Thomas Südhof hat sich bislang nicht darum gekümmert, ob er
noch Deutscher ist. Er habe die deutsche Staatsbürgerschaft zwar nie abgelegt,
seinen Pass aber auch nie verlängert, sagte der Neurochemiker, der seit
Jahrzehnten in den USA lebt. Er sei sich selbst nicht sicher, ob er neben der
US-amerikanischen auch noch die deutsche Nationalität habe.
Für seine Arbeit spielt die Staatsbürgerschaft offenbar keine Rolle. Der in Göttingen geborene Wissenschaftler wurde zusammen mit zwei US-amerikanischen Forschern mit dem Nobelpreis für Medizin oder Physiologie ausgezeichnet. Südhof lebt seit 1983 in den USA und hat inzwischen die US-Staatsbürgerschaft angenommen.
Südhof erreichte die Nachricht der Auszeichnung im Auto in
Spanien. "Ich dachte, es wäre mein Freund, der anruft. Ich habe mich
nämlich ein bisschen verfahren. Es tut mir leid, das ist ein bisschen
unerwartet", so seine Reaktion. "Ist das Ihr Ernst?", habe er den
Anrufer im Auftrag des Nobel-Komitees gefragt. "Oh mein Gott!"
Während sich der Nobelpreisträger also herzlich wenig um seine Nationalität macht, haben deutsche Behörden widersprüchliche Angaben gemacht. Eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft in Washington hält es für fraglich, dass Südhof neben der amerikanischen weiterhin die deutsche Staatsbürgerschaft hat. "Wenn er vor 2000 US-Bürger geworden ist, ist es extrem unwahrscheinlich, dass er die deutsche Staatsangehörigkeit behalten konnte." Nach 2000 hätte er eine Beibehaltungsurkunde bei den deutschen Behörden beantragen müssen.
Dagegen hatte ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mitgeteilt: "Die deutsche Staatsangehörigkeit kann nicht aberkannt werden." Wenn er die deutsche Staatsangehörigkeit nicht selbstständig abgelegt habe, sei er weiterhin deutscher Staatsbürger.
Fest steht jedenfalls, dass Südhof in Göttingen geboren wurde und damit aus Deutschland stammt. Dem Bundespräsidenten reichte dieser Umstand, um dem Forscher zu gratulieren. "Deutschland freut sich mit Ihnen darüber, dass Ihre exzellenten Leistungen mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet werden", ließ Joachim Gauck mitteilen.
Kommentare
Relevanz?
Warum ist die Nationalität des Herrn Südhof denn so wichtig? Ihm selbst scheint es ja ziemlich egal zu sein.
Man sollte sich einfach darüber freuen, dass es diesmal medizinische Grundlagenforscher getroffen hat, die herausragende Arbeit geleistet haben - wo die herkommen ist doch reichlich gleichgültig, oder?
Es ist unseren Leittieren wichtig
damit sie sich mit dem Ruhm eines deutschen Nobelpreisträgers besudeln können.
Dass der Mann Deutschland vor einem Vierteljahrhundert den Rücken gekehrt hat? Unwichtig...
Er ist US-Amerikaner
mit südniedersächsischem Migrationshintergrund ;).
Nominee
Post des Jahres 2013.
Doppelte Staatsbürgerschaft?
Also nach deutschen Gesetzen kann er keine deutsche Staatsbürgerschaft haben. Trotz eines Anlaufes ende der 90er von Rot-Grün gibt es die bei Erwachsenen nicht, da die CDU (allen voran Roland Koch) das blockiert hat. Aber vielleicht sieht die CDU das plötzlich im Einzelfall nicht mehr so eng. Wäre dann genauso wie bei David McAllister.
Doppelte Staatsbürgerschaft auch bei Deutschen
Selbstverständlich ist doppelte Staatsbürgerschaft auch für Deutsche möglich. Sie entsteht beispielsweise immer dann, wenn deutsche Eltern in den USA ein Kind zur Welt bringen. Nach deutschem Recht erhält dieses die deutsche Staatsbürgerschaft, weil es von Deutschen abstammt (jus sanguinis). Gleichzeitig erhält es nach amerikanischem Recht die US-Staatsbürgerschaft, weil sein Geburtsort in den USA liegt (jus soli).
[…]
Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Polemik. Danke, die Redaktion/jp
Herkunft
Es kann wohl nur einem Deutschen passieren, nicht mehr wissen zu wollen, wo er herkommt.
Ernsthaft
Ich würde so weit gehen und behaupten: Uns bei ZEIT ONLINE ist das sogar gelungen ;)
http://www.zeit.de/wissen...
Einen schönen Abend nach einem langen Nobelpreistag wünsche ich. Seien Sie auch morgen wieder dabei wenn es heißt: Higgs oder nicht Higgs?
http://www.zeit.de/wissen...