausel einarbeiten.
Warum tun sich deutsche Politiker so schwer, dem zu folgen, was sich auch deutsche Wissenschaftler und Bürger wünschen? Eine beim Bundestag eingereichte und von mehr als 23.000 Menschen unterzeichnete Petition forderte die Bundesregierung 2009 auf, eine Open-Access-Regelung zu schaffen. Damals verwies die Regierung auf die laufende Urheberrechtsreform. Ein Anfang 2011 eingereichter Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion wurde von der schwarz-gelben Koalition abgelehnt, obwohl einige Politiker der CDU und CSU schon ein Jahr zuvor Ähnliches gefordert hatten.
Letzten Monat nun hat die CDU/CSU-Fraktion ein neues Diskussionspapier zum Thema Open Access aufgelegt. Darin fordert sie unter anderem ein Zweitverwertungsrecht für wissenschaftliche Autoren, das ihnen erlaubt, ihre Artikel auf ihrer Homepage oder in Institutsarchiven zu veröffentlichen. Das Papier geht sogar soweit, eine Überprüfung der Großverlage durch das Bundeskartellamt zu fordern.
Die jüngsten Wahlerfolge der Piratenpartei und deren Haltung zum Urheberrecht haben sicherlich dazu beigetragen, dass das Interesse am Thema Open Access zugenommen hat. Zusätzliche Unterstützung kam von der überparteilichen Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft, die unter anderem ein Zweitveröffentlichungsrecht für Autoren mit Embargofrist nach der Erstveröffentlichung fordert. Wissenschaftler machen ihren Einfluss geltend, indem sie zum Beispiel den Großverlag Elsevier boykottieren oder sich zu Gruppen wie dem Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft zusammenschließen.
Anscheinend wünschen sich viele Politiker, Experten und Wissenschaftler das gleiche: mehr Rechte für die Autoren und einen leichteren Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Nun muss sich nur noch die Bundesregierung zu einer entsprechenden Regelung durchringen, ohne sich in politische Grabenkämpfe zu verwickeln oder den Verlagslobbyisten zu erliegen.
Kommentare
Es wird in der Tat...
...endlich Zeit, dass der Open Access-Gedanke in der deutschen Wissenschaftslandschaft Einzug findet. Wenn der Steuerzahler für wissenschaftliche Forschung bezahlt, kann er zu Recht verlangen, auch Einblick in die Ergebnisse nehmen zu dürfen.
Die Fachverlage tragen durch die Auswahlprozesse...
...und das Lektorieren auch zur Qualitätssicherung bei. Das würden sie wohl nicht für "Gottenlohn" machen. Wenn alles so einfach wäre...
Sie haben vollkommen recht, Frau Riegler,
die wesentlichen Leistungen, auch die elenden Reviews, werden von der "scientific community" selbst erbracht.
Als Wissenschaftler hat man das Vorrecht, seinen Namen einmal im Jahr in der Liste der Reviewer zu lesen. Das ist alles.
Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn Initiativen wie PLoS langfristig den Großverlagen das Wasser abgraben.
Schönes Wochenende
postit
absolut wünschenswert...
... und schon lange überfällig! Das muss man sich mal vorstellen: Wissenschaftler werden durch Steuergelder finanziert, doch dafür, dass Bürger (oder andere Wissenschaftler) die Früchte dieser Arbeit einsehen können, müssen sie Unsummen an die Verlage bezahlen, die die Artikel veröffentlichen. Dabei bekommen diese sogar noch die Qualitätskontrolle (peer reviews) frei Haus! Damit wird Wissenschaft und freie Meinungsbildung verhindert! Hinzu kommt, dass das jetzige Journal-System das Problem verschärft, dass qualitativ hochwertige Studien, die nicht-signifikante oder kontroverse Ergebnisse liefern es schwerer haben, veröffentlicht werden (publication bias), weil sie von einigen Editors als minderwertig eingeschätzt werden.
Nicht-signifikante Ergebnisse
"Hinzu kommt, dass das jetzige Journal-System das Problem verschärft, dass qualitativ hochwertige Studien, die nicht-signifikante oder kontroverse Ergebnisse liefern es schwerer haben, veröffentlicht werden (publication bias), weil sie von einigen Editors als minderwertig eingeschätzt werden."
Wobei open access dieses Problem wohl gar nicht lösen würde. Nenneswert ist dieser Mangel aber allemal.
Brave New World
"Die Briten haben vor Kurzem nachgezogen: Bis Ende 2014 sollen alle Publikationen aus öffentlich geförderter Wissenschaft per Open Access zugänglich sein."
Hahaha - das 'Gold Open Access'-Modell, das im UK derzeit favorisiert wird, bedeutet, dass der Wissenschaftler, der einen Artikel veröffentlichen will (der dann offen zugänglich ist), dafür zahlen muss. £2000 für einen Text in einer renommierten Fachzeitschrift ist eine Summe, die dabei immer mal wieder genannt wird.
Konsequenz: Die Verlage bekommen ein neues, einträgliches Geschäftsmodell, und die Unis und die Forschungsförderung muss das Geld dafür finden. Wer keine großzügigen Projektmittel hat, kann's mit dem Publizieren gleich vergessen. Ein richtig guter Plan.
Den Verlagen in die Hände gearbeitet?
Da hat zorc (Kommentar No.4) Recht. Die Gesetzgebung scheint den Verlagen erstmal in die Hände zu arbeiten und die Autoren zu zwingen die Open Access Gebühren aus eigenen Forschungsmitteln zu schultern. Wenn das alle Forscher (auch die finanziell weniger gut gestellten) tun müssen, dann wird aber auch ein Markt entstehen, der günstige Open Access Journale anbietet. Diese werden mehr Zulauf haben, ihre Sichtbarkeit in der Wissenschaftsgemeinde wird erhöht und auch gehaltvolle Artikel werden ihren Weg dahin finden. Damit steigt deren Impact Factor (traurigerweise DIE Währung in der Wissenschaft) und voilá, eine günstiges und gleichzeitig hochwertiges Journal entsteht, so wie die diversen PLoS (= Public Libary of Science) Journale (ganz umsonst ist da natürlich auch nichts).
ps: Gängige Open Access Gebühren kann man hier nachlesen: http://www.lib.berkeley.e...